In einem Wintersporthotel in der Türkei sterben im Januar in Rauch und Flammen 78 Menschen. Jetzt gibt es einen schlimmen Verdacht.
Das ausgebrannte Grand Kartal Hotels im Wintersportort Kartalkaya am Tag nach dem Feuer mit 78 Toten
Von Gerd Höhler
Der 21. Januar 2025 ist ein schwarzer Tag für die Türkei. In den frühen Morgenstunden bricht in einer Küche des Grand Kartal Hotels im Wintersportort Kartalkaya ein Feuer aus. In dem mit viel Holz ausgebauten Resort breiten sich die Flammen schnell aus. Die Feuerwehr trifft erst 56 Minuten nach dem Notruf ein. Weil es in dem Wintersportort keine Feuerwache gibt, müssen die Löschfahrzeuge über verschneite Straßen aus der 40 Kilometer entfernten Provinzhauptstadt Bolu anrücken.
Bis dahin versuchen verzweifelte Gäste, sich an zusammengeknoteten Bettlaken aus den Fenstern des brennenden Hotels abzuseilen. 78 Menschen starben, darunter 36 Kinder. Überlebende berichteten, Fluchtwege seien unpassierbar gewesen und Feuerschutztüren hätten sich nicht öffnen lassen. Es habe auch keinen Feueralarm gegeben.
Sicherheitskameras liefern Beweise
Was zunächst wie eine technische Panne aussah, könnte Absicht gewesen sein. Das geht aus einem Gutachten hervor, aus dem jetzt die türkische Internetseite Velev zitiert. Die Untersuchung wurde von der Justiz in Auftrag gegeben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der Brandkatastrophe gegen mehr als 20 Personen. Aus Aufnahmen von Sicherheitskameras und aufgezeichneten Telefonaten geht den Gutachtern zufolge hervor, dass die Hotelbediensteten nach dem Ausbruch des Brandes absichtlich darauf verzichteten, einen Feueralarm auszulösen.
Stattdessen hat das Hotelpersonal offenbar bestimmte prominente Gäste in den oberen Stockwerken individuell alarmiert und evakuiert. Um keine Panik auszulösen und die VIP-Kunden in Sicherheit bringen zu können, habe das Personal keinen Alarm ausgelöst, heißt es im Gutachten. Das könnte Dutzende andere Gäste das Leben gekostet haben.
Tourismusminister belastet
Das Gutachten belastet auch den Hotelbesitzer, die Feuerwehr, die Kommunalbehörden und das für die Genehmigung des Hotels zuständige Ministerium für Kultur und Tourismus. Trotz erheblicher Mängel, die von den örtlichen Behörden beanstandet wurden, soll der Hotelbesitzer über eine Privatfirma ein Brandschutzzertifikat erhalten haben, das vom Tourismusministerium als Genehmigungsbehörde akzeptiert wurde. Tourismusminister Mehmet Nuri Ersoy gehört der konservativ-islamischen AKP-Partei von Recep Tayyip Erdogan an und gilt als enger Vertrauter des Staatschefs.