Ein Feuerwerk der Emotionen

Vier Pianisten interpretieren Werke der Romantik und des Impressionismus beim vierten Teilnehmerkonzert

Ein Feuerwerk der Emotionen

Hielten für die Zuhörer ein kontrast- und facettenreiches Programm bereit (von links): Mako Kodama, Emir Ilgen, Liu Sitong und Suryeon Noh. Foto: E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Ein kontrast- und facettenreiches Programm, das von bezaubernder Melodik und atmosphärischen Klängen über pathetische Dramatik bis zu unheimlichen, aus tiefster Finsternis grollenden Höllen-Akkordkaskaden reichte, gestalteten vier Pianisten beim vierten Teilnehmerkonzert der Klavierakademie.

Drei von ihnen sind den vielen Zuhörern in der Festhalle bereits von vorherigen Teilnehmerkonzerten bekannt. Erstmals sitzt die Chinesin Liu Sitong am Konzertflügel, die seit 2015 am Konservatorium in St. Petersburg studiert. Anmutig und klangschön gestaltet sie mit fein akzentuiertem Anschlag Franz Schuberts Tondichtung Impromptu Opus 142 Nummer 3 in B-Dur. Impromptu bedeutet gleichsam Lyrik fürs Klavier, komponiert aus einer Emotion und einem Moment der Inspiration. Wie ein beschwingtes Lied, das idyllische Atmosphäre und Lebensfreude ausstrahlt, klingt das Rosamunde-Thema. Stilvoll arbeitet Liu Sitong die unterschiedlichen Charaktere und Stimmungen der Variationen heraus. Sie wirken mal verspielt und beschwingt, mal aber auch etwas düster und schwermütig.

Mit Verve und großer Sorgfalt interpretiert die Südkoreanerin Suryeon Noh Robert Schumanns Symphonische Etüden in cis-Moll Opus 13. Sie bestehen aus einem ernsten, pathetischen und würdevollen Thema sowie zwölf Etüden von sinfonisch-orchestralem Klangfarbenreichtum. Darin entfaltet die Pianistin eine Fülle verschiedenartiger, technisch teils überaus komplexer Figuren, Formen und Strukturen, die sie souverän meistert. Ebenso arbeitet Suryeon Noh klar und nuancenreich die große Bandbreite von Melodien, Harmonien, Rhythmen und Emotionen heraus, die von ätherisch zarten, verträumten Momenten bis zum glanzvoll-dramatischen Finale reichen.

Mit elegantem, fein perlendem Anschlag gestaltet die Japanerin Mako Kodama Maurice Ravels Sonatine als echten Ohrenschmeichler aus atmosphärisch schillernden Klangimpressionen. Der erste Satz ist ein filigranes Tongedicht. Im zweiten versetzt graziöse Menuett-Rhythmik die fantasievollen Klänge in Schwingung. Und im Finale rufen schnelle gebrochene Akkorde, Läufe und Figurationen Bilder vielfältiger, verspielter Bewegungsabläufe voller Lebensfreude hervor.

Mit hoch virtuosem, tastenartistischem und leidenschaftlichem Spiel fasziniert der junge türkische Pianist Emir Ilgen das Publikum. Mitreißend und geradezu furios bringt er Franz Liszts „Après une lecture du Dante: Fantasia quasi Sonata“ (Nach einer Lektüre von Dante: eine Fantasie gleichsam als Sonate) zur Entfaltung, wozu ihn Dantes „Göttliche Komödie“ inspirierte. Darin illustriert Liszt das Inferno der Hölle und die Qual der Seelen der Verdammten mit einer überaus kunst- und fantasiereichen Klangmalerei.

Sie reicht weit über die Spätromantik hinaus und erinnert stilistisch schon an Tonschöpfungen und Filmmusik des 20. Jahrhunderts. Emir Ilgen bearbeitet die Tastatur mit voller Kraft und erzeugt so eine enorme Lautstärke. Für Gänsehaut sorgen wilde Kaskaden finsterer Akkorde, die aus tiefsten Tiefen aufsteigen und bedrohlich aggressiv wirken, hinzu kommen disharmonische und halbtonreiche Läufe.

In extremem Kontrast dazu steht der zweite Teil des Werks, in dem Emir Ilgen die Tasten sanft zu streicheln scheint. Dadurch kommen die melodischen, feierlichen, glockenspielartigen Freudenklänge des zweiten Themas in Fis-Dur wunderschön zur Geltung. Immer höher steigen sie hinauf und stellen so die Seligkeit der in den Himmel aufgenommenen Seelen dar, bevor die Komposition in monumentalen Kadenzen endet.

Mit Bravorufen und stürmischem Beifall danken die Zuhörer den Pianisten für ihre grandiosen Darbietungen.