Todesfälle durch Ertrinken
DLRG sieht traurige Entwicklung - Deutlich mehr Badetote
Abkühlung im Wasser - im Sommer sehr willkommen: Das Baden im Meer, in Flüssen und Seen hat Schattenseiten, in diesem Jahr ertrinken viele Menschen. Warum den DLRG-Wasserrettern eines auffällt.
Von Von Thomas Strünkelnberg, dpa
Hannover/Bad Nenndorf - Sommer, Sonne, Ferien - und dann die Vorsicht vergessen: Bei Badeunfällen in deutschen Gewässern sind bis zum Ende des Sommers so viele Menschen gestorben wie seit Jahren nicht. Im laufenden Jahr ertranken bis zum Stichtag 10. September laut einer Statistik 353 Menschen - im gleichen Zeitraum des Vorjahres waren es 278 tödliche Badeunfälle, 2019 waren es bis zu diesem Datum 365.
"Trotz aller Appelle und zahlreicher mahnender Beispiele waren Leute beim Baden und bei Wassersportaktivitäten immer wieder nicht vorsichtig genug", sagte die Präsidentin der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), Ute Vogt. Diese "traurige Entwicklung" habe sich mitten im Sommer schon abgezeichnet: "Im heißen August sind dann nochmals deutlich mehr Menschen ertrunken als im Jahr davor." Den Angaben zufolge starben allein in dem Monat bundesweit 80 Menschen im Wasser, 33 mehr als im August 2023. Mehr Opfer in einem Monat habe es mit 117 zuletzt im August 2020 gegeben.
6000 Rettungsschwimmer an der Küste im Einsatz
An den Küsten sind in der Saison zwischen Anfang Mai und Ende September nach DLRG-Angaben rund 6.000 freiwillige Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer im Einsatz und bewachen die Strände - sieben Tage in der Woche. Außerdem sorgen demnach vor allem an den Wochenenden rund 49.000 Ehrenamtliche an Seen und in Schwimmbädern für Sicherheit. Die DLRG ist nach eigenen Angaben die größte freiwillige Wasserrettungsorganisation der Welt - und zählt mehr als 600.000 Mitglieder.
Unter Ertrinken versteht man nach DLRG-Angaben das Eintauchen in oder unter Wasser, wobei es zum lebensbedrohlichen Sauerstoffmangel kommt. Das kann bei Bewusstsein oder in Bewusstlosigkeit passieren, etwa nach einem Sturz oder einem Kopfsprung auf ein Hindernis unter der Wasseroberfläche.
Menschen über 50 häufiger betroffen
Vor allem unter Menschen im Alter ab 50 stieg die Zahl der Todesfälle: Laut DLRG waren 60 Prozent der Opfer mit bekanntem Alter älter als 50 Jahre - was in den fünf Jahren zuvor durchschnittlich für die Hälfte der Verunglückten zutraf. "Die immer neuen Temperatur-Rekorde sind für den Körper sehr herausfordernd", sagte Vogt. "Plötzlich auftretende Herz-Kreislauf-Probleme sind im Wasser noch viel häufiger lebensbedrohlich." Sie riet erneut zu bewachten Badestellen, um Risiken zu vermeiden. Erneut stark gefährdet: Männer, 77 Prozent der Badetoten waren männlich.
Bis zum Ende der Sommerferien in Deutschland ertranken 12 Kinder im Alter bis 10 Jahre - 2023 waren es 13 Kinder in dem Alter. Das sei zwar ein leichter Rückgang, dennoch bereitet es den DLRG-Rettern Sorgen, weil die meisten Kinder bis zum Ende der Grundschulzeit nicht sicher schwimmen könnten: "Wer das nicht mehr lernt, bleibt sein Leben lang am, auf und im Wasser gefährdet", warnte Vogt. "Denn schwimmen zu können, gehört einfach zum Leben dazu wie das Lesen, Rechnen und Schreiben."
Flüsse und Seen besonders gefährlich
Vogt forderte von der Politik mehr Wasserflächen und qualifizierte Lehrkräfte: "Nur die Schulen erreichen alle Kinder." Viele Schulen setzten sich ein, um ihre Schüler zu sicheren Schwimmern auszubilden - 26 davon erhielten einen DLRG-Förderpreis.
"Jede dieser Schulen leistet Besonderes und ist ein leuchtendes Beispiel, das hoffentlich möglichst viele andere zum Nachahmen motiviert", sagte die DLRG-Präsidentin. Die DLRG verwies etwa auf die Fasanenhofschule in Stuttgart. Die Schülerinnen und Schüler dieser Grundschule erhielten einen vierjährigen wöchentlichen Schwimmunterricht.
Unter den 11- bis 20-Jährigen sank die Zahl der tödlichen Badeunfälle im Vergleich zum Vorjahr von 28 auf 11. Und nicht nur beim Baden und Schwimmen kommt es immer wieder zu Unfällen, auch Wassersportler sind gefährdet: Laut DLRG ertranken bis zum Stichtag 30 Menschen etwa beim Stand-up-Paddling oder Kanufahren - während es im Vorjahr 20 waren.
Flüsse besonders gefährlich
Die meisten Todesfälle zählten die Lebensretter in Flüssen und Bächen mit 134 Opfern nach 103 im Vorjahreszeitraum, jeweils Stichtag zum 10. September. Mehr, nämlich 153 Tote, waren es in den Fließgewässern des Binnenlandes zuletzt 2018. In Seen und Teichen starben 133 Menschen, während es 2023 noch 120 tödliche Badeunfälle waren.
Auch im Meer starben deutlich mehr Menschen - laut DLRG wurden 28 Todesfälle in Nordsee (3) und Ostsee (25) in den vergangenen zehn Jahren nicht gezählt. 2023 waren es 14.
Schaut man auf die einzelnen Bundesländer, sticht Bayern mit seinen vielen Seen hervor - dort starben im laufenden Jahr 58 Menschen bei Badeunfällen. Im vergangenen Jahr waren es im Vergleichszeitraum 50. In Nordrhein-Westfalen stieg die Zahl der Opfer von 38 auf 52, in Baden-Württemberg von 33 auf 41.
Starke Anstiege gab es bis zum Stichtag auch in Niedersachsen mit 37 Badetoten - im Vorjahr waren es 26 - sowie in Mecklenburg-Vorpommern mit 24 nach zuvor 14 Badetoten und in Bremen: Im kleinsten Bundesland ertranken 8 Menschen, während es im gleichen Zeitraum des Vorjahres 2 waren.
Hunderte von Menschen gerettet
Immerhin gibt es auch positive Nachrichten: "Allein unsere Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer an Nord- und Ostsee befreiten bis Ende August in rund 230 Fällen in Not Geratene aus der Lebensgefahr im Wasser", sagte DLRG-Präsidentin Vogt. In der gesamten Saison 2023 wurden dort 244 Menschen gerettet. Im laufenden Jahr komme eine vergleichbare Zahl an Rettungseinsätzen im Binnenland dazu. Die genauen Zahlen dazu sollen den Angaben zufolge erst nach dem Jahreswechsel erhoben werden.