Schifffahrt in Baden-Württemberg
Nach Absage des Bundes: Land steigt bei Neckarschleusen aus
Auf dem Neckar sollen auch deutlich längere Schiffe fahren können. Das zumindest fordern Wirtschaft und Politik in Baden-Württemberg. Der Bund blockiert. Das hat Folgen.
Von red/dpa/lsw
Die seit vielen Jahren angestrebte und immer wieder eingeforderte Sanierung und Verlängerung der Schleusen am Neckar ist vom Tisch. Wegen der ablehnenden Haltung des Bundes hat auch das Land entschieden, seine finanzielle Unterstützung einzustellen. Grund sei das jüngste Schreiben des Bundesverkehrsministers an seinen baden-württembergischen Ressortkollegen Winfried Hermann (Grüne), in dem die Entscheidung gegen den Ausbau betont wird, teilten Staatsministerium und Verkehrsministerium mit. Demnach wird die Verlängerung zugunsten erforderlicher Instandsetzungsarbeiten an den zahlreichen zu sanierenden Schleusen zurückgestellt.
Bislang können nur Schiffe mit einer Länge von maximal 105 Metern die derzeit 27 Schleusen zwischen Plochingen und Mannheim passieren. Durch die Instandsetzung an den Wehren und die Verlängerung hätten aber Frachtschiffe mit einer Länge von 135 Metern auf dem Neckar fahren können.
Vereinbarung 2007 – bisher keine Schleuse ausgebaut
Bund und Land hatten 2007 eine Vereinbarung geschlossen, die Schleusen auf dem Neckar zwischen Mannheim-Feudenheim und Plochingen für Güterschiffe mit einer Länge von bis zu 135 Metern befahrbar zu machen. Dazu müssen die Schleusen aber baulich verlängert werden. Ursprünglich sollte der Ausbau im Jahr 2025 abgeschlossen werden. Ein 2018 vorgelegter neuer Zeitplan sah den Ausbau der Schleusen bis Heilbronn im Jahr 2040 und bis Plochingen im Jahr 2050 vor. Noch ist keine Schleuse ausgebaut worden. Erst vor zwei Jahren hatte Wissing betont, der Bund stehe zu der mit dem Land Baden-Württemberg geschlossenen Vereinbarung.
Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz sieht in einer Verlängerung „ein zentrales Projekt für eine der wichtigsten Lebensadern unserer Wirtschaftsregion“. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) warf er Flickschusterei vor. „Diese Kurzsichtigkeit halte ich für verantwortungslos“, sagte Schwarz. Seine Verkehrspolitik sei rückwärtsgewandt und innovationsfeindlich und beraube dem Neckar seiner Konkurrenzfähigkeit.
Kritik kommt auch von den Unternehmern. Zwar sei die Entscheidung des Landes folgerichtig, sagte Axel Nitschke, der Hauptgeschäftsführer der IHK Rhein-Neckar, die im Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertag (BWIHK) in Verkehrsfragen federführend ist. Das Ergebnis sei aber ein Scherbenhaufen. „Die Unternehmen konnten über Jahre nicht zuverlässig planen, und der umweltfreundliche Transport großer Gütermengen auf dem Binnenschiff wird nun unattraktiver“, sagte Nitschke. Land und Bund müssten dringend einen Kompromiss finden.