Vor 100 Jahren
Erster Zeppelinflug über den Atlantik
Vor 100 Jahren markierte die erste Zeppelin-Atlantiküberquerung von Friedrichshafen nach New York ein neues Zeitalter.
Von Michael Ossenkopp
So etwas hatte die Welt noch nicht gesehen: Die erste Atlantiküberquerung mit einem Zeppelin vor 100 Jahren war eine technische Meisterleistung. Am 12. Oktober 1924 flog das Passagier-Luftschiff LZ 126 über eine Strecke von etwa 7 000 Kilometern von Friedrichshafen am Bodensee nach Lakehurst bei New York. Mit einer Reisezeit von 70 Stunden war es damals die schnellste Verbindung von Europa nach Amerika. Tatsächlich dauerte der Jungfernflug aber etwa 81 Stunden, dabei legte das Luftschiff eine Distanz von gut 8 000 Kilometern zurück. Um Stürmen über dem Atlantik auszuweichen, hatte Kommandant Hugo Eckener einen Kurs bis nach Kanada östlich von Halifax eingeschlagen, bevor der Zeppelin die nordamerikanische Ostküste hinabglitt. Die Besatzung aus erfahrenen Ingenieuren und Technikern musste mit wechselnden Wetterbedingungen, starken Winden und der Kälte in der Höhe kämpfen.
„Dieser Flug nach Amerika markierte den Beginn einer neuen Ära des Luftverkehrs über den Atlantik“, stellte Eckener rückblickend fest. Das Luftschiff erschien vielen als ein Symbol der Verbindung und Zusammenarbeit zwischen den Völkern. Die Ankunft des Zeppelins in den USA war ein mediales Großereignis. Als er am 15. Oktober 1924 gegen 10 Uhr morgens die Küste bei Cape Charles, Virginia, erreichte, wurde er von begeisterten Massen empfangen.
Nach einem Überflug über mehrere Städte, darunter Washington, D.C., Philadelphia und New York City, landete das LZ 126 schließlich unter dem Jubel der wartenden Menge am Zielort in Lakehurst. Die deutsche Crew wurde mit einer Konfettiparade auf dem Broadway gefeiert, ihre Mission endete mit einem Empfang im Weißen Haus.
In der Heimat wurde der Überflug als größter Beitrag zur Normalisierung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses nach dem Ersten Weltkrieg gewürdigt. Eckener, Nachfolger des 1917 verstorbenen Firmengründers Ferdinand Graf von Zeppelin, erhielt auch Lob für sein diplomatisches Geschick. Die erste Überquerung des Atlantiks mit einem Starrluftschiff etablierte Luftschiffe als ernsthafte Alternative zu Schiffen. In Deutschland nannte die liberale Presse den ZR-3 das „Amerikaluftschiff“, die konservative und nationale Presse bezeichneten ihn als „Reparationsluftschiff“.
Der Friedensvertrag von Versailles vom Juni 1919 setzte der deutschen Luftfahrtindustrie enge Grenzen. Luftschiffe durften nur noch in kleiner Größe und allein für zivile Zwecke gebaut werden. Um diese Beschränkungen zu umgehen und um zu demonstrieren, zu welchen außergewöhnlichen Leistungen deutsche Ingenieure in der Lage waren, übernahm die Luftschiffbau Zeppelin GmbH in Friedrichshafen einen Auftrag der US Navy.
Einsatz als Militärluftschiff
Das 200 Meter lange und 2100 Pferdestärken mächtige LZ 126 sollte als Reparationszahlung an die USA übergeben werden. In den Vereinigten Staaten wurde das LZ 126 in ZR-3 USS Los Angeles umbenannt und blieb als Schulungsluftschiff noch bis 1939 in Dienst – mit einer Flugleistung von fast 350 000 Kilometern. Der Zeppelin war als ziviles Luftschiff konstruiert, jedoch mit der Absicht, ihn als Militärluftschiff für die USA zu verwenden. Außerdem gab es für die Auslieferung eine Bedingung: Erst nach erfolgter Überführung des Zeppelins über den Atlantik galt der Vertrag als erfüllt.
Bereits im August 1924 war das Luftschiff zu einem ersten Testflug in Friedrichshafen abgehoben. Mit den von Maybach konzipierten Triebwerken erreichte es eine Höchstgeschwindigkeit von 127 Stundenkilometern. Damit galt der neue Zeppelin als das schnellste Luftschiff seiner Zeit. LZ 126 benötigte allein 200 Mann, um an langen Seilen aus seinem Hangar gezogen zu werden.
36 Menschen sterben bei der Hindenburg-Explosion
Die Außenhaut des Luftschiffs war mit Aluminium beschichtet, um die Temperatur und damit die Ausdehnung des Gases niedrig zu halten. Es war mit 200 000 Kubikmetern leicht entzündlichem Wasserstoff gefüllt, was ein erhebliches Risiko darstellte. Die bessere Füllmasse wäre das nicht brennbare Helium gewesen, das war zu jener Zeit in Deutschland allerdings nicht verfügbar. Nach der Übergabe des Luftschiffs tauschten die Amerikaner den Wasserstoff umgehend gegen Helium aus.
Mit der zunehmenden Popularität und Wirtschaftlichkeit von Flugzeugen wurden Zeppeline verdrängt. Die Ära der fliegenden Riesen endete mit dem LZ 129 „Hindenburg“. Der Gigant der Lüfte hatte den Atlantik bereits 17 Mal nach Brasilien und Amerika gekreuzt, als er am 6. Mai 1937 bei der Landung in Lakehurst in einer gewaltigen Wasserstoff-Explosion in Flammen aufging. 36 Menschen kamen ums Leben.
Anfänge der Luftfahrt
Dominierend Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, vor Beginn der Ära der Flugzeuge, waren Luftschiffe die dominierende Technologie. Die riesigen, mit Gas gefüllten Luftfahrzeuge, boten zufriedenstellende Stabilität und große Reichweite.
Entwicklung Seit dem ersten erfolgreichen Zeppelinflug im Jahr 1900 hatte sich die Technologie weiterentwickelt. Nach ihrem Einsatz auch für militärische Zwecke während des Ersten Weltkriegs stand danach ihre zivile Nutzung im Mittelpunkt.