Soul und Funk beim Sommerpalast: Izo FitzRoy (Mitte) wurde begleitet von Schlagzeuger Karl Penney, Bassist Matthew Waer und Marcus Bonfanti (rechts). Foto: Stefan Bossow
Von Simone Schneider-Seebeck
Murrhardt. Das Zirkuszelt beim Murrhardter Sommerpalast hat einfach Charme. Man tritt durch die Plane in eine andere Welt. Ein roter Himmel mit Sternen, schummriges Licht, das durch die geöffnete Zeltplane fällt, die rustikalen Bankreihen, die kleine Bühne voller Instrumente, als Gast im Zelt ist man hier mittendrin im Geschehen. Wann hat man schon einmal die Gelegenheit, einem Künstler, einer Künstlerin so nahe zu sein?
Der Biergarten im Stadtgarten Murrhardt ist schon gut gefüllt, man lässt sich das kulinarische Angebot schmecken, plaudert miteinander, freut sich, wenn man jemanden Bekanntes trifft. Noch ist es recht leer im Zelt, nur einzelne Plätze sind besetzt, ein Musikfreund sieht sich die aufgebauten Instrumente interessiert an. Noch ist etwas Zeit, bis Izo FitzRoy und ihre Combo mit dem Auftritt beim Murrhardter Sommerpalast beginnen. Doch lang bleibt es nicht leer, auf einmal strömen die Besucherinnen und Besucher nur so ins Zelt, schnell sind die hinteren oberen Bankreihen besetzt, auch wenn sich eine Frau fragt: „Kann man da denn tanzen?“ Zumindest hat man von oben einen guten Überblick.
Und schon geht es los. Zunächst betreten die Bandmitglieder und die Begleitsängerinnen und der -sänger die kleine Bühne, unter begeistertem Applaus, der gleich noch einmal anhebt, als Izo FitzRoy, ganz in Rot gewandet und das helle Haar nach hinten frisiert, sich am Piano niedersetzt. „Funky Soul Gospel Groove“ verspricht das Programm und es verspricht nicht zu viel.
Musikalisch und optisch versetzt in die 60er- und 70er-Jahre
Gleich legt Izo FitzRoy los und erstaunt mit ihrer tiefen, kraftvollen, etwas rauen und sehr authentischen Stimme. Die Sängerin vibriert gewissermaßen vor Energie, ein Wunder, dass sie es aushält, so lange am Piano zu sitzen und sich zu begleiten, ohne aufzuspringen und selbst zu tanzen.
Schließt man die Augen, fühlt man sich in der Zeit zurückversetzt. Was sicher auch daran liegt, dass Izo FitzRoy begleitet wird von zwei stimmgewaltigen Damen und einem Sänger, einer Backgroundgruppe, wie man sie von den Queens of Soul aus den 60er- und 70er-Jahren kennt. Und mit offenen Augen gibt es auch zumindest einen optischen Hinweis auf die alten Zeiten – mit Bassist Matthew Waer und seinem unvergleichlichen Schnurrbart.
Das Zirkuszelt ist gut gefüllt und das Publikum applaudiert begeistert nach jedem Lied. „Thank you so much“, die Sängerin bedankt sich nach den Songs für die Zustimmung ihrer Zuhörerinnen und Zuhörer und auch die Location scheint ihr gut zu gefallen: „This amazing circus tent“ (deutsch: dieses wunderbare Zirkuszelt).
Da wippt ein Fuß, dort wird im Rhythmus mitgenickt, man schnipst, die musikalische Energie im Zirkusrund ist fast mit Händen zu greifen. Das sieht wohl auch die Londoner Sängerin so, die an diesem Abend vor allem Stücke ihres aktuellen Albums „A good woman“, das dritte nach ihrem Debüt „Skyline“ (2017) und „How the mighty fall“, präsentiert. „We wanna sing with you, we wanna dance with you – if you feel like dancing, please do“, ermuntert sie, den noch leeren Platz vor der Bühne zu nutzen und richtig zu tanzen. Die Tanzfreudigen lassen sich nicht lange bitten. Und nicht nur weibliche Zuhörer, auch einige männliche trauen sich, zur mitreißenden Musik vor der Bühne zu grooven.
Die Zuschauer erfahren von der Entstehung der Stücke
Die Stücke schreibt die 38-Jährige selbst und so berichtet sie über die Entstehung des Songs „Everybody Knows This Ain’t Right“, der in Gedenken an den Tod von George Floyd entstanden ist und den sie gemeinsam mit einem Künstler aus Los Angeles komponiert hat, mit dem sie während der Coronapandemie vor allem per Videochat kommunizierte.
Gemeinsam mit ihrem Background Clarence Hunte, Alex Wiseman und Jade Elliott singt sie auch im Soul Sanctuary Gospel Choir London und so gibt es zwischendurch ein Stück nur mit Gesang und Pianobegleitung. Da darf das Publikum auch mal ran, als es heißt: „Let’s do gospel together.“ Dreistimmig wird mitgesungen, die Besucher sind begeistert davon, wie gut sie zusammen klingen.
Gegen Ende stellt Izo FitzRoy ihre Combo vor: Matthew Waer am Bass mit der Lockenmähne und dem aus der Zeit gefallenen Schnauzer, Marcus Bonfanti an der Gitarre, Karl Penney am Schlagzeug und natürlich die Gesangsgruppe. Jedem wird Raum für eine Soloperformance gegeben, vor allem Clarence Hunte begeistert mit seiner unglaublich tiefen Bassstimme. Viel zu schnell ist das Konzert vorbei, ein paar Zugaben sind zur Freude des Publikums und auch der Band, die sichtlich viel Spaß an dem Auftritt in diesem ungewöhnlichen Rahmen hat, aber doch noch drin. Wer Soul und Funk liebt, kommt an dieser Gruppe nicht vorbei.