Der Umgang mit dem Smartphone und den sozialen Medien ist als Thema auch bei der Schulsozialarbeit relativ präsent. Foto: Valua Vitaly - stock.adobe.com
Von Christine Schick
Murrhardt. Corona, Krieg, Klimawandel und Folgekrisen – es braucht schon eine gehörige Portion Optimismus, den heutigen Alltag mental ausgeglichen zu bestehen beziehungsweise zu schultern. Hinzu kommen die Herausforderungen des ganz persönlichen Lebensumfelds. Mit diesem Gesamtpaket, das sich genauso in der Schulwelt widerspiegelt, ist das vierköpfige Team der Murrhardter Schulsozialarbeit konfrontiert und befasst. Nicole Mangold, die viele noch als Nicole Martin vom Jugendzentrum kennen dürften, Tobias Brändle, Achim Strack und Margit Körner haben jüngst im Gemeinderat über ihre Arbeit berichtet und so eine Idee davon vermittelt, wie komplex die Themen und Arbeitsfelder sind.
Für Tobias Brändle, der an der Hörschbachschule und am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium arbeitet, stehen bei den Grundschülern die Förderung sozialer Kompetenzen, beispielsweise die Konfliktlösung ohne Gewalt oder Stärkung der Klassengemeinschaft, genauso wie die Auseinandersetzung mit Online-Medien und dem Nutzungsverhalten im Mittelpunkt. Als eines der ganz konkreten Beispiele griff er die Ausbildung der sogenannten Pausenengel heraus. Dies sind Schülerinnen und Schüler, die während der Pausen bei Streitigkeiten vermitteln oder einfach Ansprechpartner sind. Brändle erzählte, dass er dabei auch gerne Viertklässler mit ins Boot holt, die sich vielleicht auch mal nicht in jeder Dimension vorbildlich verhalten haben. Der damit verbundene Perspektivwechsel birgt nämlich echte Chancen. „Sie erleben sich in einer ganz anderen Rolle, sind dann nicht die, die stören, sondern helfen“, erklärt er. In Sachen Online-Verhalten geht es für die Gymnasiasten auch um rechtliche Konsequenzen, sprich die gesetzliche Lage, beispielsweise wenn jemand beleidigt oder bedroht wird oder bei Weitergabe oder Erhalt problematischer Inhalte. Zu den Aufgaben zählt zudem die Einzelfallhilfe. Eines der Themen dabei: Tobias Brändle nimmt zurzeit wahr, dass sich viele Eltern trennen, „was an den Kindern und Jugendlichen nicht spurlos vorbeigeht“.
Wie groß ist der Geräteparkund liegt das Handy auf dem Nachttisch?
Achim Strack, Schulsozialarbeiter an der Walterich- und Herzog-Christoph-Schule, greift sich angesichts der von allen schriftlich vorab vorgelegten Berichte ein Thema heraus: die Arbeit mit Blick auf die sozialen Medien. Am Anfang steht eine Art Bestandsaufnahme, sprich die Frage, mit wie viel Geräten Kinder und Jugendliche alltäglich umgehen – von Konsole, Tablets bis zum Smartphone. Dazu gehört auch die Frage, wer das Handy sogar mit ans Bett nimmt, was gleichzeitig klarmacht, dass insofern auch die Elternarbeit berührt wird. Außerdem ist da die Kommunikation im Schulalltag, beispielsweise in sogenannten Klassenchats. „Ich erarbeite gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen generelle Regeln“, sagt Strack. Die Zahl soll überschaubar bleiben und sie müssen inhaltlich immer wieder überprüft werden. Tangiert werden außerdem Themen wie Suchterkrankung und Selbstschutz genauso wie rechtliche Fragen. „Das heißt, ich muss mir überlegen, was geb ich alles preis. Zur Aufklärung gehört auch, den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln, wann es knackig wird. Zwar ist man unter 14 Jahren schuldunfähig, aber es kann trotzdem zu einem Akteneintrag kommen.“ Nicht einfacher wird es dadurch, dass sich die allgemeinen Geschäftsbedingungen zwar auf Anregung des Sozialarbeiters studieren lassen, diese je nach Programm aber stark variieren können. „Die Apps haben da ihre ganz eigene Währung.“ Strack wünscht sich, die Eltern bei dieser Arbeit noch stärker miteinbeziehen zu können. Beim Angebot eines offenen Abends mit dem Fachreferenten Clemens Beisel sei das Interesse trotz intensiver Werbung leider eher verhalten gewesen.
