Am 27. April 1969 zelebrierte Weihbischof Wilhelm Sedlmeier einen Festgottesdienst, um die neu erbaute katholische Kirche St. Maria in Murrhardt einzuweihen. Genau am selben Tag, fünf Jahrzehnte später, feierten die Katholiken der Walterichstadt mit vielen Gästen dieses besondere Jubiläum.
Der Kirchenchor präsentiert zum Festtag die klangschöne kurze Messe Opus 30 von Théodore-César Salomé (1834 bis 1896) in St. Maria. Foto: E. Klaper
Von Elisabeth Klaper
MURRHARDT. Bei der festlichen Eucharistiefeier in der mittlerweile denkmalgeschützten Kirche schlug Manfred Unsin kritische Töne zur Institution Kirche an. Sie sei selbst Ursache dafür, dass viele sich von ihr abwendeten, stellte der Dekan des Rems-Murr-Kreises in seiner Predigt klar. „Mir graut davor, dass die Kirche zum Verein wird“, der „durch den Missbrauchsskandal obsolet geworden“ sei. Und den Weg des Glaubens könne man nicht wie früher mit Ge- und Verboten vorschreiben, was viele als Last empfanden, sondern nur durch Inspiration fördern. Doch äußerte Manfred Unsin die Hoffnung, dass die befreiende Kraft des Evangeliums neue Chancen eröffne, um die wichtigste Aufgabe der Seelsorgearbeit in der krisengeschüttelten Welt und Kirche zu erfüllen: Junge Menschen zu motivieren, das Evangelium weiterzutragen.
Harmonisch präsentierte der Kirchenchor, den Monika Koblinger dirigierte, die klangschöne kurze Messe Opus 30. Der französische Organist und Komponist Théodore-César Salomé (1834 bis 1896) schrieb sie für gemischten Chor und Orgel in feierlicher, romantisch-französischer Tonsprache mit eingängiger Melodik.
Pfarrer Andreas Krause wies in der Liturgie auf das Kirchweihjubiläum hin: „Gott hat sich die Kirche zu eigen genommen und mit seiner Gegenwart erfüllt.“ Beim anschließenden Stehempfang im katholischen Gemeindezentrum hob er die intensive, herzliche Zusammenarbeit zwischen den Kirchengemeinden in der Walterichstadt hervor: „Wir leben die Ökumene als Glaubenszeugnis über die Konfessionsgrenzen hinweg“.
„Wir müssen die Kirche und Gemeinde wieder zum geistlichen Kraftzentrum und vielleicht auch zum sakral-kulturell-sozialen Zentrum machen“, forderte Dekan Unsin angesichts des akuten Mangels an Personen, die für geistliche Dienste bereit sind, und den rückläufigen Gottesdienstbesuch. Als beeindruckendes Bauwerk und „attraktiven Festsaal“ umschrieb Achim Bellmann, Vorsitzender der Murrhardter Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen (ACK) die Kirche St. Maria. Der Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde erinnerte an die Sehnsucht der Katholiken, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Murrhardt kamen, eine Glaubensgemeinschaft zu gestalten und eine eigene Kirche zu bauen.
Zwar sei sie aus Beton, wirke aber wie ein Zelt: So erinnere sie an die Ursprünge des Glaubens und daran, dass Christen ein wanderndes Gottesvolk seien. Auch Bellmann würdigte die seit über 40 Jahren gelebte ökumenische Verbundenheit, die sich in brüderlicher Hilfe und gegenseitigem Lernen voneinander zeige. Als Jubiläumsgeschenk überreichte er symbolisch eine Rose mit einem Gutschein an Krause für den Blumenschmuck zur Gestaltung der Gottesdienste.
Im Jahr 2015, als St. Maria auf die Liste denkmalgeschützter Bauwerke kam, habe der 91-jährige Architekt Hans-Werner Merkle ergreifend geschildert, wie ihn die Wallfahrtskapelle Notre-Dame-du-Haut in Ronchamp (Frankreich) von Le Corbusier zum Bau von St. Maria inspirierte, erinnerte sich Bürgermeister Armin Mößner. Er hob die einzigartige Akustik hervor, dank der sich die Kirche bestens für Konzerte eignet. „St. Maria ist ein Ort für die seelische Stärkung und der Begegnung, und der Glaube an Gott ein wichtiger Teil unserer Kultur und Tradition“, betonte Mößner. Er hob das „gute Zusammenspiel“ zwischen katholischer Kirchengemeinde und Stadtverwaltung hervor.
Als Symbol für historische „Bruchkanten“ und Erinnerung an katholische Wurzeln der Walterichstadt überreichte Christian Schweizer, Leiter des Carl-Schweizer-Museums, Pfarrer Krause als Jubiläumsgeschenk die Grafik eines Porträts von Adam Adami. Er war Prior im wiederhergestellten Murrhardter Benediktinerkloster gegen Ende des Dreißigjährigen Kriegs. Zudem verfasste er das „Chronicon Murrhardtense“, eine historische Abhandlung, für die er ältere Einwohner über katholische Traditionen befragte.
Die Lehrkräfte Alena Kondratova (Violine) und Alexander Konrad (Klavier) von der Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land gestalteten mit schwungvollen, melodisch attraktiven Werken die musikalische Umrahmung.
Bei der Feier im Gemeindesaal zeigte eine Bilderschau viele historische Aufnahmen aus Kirche und Gemeindeleben, die Heinrich Dyckmans zusammengestellt hatte.
Zum Jubiläum hat die katholische Kirchengemeinde eine kleine Festschrift veröffentlicht: „50 Jahre Kirchweih St. Maria“ mit Grußworten, historischen Texten sowie vielen Erinnerungsfotos und aktuellen Aufnahmen. Die Redaktion bestand aus Pfarrer Andreas Krause, Dr. Gitta Luther-Frömel und Harald Pfeiffer, der die Broschüre auch gestaltete.
Christian Schweizer übergibt Pfarrer Andreas Krause (von links) die Grafik eines Porträts von Adam Adami. Der Prior hat eine Abhandlung über katholische Traditionen erarbeitet.