Angeführt von Verkehrsminister Winfried Hermann (vorne von rechts), Fichtenbergs Bürgermeister Ralf Glenk und Waldmeister Walter Hieber ging die Gruppe auf Testwanderung des ersten Bwegt-Wegs. Fotos: Stefan Bossow
Von Lorena Greppo
Murrhardt. Wer sich ein schönes Wanderziel ausgesucht hat, fährt oftmals mit dem Auto zu einem geeigneten Parkplatz, um die Tour von dort aus zu starten. Das bedingt allerdings auch, dass man am Ende der Route zur selben Stelle zurückkehrt. „Oft will man aber von einem Ort zum anderen“, verdeutlichte der Verkehrsminister Baden-Württembergs Winfried Hermann gestern in Murrhardt. Dann sei eine Anreise mit dem ÖPNV die bessere Variante. Weil diese Art der Anfahrt zugleich klimafreundlicher ist, wirbt das Land mit seiner Mobilitätsmarke Bwegt künftig auch für Streckenwanderwege mit gutem Anschluss an den ÖPNV. Der erste Weg dieser Art führt von Fichtenberg über Fornsbach nach Murrhardt und wurde nun feierlich eingeweiht.
Einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung des ersten Bwegt-Wanderwegs haben die Naturparkführer und Waldmeister Walter Hieber und Manfred Krautter geleistet. Auf die Ausschreibung des landesweiten Kampagne hin haben sie sich mit den Bürgermeistern in Verbindung gesetzt und den Routenvorschlag ausgearbeitet. Einige Voraussetzungen waren zu erfüllen. So sollte der Weg gut mit Bus und Bahn erreichbar sein, gut als Tageswanderung zu bewältigen sein und interessante Wegpunkte aufweisen. Das sei hier hervorragend gelungen, waren sich die Verantwortlichen einig. Für diejenigen, denen 14 Kilometer zu viel sind, gibt es sogar die Möglichkeit, in Fornsbach bereits auszusteigen (siehe Infotext).
Die Anbindung von Fornsbach und Fichtenberg ist noch nicht ideal
Ein Stück des Wegs probieren die Anwesenden dann auch gleich aus, begleitet vom Musikverein Oberrot, welcher mit Blasmusik unterhält, und von Poetry Slammer Marius Loy, der extra für den Anlass ein launiges Gedicht über die Wonnen und Fallstricke des Wanderns verfasst hatte.
Das Konzept passt gut zur Fortbewegungsart des Wanderns, ist man sich einig. Damit es aber auch aufgeht, benötige man gut angebundene Start- und Zielorte. Der ÖPNV soll alltags- sowie freizeittauglich sein, so der Verkehrsminister. An dieser Stelle, äußerte Murrhardt Armin Mößner, „muss ich ein wenig Wasser in den Wein kippen“. Denn Fichtenberg und Fornsbach seien die einzigen Bahnhöfe auf der Murrbahn, die nicht an den Halbstundentakt angebunden sind. Hermann versicherte, diese beiden Orte seien in seinem Ministerium so bekannt wie manche Großstadt. Den Eindruck, dass die derzeitige Situation unbefriedigend ist, teile er.
Immerhin, oftmals seien die interessantesten Ausflugsziele „irgendwo in der Pampa“, ohne jegliche Zuganbindung, stellte Walter Hieber fest. Hier in Murrhardt gelinge es hingegen, das Konzept von Bwegt gut umzusetzen. „Man hat das Herz des Schwäbischen Waldes als Kulisse“, hob er hervor und packte sogleich ein Schild aus mit der Aufschrift „Wir sind the Wanderländ“. Als „Vorstufe vom Paradies“ bezeichnete Armin Mößner die Höhenzüge des Schwäbischen Waldes, von welchen aus man einen wunderbaren Blick auf das obere Murrtal hat. Er erkannte an, dass ein solches Projekt auch die Bindung zum Nachbarort über Kreisgrenzen hinaus stärke. Fichtenbergs Bürgermeister Ralf Glenk betonte: „Es ist wichtig, dass man Tourismus sanft macht.“ Dabei zähle jeder Schritt und sei er noch so klein. Er verwies darauf, dass jeder nicht mit dem Pkw zurückgelegte Kilometer nicht nur CO2 einspare, sondern auch den Reifenabrieb, der als Mikroplastik den Weg in die Landschaft findet.
Weitere 18 Bewerbungen für Routen im Land liegen vor
Eine klimafreundliche Zukunft hat sich auch das Land Baden-Württemberg auf die Fahnen geschrieben und möchte unter anderem die Fahrgastzahlen im ÖPNV bis 2030 verdoppeln. Derlei Freizeitangebote seien ein Baustein dessen. Flankiert werden sie durch die Bwegt-plus-Angebote. Wer mit dem BW-Tarif reist, bekommt Vergünstigungen für Veranstaltungen, touristische Attraktionen, Freizeiteinrichtungen oder im Einzelhandel. Am Bwegt-Wanderweg Fichtenberg–Murrhardt machen die Gastronomen Angy’s Seestüble und die Krone (beide in Fichtenberg) sowie das Restaurant Kulinarium am Waldsee in Fornsbach mit.
Der Premierenweg von Bwegt soll aber längst nicht der einzige bleiben. Anwärter für weitere Touren gibt es bereits. Aktuell liegen 18 weitere Bewerbungen vor, verrät Iro Marapidou von der Agentur Die Wegmeister, welche Bwegt betreut. Die vorgeschlagenen Routen seien verteilt in ganz Baden-Württemberg, dabei seien unter anderem Radolfzell sowie der Südschwarzwald. „Das Projekt wird sehr gut angenommen“, sagt sie. Es schließe eine Marktlücke und richte den Fokus auf nachhaltige Mobilität. Die Vorreiter in Murrhardt sind jedenfalls sehr angetan von der Kampagne und rufen zum Nachahmen auf. Und während der Musikverein Oberrot „Muss I denn zum Städtele hinaus“ anstimmt, macht sich ein gut gelaunter Winfried Hermann wieder auf den Weg zum nächsten Termin – nicht allerdings ohne seine Wiederkehr zu versprechen. Schließlich wolle auch er den ersten Bwegt-Wanderweg noch austesten.
Eckdaten Der Bwegt-Wanderweg Fichtenberg–Murrhardt ist 14,2 Kilometer lang, bewältigt 301 Meter Anstiege und 360 Meter Abstiege. Er ist angebunden an die Regionalbahnlinien MEX 19 (Stuttgart–Crailsheim), MEX 90 (Stuttgart–Schwäbisch Hall-Hessental) und RE90 (Stuttgart–Nürnberg). Ein Zu- oder Ausstieg in Fornsbach ist möglich. Die Wegausschilderung erfolgt über das Leitsystem des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald mit dem Bwegt-Symbol (Zug und Wanderstiefel auf gelbem Grund).
Sehenswürdigkeiten Der Diebachsee in Fichtenberg sowie der Fornsbacher Waldsee laden zu einem Badestopp ein. Von der Schanze haben Wanderer einen traumhaften Blick ins Tal. In Murrhardt wandert man auf den Spuren der Römer. Die Lindersthütte sowie der Spielplatz am Alleensee bieten Verweilmöglichkeiten. Weitere Sehenswürdigkeit entlang des Wegs ist die Rümelinsmühle.