Margit Körner, ebenfalls an der Walterich- und Herzog-Christoph-Schule, skizzierte das bereite Themenspektrum im Alltag: Es reicht von der konzeptionellen über die Präventionsarbeit bis hin zur Reaktion auf weltpolitische Themen. Sie sei froh, nun für die Herzog-Christoph-Schule ein eigenes Sozialcurriculum aufgestellt zu haben, das schon länger geplant war und über das soziale Kompetenzen gefördert werden.
Themen besprechen oder mit künstlerischen Mitteln bearbeiten
Bei der Präventionsarbeit spielt Mobbing eine wichtige Rolle. Gerade weil der Begriff allgegenwärtig ist, gehört dazu auch, zu klären, wo die Grenzen verlaufen und wie er konkret gefasst werden kann. Beim Gespräch über das Thema stelle sich heraus, dass Mobbing für Einzelne bereits in der Grundschule oder im Kindergarten präsent sei. Margit Körner, die in ihrer Freizeit in der bildendenden Kunst aktiv ist, kann Kindern und Jugendlichen anbieten, Themen auch mit künstlerischen Mitteln zu bearbeiten. Ein Beispiel: Die Auseinandersetzung mit dem Thema Fluchterfahrung, das auch Mitschülerinnen und Mitschüler betrifft, wird nun über gemeinsame Kunstobjekte auch ganz konkret in der Schule begreifbar. Körner berichtete von einem großen, goldfarbenen Boot („Wir sitzen alle im selben Boot“) als Beispiel. Mit dem Kriegsbeginn in der Ukraine im vergangenen Jahr hieß es für Team und Schulgemeinschaft auf die Geschehnisse zu reagieren – von symbolischen Aktionen bis hin zur Unterrichtsarbeit. Weitere Themen, die aufgegriffen wurden, waren die Vielfalt von Lebensweisen, sexuelle Übergriffe, Sucht und Stressbewältigung.
Nicole Mangold, die in der Fornsbacher Grundschule und Hörschbachschule arbeitet, hielt sich relativ kurz, da sie erst seit diesem Schuljahr mit an Bord ist. In Fornsbach ist ihre Aufgabe, die Schulsozialarbeit neu zu etablieren. Das heißt, die Aufgaben zu erklären und gleichzeitig Unterstützungsmöglichkeiten zu sondieren. In der Hörschbachschule habe sie sich auch mithilfe des Kollegen Brändle gut eingearbeitet.
Anschließend wurde die Runde für Fragen und Statements geöffnet. Elisabeth Zenker (SPD) zollte dem Team großen Respekt für die Arbeit, die sie auch als eine für die Bürgerinnen und Bürger von morgen beschrieb. Im Sinne einer Anregung erinnerte sie an Kinder und Jugendliche, die im Schulalltag weniger auffallen und dadurch schon fast aus der Wahrnehmung herausfallen. Martin Stierand (MDAL/Die Grünen) schloss sich dem Lob an und hob hervor, dass das Team aus seiner Sicht auch durch seine unterschiedliche Zusammensetzung gut aufgestellt sei. Über weitere Fragen wurde klar, dass auch die Integrations- und Spracharbeit ein wichtiges und umfassendes Feld ist. Susanne Barreuther (CDU/ FWV) dankte dem Quartett für die Arbeit, deren Themen vielschichtiger geworden seien. Brigitte Kübler (UL) sah das ganz ähnlich. Für sie sei es ausgesprochen wertvoll, dass die Arbeit auch schulübergreifend so gut funktioniere.