Luigi Pantisano über Katy Perry im All

„I hate you“: Unverständnis für Stuttgarter Linken-Politiker

Großkotzigkeit und Klimaverpestung oder doch genialer PR Gag und Female Empowerment? Die Kommentare zu Katy Perrys Ausflug sind sich ungewohnt einig.

„I hate you“: Unverständnis für Stuttgarter Linken-Politiker

Die Besatzung des Weltraumausflugs um Katy Perry nach der Landung am Dienstag – rechts Luigi Pantisano

Von Julian Baum und Michael Bosch

Raketenstart, vier Minuten Schwerelosigkeit und eine geglückte Landung nach weiteren rund fünf Minuten. Kaum hat die Sängerin Katy Perry am Dienstag wieder festen Boden unter den Füßen, drückt sie die Stirn in den Staub der Wüste und küsst den Boden. „There is no place like home“ wird sie später am Tag auf der Plattform X (ehemals Twitter) schreiben; „Zuhause ist es am schönsten“.

Über Sinn und Unsinn des Ausflugs ist schon vor dem Start trefflich gestritten worden. Zur Erinnerung: Perry ist am Dienstag mit einer Rakete des Raumfahrt-Unternehmens „Blue Origin“ des Amazon-Gründers Jeff Bezos ins All gestartet. Zur Besatzung zählten weiterhin Bezos Verlobte Lauren Sánchez, die Journalistin Gayle King, die Wissenschaftlerinnen Aisha Bowe und Amanda Nguyen und Filmproduzentin Kerianne Flynn. Perry sagte stets, die Aktion sei eine Mission für „die Menschheit im Allgemeinen und für Frauen im Besonderen“.

Schwerer als das Female Empowerment wiegt in den Netzkommentaren augenscheinlich die Auswirkung auf das Klima. Die Replik von Luigi Pantisano, meinungsstarker Linken-Politiker aus Stuttgart, fiel entsprechend aus. Auf Perrys Tweet „I love you“, den sie am Tag des Raketenstarts absetzte schrieb er: „I HATE YOU for destroying our Planet.“

I HATE YOU for destroying our Planet. https://t.co/jpmd5C61eo — Luigi Pantisano (@LuigiPantisano) April 15, 2025

Die Retourkutsche kam prompt. Das Posting sei „einem Abgeordneten nicht würdig“, befand ein Nutzer. Pantisano ist Mitglied des neuen Bundestags. „Fair. Jedoch finde ich, Jeff Bezos sollte den Hass ab bekommen, den Katy Perry bekommt. Am Ende scheint es irgendwie immer leichter zu sein, die eigene Misogynie zu zeigen“, heißt es in einem weiter Kommentar.

Pantisano – die Art und Weise seiner Kritik außen vor gelassen – war nicht der einzige, der auf den Irrsinn des Weltraum-Tourismus hinwies. Ricarda Lang, früher Parteivorsitzende von Bündnis 90/Grüne, kritisierte auf X nüchtern, aber mit scharfem Unterton den Kohlenstoff-Dioxid-Ausstoß, den dieses kurze Intermezzo in die Erdatmosphäre geblasen hat: „Katy Perry hat gestern mit einem Privatausflug ins All in 10 Minuten mehr CO2-Emissionen verursacht als ein durchschnittlicher Mensch in seinem ganzen Leben.“

Katy Perry hat gestern mit einem Privatausflug ins All in 10 Minuten mehr CO2-Emissionen verursacht als ein durchschnittlicher Mensch in seinem ganzen Leben. — Ricarda Lang (@Ricarda_Lang) April 15, 2025

Auf Instagram wird überwiegend ein ähnliches Bild gezeichnet. Die Nutzerin Annagl_19 kommentierte auf einen Beitrag der Tagesschau zum Thema: „Super, dass wir alle gemeinschaftlich versuchen, die Welt vor der Klimakatastrophe zu schützen.“ Und mit einer Prise Gehässigkeit schreibt der Nutzer Jxnas_rr unter den gleichen Post: „Das u in Katy Perry steht für umweltbewusst.“

