Judith-Maria Matti an der Orgel und Jan-Peter Scheurer mit der Trompete harmonieren mit ihren Instrumenten. Fotos: Elisabeth Klaper
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Den krönenden Abschluss des an kulturellen Höhepunkten reichen Jahres 2022 bildet in Murrhardt das festliche Silvesterkonzert „Trompete, Tanz und Orgel“ in der Stadtkirche. Nach der Premiere 2019 musste es wegen der Coronapandemie zweimal ausfallen, doch am Samstagabend lockt es eine Vielzahl von Besucherinnen und Besuchern an. Sie kommen in den Genuss eines überaus klangfarben- und facettenreichen Programms. Im Zentrum stehen Aufführungen von Clara Unseld, Tochter von Kantor Gottfried Mayer: Sie präsentiert selbst kreierte, faszinierend ästhetische Choreografien in zeitgenössischem Tanz zu überaus fantasievollen und klangmalerischen Kompositionen.
Unseld hat eine klassische Tanzausbildung absolviert. Sie arbeitet zurzeit als freiberufliche Tänzerin und studiert Psychologie in Mainz. Zur Orgelbearbeitung von Gabriel Faurés prunkvoller, barock anmutender Gavotte aus der Bühnenmusik „Masques et Bergamasques“ (Masken und Einwohner von Bergamo) schwebt sie gleichsam barfuß und graziös über den Boden der Vierung. In ihren Schritten und Figuren verbinden sich Formen aus Ballett und Ausdruckstanz.
Der erste Teil klingt meditativ, der zweite machtvoll, der dritte wie ein Dialog von Instrumenten
Stilvoll interpretiert Gottfried Mayer dazu auf der Mühleisen-Orgel Faurés Werk, welches mit der Sehnsucht des Rokokos nach der Natur spielt, mit reizvoller tänzerischer Rhythmik und feinen Registrierungsnuancen.
Durch attraktive Wechsel zwischen langsamen, fließend ineinander übergehenden Tanzfiguren sowie schnellen, kurzen Bewegungsabläufen und Sprüngen charakterisiert Clara Unseld Arvo Pärts „Trivium“. In der Musik des estnischen Komponisten bereichern sich wechselseitig traditionelle Elemente aus dem östlich-orthodoxen, römisch-katholischen und protestantischen Europa. In seiner dreiteiligen Orgelkomposition symbolisieren drei Abschnitte mit derselben Melodie drei Wege zum selben Ziel der Wahrheit. Die Melodie besteht aus lang gehaltenen Tönen als Basis, über der sich verschiedene, glockenartig klingende und sich wiederholende Klänge entwickeln. Sie ist aber ganz verschiedenartig ausgearbeitet: Der erste Teil klingt meditativ, der zweite machtvoll, der dritte wie ein Dialog von Instrumenten.
Ein feierliches, prachtvolles Feuerwerk aus vielschichtigen Akkorden entfaltet der Organist mit seiner abwechslungsreich registrierten Interpretation von Olivier Messiaens „Die Kinder Gottes“ aus dem Weihnachtszyklus „Die Geburt des Herrn“. Musik und Thematik visualisiert Clara Unseld in fließenden Tanzfiguren mit würdevollen symbolischen Gesten und erhebt gleichsam den ganzen Körper hinauf zum Himmel.
Große Hörgenüsse beschert Gottfried Mayer mit vollendeten, vielfältig registrierten Interpretationen von zwei bezaubernden romantisch-impressionistischen Orgelklangbildern von Sigfrid Karg-Elert.
„Widerhallen von Lobgesängen“ ist eine fantasievolle Bearbeitung des als „Joseph, lieber Joseph mein“ bekannten Weihnachtsliedes. Ausgeklügelte, rhythmische Veränderungen und innovative Klangeffekte mit einem leisen hohen Klarinettenton über das gesamte Werk hinweg versetzen die Melodie ins Schweben. Wie ein sphärisches Klangwunder wirkt die prachtvolle „Hymne an die Sterne“: Da funkeln die Sterne nicht nur, sondern scheinen vor Freude zu jubeln und zu tanzen.
Stimmungsvoll und schwermütig klingt Georg Friedrich Händels Arie
In reizvollem Wechselspiel dazu gestaltet das Leitungsteam der Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land in kunstreichen Interpretationen mannigfaltige Kompositionen für Trompete und Orgel. Judith-Maria Matti an der Orgel und Jan-Peter Scheurer an der Trompete lassen ihre Instrumente zu einem imposanten Wohlklang verschmelzen. Ein breit gefächertes Panorama aus einer Fülle innovativer Motive und Harmonien entfalten sie in der orchestralen Aria von Jean Rivier. In Wolfram Rehfeldts spätromantischen Orgelimpressionen „Rêverie“ und „Fanfare“ bringen sie ein reiches Spektrum aus verschiedenartigen melodischen, harmonischen und rhythmischen Ideen zum Ausdruck.
Überdies bieten Scheurer und Matti souverän kunstvolle, festlich strahlende barocke Werke dar. Stimmungsvoll und schwermütig klingt Georg Friedrich Händels Arie „Wo immer du gehst“ aus dem weltlichen Oratorium „Semele“ über ein Liebesdrama aus der antiken griechischen Sagenwelt. Beschwingt und fanfarenartig wirkt Benedetto Marcellos Vertonung von Psalm 19 „Die Himmel verkünden die Herrlichkeit Gottes“. Eingängige Melodik und ornamentale Figurationen prägen die prächtige Sonata von Giuseppe A. Aldrovandini. Mit enthusiastischem Applaus dankt das Publikum den Mitwirkenden für das grandiose Konzert und das Tanzperformanceerlebnis.