Die Sterne am Firmament haben die Menschen seit jeher fasziniert, vermitteln sie doch die Weite und Größe des Universums. Heute im Zeitalter der Lichtverschmutzung sieht man allerdings meist nur einen bruchstückhaften Teil dieser himmlischen Herrlichkeit. Anlässlich des runden, bundesweit gefeierten Geburtstags der Volkshochschule – sie wird 100 Jahre alt – hatte das Murrhardter VHS-Team zu einem himmlischen Abend eingeladen, an dem Interessierte ins Thema und später in die Beobachtung per Teleskop eintauchen konnten.
Für die Himmelsbeobachtung muss man schon gut ausgerüstet sein. Die Backnanger Sterngucker haben stattliche Teleskope am Abend mitgebracht. Fotos: privat
Von Petra Neumann
MURRHARDT. Hannes Häbich führte die Zuhörer in seinem Vortrag in der Volkshochschule in die Himmelsbeobachtung und Fotografie von Objekten wie Sternnebel, Kugelhaufen und Galaxien außerhalb unseres Sonnensystems – das Gebiet von Deep Sky (tiefer Himmel) – ein. Sein Interesse und seine Leidenschaft für die Thematik wurde durch die Initiative seiner damaligen Lehrerin Susanne Rieseberg am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium geweckt. Mit Unterstützung durch Fördermitteln konnte vor fünf Jahren ein Schülerteam, dem er angehörte, eine mobile Sternwarte entwickeln und bauen. Mithilfe dieser Technik, damals das zweitgrößte mobile Teleskop Deutschlands, lassen sich aber nicht nur die Sterne in augenscheinliche Nähe rücken, sondern auch beeindruckende Fotografien erstellen.
Um dem staunenden Publikum die Himmelsbeobachtung auch praktisch nahezubringen, ging es anschließend hinauf auf die Höhen Murrhardts, wo Mitglieder des Interessenverbands Backnanger Sterngucker mit ihrer kleinen Armada an (Spiegel-)Teleskopen aufwarteten. Mit dem einzigen Linsenteleskop, das mit einer Stativmontur ausgerüstet ist, um die Erdumdrehung auszugleichen, ließ sich unser Zentralgestirn, die Sonne, bei ihrem Untergang beobachten. Je nach Sonnenfilter erscheint sie weiß (bei einer 100000-fachen Filterung und Absorbierung des Lichts) oder rot (beim H-Alpha-Sonnenfilter). „Zurzeit ist die Sonnenaktivität gering, weswegen sich keine Protuberanzen oder Sonnenflecke erkennen lassen“, erläuterte Hannes Häbich. Mit zunehmender Dunkelheit erschienen zuerst hell angeleuchtete Planeten wir Jupiter, dessen vier Galileische Monde (Europa, Ganymed, Io und Kallisto) klar zu sehen waren. Auch Saturn mit seinen Ringen und ein paar seiner Monde zeigten sich in ganzer Pracht.
Für einige Zeit hatten die Backnanger Sterngucker in Eigenregie das größte mobile Teleskop in Europa gebaut, heute gibt es allerdings noch größere. Der Spiegel (30 Zoll) wurde in den USA innerhalb von zwei Jahren angefertigt. Natürlich hatten die Mitglieder es mitgebracht und mit seiner Hilfe erschlossen sich großartige Ein- und Aussichten in eine faszinierende Welt: die Andromedagalaxie (M31), der Africano-Komet, der am 27. September seine größte Erdnähe erreicht, oder die Knochenhand, die sich dem Beobachter im Cirrus-Nebel (NGC 6995) des Sternbilds Schwan zeigt und bei dem es sich um Reste einer Supernovaexplosion handelt. Dazu wurde ein Nebelfilter montiert, der das Spektakel noch besser sichtbar macht. Tatsächlich erfahren Astronomen und Astrophysiker mithilfe solcher Filter, die gewisse Spektren des Lichts absorbieren, sehr viel über die physikalischen Eigenschaften eines Sterns, wie die Backnanger Sternegucker erläuterten. Denep ist der größte Fixstern des Schwans und bildet mit Atair (Adler) und Vega (Leier) das sogenannte Sommerdreieck, das, deutlich sichtbar, den Sommersternenhimmel dominiert. Auch das Himmels-W oder Kassiopeia und der Große Bär funkelten an diesem Abend um die Wette.
Allerdings kann man nicht einfach mit dem Teleskop wild drauflosgucken. Um sich auf dem Himmelsglobus orientieren zu können und Messungen anzustellen, legt man zuerst ein bis drei Referenzsterne fest, darunter ist oft der Polarstern (Kleiner Bär), um den unsere nördliche Sternenhemisphäre kreist. Gerd Huissel ist ein richtiger Sternenfreak. Im Sommer war er zum Beispiel in Chile, um eine totale Sonnenfinsternis zu beobachten. Das Desaster der „Sofi“ von 1999, die sich hinter dichten Wolken verbarg, steckt ihm noch immer in den Knochen. „Ich habe jetzt schon zwei totale Sonnenfinsternisse gesehen und viele Kometen sowie andere Himmelserscheinungen“, erklärte er und erzählte von seinen Plänen bezüglich weiterer Astronomiereisen. Wen es packt, den packt es richtig. Aber es ist auch eine ungemein erhebende Sicht auf Weiten, die unvorstellbar sind. Kein Wunder, dass die Sterne unsere Vorfahren zu faszinierenden Mythen und Glaubensvorstellungen angeregt haben.