Die Youtuberin Freiraumreh bemerkt mit mehr Ironie als in einer Woche Rhetorik-Seminar vermittelbar wäre: „Jaa, endlich. Mein Star im Weltall. Nur für Katy hab ich die letzten Jahre kaltgeduscht. Mein Idol.“

Kritik am Weltraumtourismus: „Reiche machen Reichen-Sachen“

Zahlreiche Kommentare üben derweil Kritik am Kapitalismus, der Weltraumtourismus begünstige. Der Nutzer Jowy_hbr schreibt auf Instagram: „Kapitalismus ist, wenn eine Million Menschen sparen müssen, damit eine einzige ins All fliegen kann. Aber hey – frei ist, wer sich’s leisten kann.“ Oft zu lesen – in abgewandelter Form – ist „Reiche machen Reichen-Sachen“, oder, dass reiche Menschen zum Vergnügen auf Kosten der Allgemeinheit leben, so bei der Nutzerin Eliggiy: „Reiche machen wirklich alles, außer, ihr Geld für die Allgemeinheit zu nutzen.“ Tatsächlich ist nicht bekannt, was ein Ticket ins All kostet.

Der Nutzer Der.Baldur fragt generell: „Raumfahrt ist schon noch für die Wissenschaft da, oder? Oder machen wir das jetzt, damit Reiche sich zurück in die Medien bringen können?“ Und tatsächlich nutzt Perry ihren Ausflug im All, um mehr als 100 Kilometer über dem Erdboden die Setlist ihrer bevorstehenden Tournee zu verkünden.

Katy Perry reveals the setlist for her Lifetimes Tour in space. pic.twitter.com/ICcEdjYvvU — Pop Base (@PopBase) April 14, 2025

Female Empowerment – war da was?

Katy Perry beteuert, mit der Aktion junge Mädchen zu ermutigen wollen, deren Träume zu verfolgen. Und auch die rein weibliche Besatzung der „Shepard“-Rakete ist für die Raumfahrt betrachtet eine Errungenschaft. Die Meinung, welches Licht die Mission allgemein auf Astronautinnen wirft, geht dagegen auseinander. Der X-Nutzer Bill Pearce schreibt auf Glückwünsche des US-amerikanischen Unternehmers Dave Limp an die „Crew“, dass diese Bezeichnung eine Beleidigung aller weiblicher Astronauten sei. Die Besetzung seien lediglich Passagiere auf einem Ausflug gewesen.

Crew? That’s an insult to all female astronauts who have actually flown in space on a mission assignment. These were passengers on a sight seeing excursion. — Bill Pearce (@billyboy1661) April 14, 2025

Und die US-amerikanische Schriftstellerin geht einen Schritt weiter und postet auf X eine Collage mehrere Astronautinnen, die tatsächlich auf Mission gewesen sind, und schreib darüber: „Wenn ihr heute genug hattet von Katy Perry und Lauren Sánchez... Hier ist euer Gaumenreiniger: tatsächliche Female Empowerment.“

"If you’ve had enough of Katy Perry & Lauren Sánchez today… here’s your palette cleanser: actual female empowerment." pic.twitter.com/7HAcYjDz3T — Dana Dargos | Award-Winning Author (@dana_dargos) April 15, 2025

Natürlich gab es Glückwünsche, Lob und Unterstützung aus Perry Fanbase. Die überwiegende Reaktion war jedoch Kritik an Klimaverpestung, Reichen und Unverständnis ob der Aktion. Immerhin ein gutes sieht die Instagram-Nutzerin Elinprk: „Um etwas Positives hier zu finden: selten waren sich Leute in den Kommentaren so einig wie hier.“

Übrigens: Alle, denen Stilkritik zu kurz kam, können beruhigt sein. Auch dazu waren einige Kommentare zu finden. Ein treffendes Bild entwarf Flipposaurier auf Instagram: „Sieht aus wie ne Girlband aus den 2000ern vorm Comeback.“