Bürgermeister Armin Mößners Hoffnung, die Murreder Henderwäldler seien durch das Landesnarrentreffen zu erschöpft, um das Rathaus zu stürmen, hat sich zerschlagen. Nach einem launigen Schlagabtausch mit dem Schultes sicherten sich die Narren den Schlüssel zum Regierungssitz und nahmen anschließend ihre Neumitglieder in der Zunft auf. Die Narrentaufe wartete mit einem besonderen Highlight auf, denn Jutta Trefz war an der Reihe.
Lange Jahre habe sie sich gedrückt, hieß es. Nun endlich wurde auch Narrenmutter Jutta Trefz getauft. Die Ehre hatten Christian Schweizer (links) und Narrenvater Helmut Weisheit.Fotos: J. Fiedler
Von Lorena Greppo
MURRHARDT. Als die Henderwäldler – traditionell im weißen Hemdglonker-Gewand – vor dem Rathaus in Murrhardt die Peitschen knallen ließen, war auch dem Letzten klar: Müdigkeit ob der Anstrengungen des Landesnarrentreffens im Januar verspürte in der Narrenzunft niemand mehr. Mit lautstarker Unterstützung der Backnanger Lohkäs-Trampler, der Reichenberger Burghexen, der Batzenschmeißer aus Unterweissach, der Spiegelberger Wetzstoi-Hexa, der ersten Narrenzunft Auenwald, der ersten Narrenzunft Althütte, der Großerlacher Monsterheuler sowie der Schozachtalnarren unternahmen die Henderwäldler den spielerischen Angriff auf den Regierungssitz des Bürgermeisters.
Mit Vorwürfen, aber auch Schmeicheleien versuchte das Zunftmeisterduo Diana Spreu und Matthias Schlichenmaier, Armin Mößner zur Herausgabe des begehrten Schlüssels zu bewegen. „Auch wir haben für’s Treffen schwer geschafft“, brachte der Amtsinhaber zur Verteidigung der Stadtverwaltung vor. Das Städtle habe sich gut präsentiert, Grund für Klagen sehe er keine. Naturgemäß vertraten die Zunftmeister hier eine andere Meinung: „An Klagen gibt’s alljahr mehr!“, rief ihm Diana Spreu entgegen. Vor sechs Jahren sei in Fornsbach das Dorfjubiläum gefeiert worden. Die versprochene Festschrift jedoch habe der Schultes noch immer nicht geliefert. Aus einer kleinen Festschrift sei inzwischen ein mehr als 200 Seiten dickes Buch geworden, weil so viele Bürger noch etwas dazu hatten beitragen wollen, erklärte Mößner und versprach: „Der Verlag hat was Schönes draus gemacht.“
Liebesglück des Bürgermeisters sei Grund, beruflich kürzer zu treten
Hingegen warf er den Henderwäldlern vor, dass die Einladung zu deren Hauptversammlung im April im Rathaus erst im Oktober eingegangen sei. Würde er mit seinem Gemeinderat ähnlich verfahren, könne er alles einstimmig beschließen, hob Mößner hervor. Nachdem die Peitsche nicht geholfen hatte, versuchten Schlichenmaier und Spreu es mit Zuckerbrot: Ihnen sei zu Ohren gekommen, dass das Liebesglück im Hause Mößner Einzug gehalten habe. „Ein herziges Weib führt das Regiment“, erklärte Matthias Schlichenmaier. Man gönne dem Schultes das Glück und riet ihm, doch künftig als Hausmann tätig zu sein. Als auch dieses Lockmittel keine Früchte trug, ordneten die Zunftmeister kurzerhand den Sturm des Rathauses an und entrissen dem Bürgermeister den Schlüssel zum Rathaus. Er und sein Team wurden abgeführt und im Freiluftkäfig auf dem Marktplatz eingesperrt.
Nachdem die Narren ihre Fahne am Rathausbalkon gehisst hatten, wurden die Täuflinge für das Aufnahmeritual der Narrenzunft auf dem Pferdewagen zum Marktplatz gekarrt. Zu ihnen gehörte in diesem Jahr auch Narrenmutter Jutta Trefz, die sich – so verlautete es Schlichenmaier – lange Jahre gedrückt hatte und nun endlich eingefangen wurde. Schon seit alten Tagen sei es Wunsch und Zeit gewesen, ihre Taufe nachzuholen. Nachtwächter Christian Schweizer und Narrenvater Helmut Weisheit gaben sich die Ehre, Jutta Trefz „mit allen Wassern zu waschen“. Als Feuerbarthl wurden Samira Wöhrle und Sigi Jauss über die Flammen gehoben, aufs Stroh gelegt, mit Asche überschüttet und so in die Mitte der Narren aufgenommen; als Wasserfratzen waren es Sonja, Alina und Jonas Hillenbrand, Stefan Lemke, Sören Galster, Sandra Hell und Alexander Irion, die mit Wasser aus dem Fratzenbrunnen übergossen wurden. Obwohl ihre Kameraden sich zum Teil ein Vergnügen daraus machten, das kalte Wasser möglichst langsam über die Täuflinge zu gießen, nahmen diese es jedoch mit Würde hin und wurden anschließend auch von den Gastvereinen beglückwünscht. Der heutige Samstag ist für den großen Nachtumzug (19.11 Uhr) reserviert, am Sonntag (10.45 Uhr) geht es weiter mit der Narrenmesse, am Montag gibt es den Kinderumzug (13.33 Uhr), bevor dann am Dienstag (19.11 Uhr) zum Fasnetsverbrennen geladen wird.
Mit ordentlich viel Asche wurde Sigfried Jauss zum Feuerbarthl geweiht.