Bei der Erschließung des Baugebiets Siegelsberg-Ost gab es viel zu tun und eine unliebsame Überraschung. Foto: Stefan Bossow
Von Christine Schick
Murrhardt. Der Startschuss für die Erschließung des Baugebiets Siegelsberg-Ost fiel im Mai vergangenen Jahres. Schon damals war klar, dass die nächsten rund anderthalb Jahre für die Angrenzerinnen und Angrenzer des Neubaugebiets nicht ohne Dreck, Lärm und gewisse Strapazen ablaufen würden. Zum einen, weil Siegelsberg-Ost direkt an die bisherige Bebauung anschließt, zum anderen, weil solch eine größere Baustelle eigentlich immer mit Einschränkungen und Unannehmlichkeiten verbunden ist.
Es wandert enorm viel unter den Boden
Davon weiß auch Peter Klenk als direkter Anlieger ein Lied zu singen. Dass eine Großbaustelle Lärm, Dreck und Gestank bedeute und das quasi normal sei, weiß er und räumt er im Gespräch auch immer wieder ein. Aber er sagt mittlerweile auch: „Man kann kein Baufahrzeug mehr sehen, hat einfach genug.“ Er erinnert sich ans vorangegangene Jahr, in dem es – im Moment schwer vorstellbar – sehr trocken war und es Tage gab, als die Szenerie im Zuge der Arbeiten mit Zement und Kalk wie ein Großbrand gewirkt habe. Hinzu kam die Verlegung der üblichen Infrastruktur, also Leitungen für Wasser, Abwasser, Strom, Telekommunikation (Leerrohre) und Gas, was bedeutet, dass der Boden teils immer wieder aufgegraben werden muss. Dahinter steht das sogenannte Sandwichprinzip, erklärt Klenk, will heißen, Leitungen werden auf unterschiedlicher Höhe verlegt.
Es hat Unterbrechungen bei Telefonverbindungen gegeben, es mussten in einigen Haushalten auch Wasserersatzversorgungsleitungen zur Überbrückung gelegt werden. Zudem stieß man im Zuge der Arbeiten wohl auf Abraum oder Müll. Peter Klenk hat jedenfalls Laster wahrgenommen, die Material abtransportiert haben.
Die Nachfrage bei der Stadt macht klar, dass die Arbeiten umfangreich und im Wortsinne vielschichtig sind. Bürgermeister Armin Mößner erläutert, dass im Erschließungsgebiet je ein Kanal zur Ableitung von Regen- und Schmutzwasser, eine Wasser- und Gasleitung, Leerrohre für den späteren Glasfasereinzug sowie eine Stromleitung für die Versorgung der Grundstücke und Straßenbeleuchtung verlaufen. Die Erstellung geschieht nicht nur allein wegen der Menge in mehr als einem Schritt: Die Leitungen und Kanäle werden in unterschiedlichen Tiefen verlegt, lassen sich also nicht einfach gemeinsam im selben Graben platzieren. Der Hintergrund: Bei möglichen späteren Reparaturen kann jede Leitung und jeder Kanal so einzeln freigelegt werden. Im Neubaugebiet wurden zunächst der Mischwasser- und Regenwasserkanal, anschließend die Wasser- und Gasleitung und zuletzt die Kabel und Leerrohre verlegt. „Damit sind es in der Regel drei Arbeitsschritte“, so Mößner. An manchen Stellen sind weitere Schritte erfolgt, beispielsweise der Einbau von Straßeneinläufen.
Was Unterbrechungsprobleme anbelangt, erläutert der Bürgermeister zwei Bereiche. Da ist zum einen die Trinkwasserleitung in der Mönchshaldestraße, die erneuert wird. Die alte Leitung konnte aufgrund der beengten Verhältnisse nicht so lange aufrechterhalten werden, bis die neue in Betrieb geht. Insofern wurde für acht betroffene Häuser eine Notversorgung mit einer provisorischen, oberirdischen Leitung geschaffen. Die Einrichtung dauerte ungefähr eine Stunde. Zum anderen gab es Probleme mit einer Telefonleitung in der Mönchshaldestraße, die in der Trasse für die neue Gas- und Wasserleitung verläuft und deren Verlegung die Stadt im März entsprechend angemeldet hatte. Die Telekom hat die Arbeiten durch einen Subunternehmer erledigen lassen. „Die Ausführung ist nach unserer Einschätzung in vielen Punkten nicht fachgerecht“, erklärt Mößner. So sei das provisorisch verlegte Kabel beispielsweise nicht fachgerecht gesichert gewesen. „Anwohner haben uns von Ausfällen des Telefons berichtet. Wir haben die Telekom darüber umgehend informiert.“
Mit Teeröl belastetes Material gefunden
Zum Abtransport von Abraum lässt die Stadt wissen, dass man in der Halbergstraße beim Aushub für die Kanalgräben auf nicht fachgerechtes Auffüllmaterial gestoßen sei. Anscheinend wurde bei dem ehemaligen Hohlweg irgendwann Abbruchmaterial beispielsweise einer anderen Straße verwendet, so Mößner. Die Stadt hat das Büro Geotechnik Aalen mit der Untersuchung des Materials beauftragt. Das Ergebnis: Es ist mit polyaromatischen Kohlenwasserstoffen belastet, ein typischer Schadstoff von alten Asphaltschichten, zu deren Herstellung früher Teeröl verwendet wurde. Das Material wurde gemäß der Deponieklasse I entsorgt. Damit handle es sich nicht um Sondermüll. Die nächsten Stufen sind Deponieklasse II (beispielsweise Hausmüll) und industrielle Abfälle der Kategorie III und IV. Die Stadt lässt den Aushub der Mönchshaldestraße untersuchen, um abzuklären, ob auch dort eine Entsorgung nötig ist.
Mitte Oktober sollen Arbeiten fertig sein
Was die Information der Angrenzerinnen und Angrenzer anbelangt, sieht der Bürgermeister keine Versäumnisse: Man habe mehrmals Einwurfzettel verteilt, zur Beantwortung sämtlicher Fragen habe es einen „Jour fixe“, einen festen, wiederkehrenden Termin, gegeben. Zusatztermine habe man nach Bedarf zusätzlich vereinbaren können. Stadtbauamt sowie das Büro Riker und Rebmann sind und waren stets erreichbar und gern zur Auskunft bereit – persönlich, digital oder telefonisch, erläutert Mößner.
Ein weiterer Punkt: Die Entscheidung, die Mönchshaldestraße auszubauen, verteidigt der Bürgermeister deutlich, sie sei nur zugunsten der Anwohner. Die Erneuerung der Infrastruktur, der Stützmauern, des Wendebereichs sowie der Straßen und Gehwege des oberen Bereichs verbesserten die Situation. „Leider sind Einschränkungen während der Bauphase und bei Baustellen unumgänglich.“ Insgesamt lässt sich aber von Endspurt sprechen: Wenn die Erneuerung der Infrastruktur der Mönchshaldestraße erledigt ist, wird in der Seebachstraße bis zum Seebach die Regenwasserableitung zum Vorfluter verlegt. Der Abschluss des gesamten Bauprojekts ist Mitte Oktober geplant.
Ob es dann mit den ganz privaten Projekten der Häuslesbauer weitergeht? Das ist trotz so mancher Befürchtung, dass sich die Plätze wegen der Krisenzeiten nicht mehr verkaufen lassen, nicht ausgeschlossen. Von den insgesamt 28 Bauplätzen (zwei gingen an eine Eigentümerin) sind 19 verkauft und drei reserviert, das heißt, es sind noch sechs Plätze verfügbar (Stand 11. Juli). „Trotz der seit Beginn des Ukrainekriegs geänderten Rahmenbedingungen und Finanzierungskonditionen sind wir aktuell mit dem Verkauf zufrieden“, so Mößner.