Bahnverkehr in Baden-Württemberg

Neue Wege beim Personal: Zug statt Küche und Kreuzfahrtschiff

Die Konkurrenz im Fernverkehr auf der Schiene, die Fahrgästen mehr Auswahl und sinkende Preise bescheren soll, steckt noch in den Kinderschuhen. Neue Anbieter setzen bei der Personalsuche auch auf Quereinsteiger.

Neue Wege beim Personal: Zug statt Küche und Kreuzfahrtschiff

Lars Köppen (l.) und Navdeep Singh gehen für die österreichische Westbahn von Stuttgart aus beruflich auf Reisen.

Von Christian Milankovic

Lars Köppen kocht einen Kaffee. Eine Herausforderung, die für ihn als gelernten Koch eigentlich unwürdig ist. Und trotzdem bereitet es ihm Freude. Lars Köppen hat das Kochdasein längst hinter sich gelassen und macht nun beruflich das, „worauf ich immer schon Lust hatte: bei der Eisenbahn arbeiten“. Nun steht er also vor einem Kaffeeautomaten des Zuges von Stuttgart nach Wien und hilft einer Kundin, die sich nicht so recht an die Maschine traut.

Quereinsteiger im Bahnverkehr: Vom Koch zum Zugbegleiter

„Ich mag den Kontakt zu den Menschen“, sagt Köppen und auch wenn das ein Satz ist, den zu sagen ihm womöglich die Marketingabteilung seines Arbeitgebers, der privaten österreichischen Westbahn, aufgegeben hat, nimmt man ihm das ab. Der Mann mit Wurzeln in Halle an der Saale und Wohnsitz in Ingersheim im Kreis Ludwigsburg, hat schon in Restaurants in seiner Heimatstadt und am Chiemsee gekocht. Aber eigentlich wollte er zur Eisenbahn. Nach einem ersten Anlauf im Regionalverkehr im Großraum Stuttgart, war er zunächst geheilt. „Da trifft man manchmal auf schwieriges Publikum“.

Die Personalsuche der Westbahn, die seit vergangenem Dezember zweimal am Tag umsteigefreie Fahrten von Stuttgart nach Wien anbietet, war für Köppen die zweite Chance. „Fernverkehr ist etwas ganz anderes“, sagt er und macht sich auf seine erste Runde durch den Zug. Der hat um Viertel nach Sieben am Morgen den Stuttgarter Hauptbahnhof verlassen und sammelt nun schon auf den ersten Kilometern Verspätungsminuten ein. Erst ein außerplanmäßiger Halt in Plochingen, dann bis Wendlingen in gemächlichem Tempo hinter einer S-Bahn her und schließlich ein längerer Halt in Merklingen auf der Schwäbischen Alb, wo die Westbahn planmäßig von einem ICE überholt werden soll, der aber an diesem Freitagmorgen auf sich Warten lässt. Erst in München wird die angehäufte Verspätung wieder wettgemacht sein.

Über solche Gegebenheiten kann Thomas Posch, Chef der österreichischen Westbahn, ausführlich sprechen. Er erzählt, wie seine Züge einst in Rosenheim nicht weiterfahren konnten, weil der Fahrdienstleiter der Deutschen Bahn sich in die Mittagspause verabschiedet hatte oder von einer angekündigten Baustelle zwischen Plochingen und Stuttgart, woraufhin man die Weiterfahrt der Fahrgäste von dort bis zum Hauptbahnhof organisiert hatte, nur um dann zu erfahren, dass es die Baustelle gar nicht gibt. „Es ist eine Bankrotterklärung“, sagt Posch.

Verwirrung um DB-Tickets: Westbahn kämpft mit Herausforderungen

Dass auch bei Lars Köppen und seinen Kolleginnen und Kollegen bei der Fahrscheinkontrolle immer wieder Passagiere mit einem DB-Ticket auftauchen, das in den Westbahnzügen nicht gültig ist, führt Posch auf entsprechende Empfehlungen am DB-Schalter zurück, an dem gestrandete Fahrgäste landen. Der Versuch einer Klärung dieses Phänomens mit DB-Fernverkehrschef Michael Peterson verläuft aus Posch’ Sicht, vornehm ausgedrückt, schleppend.

Vom Kreuzfahrtschiff in den Zug

Köppen lässt sich von solchen Zwischenfällen nicht aus der Ruhe bringen. Wer ihn auf seinem Gang durch Waggons begleitet, merkt dass da einer den Job macht, den er sich wünscht. Nach fünf Wochen interner Ausbildung bei der Westbahn ist es für ihn losgegangen. Seitdem pendelt er regelmäßig zwischen Stuttgart und München – und wünscht sich durchaus auch mal Einsätze auf dem restlichen Westbahnnetz, etwa nach Wien oder Innsbruck.

Quereinsteiger wie ihn sucht das österreichische Privatbahnunternehmen weiterhin. Köppen ist mittlerweile auf seine Kollegen im Zug gestoßen, die „ihre“ Waggons abgearbeitet haben. Dazu zählt auch Navdeep Singh. Der 31-jährige Stuttgarter hat bereits auf Kreuzfahrtschiffen als Steward gearbeitet. Nun geht er mit der Westbahn beruflich auf Reisen – und scheint seine Entscheidung den Zug gegen das Schiff eingetauscht zu haben, nicht zu bereuen. „Keine zwei Fahrten sind gleich. Es ist immer abwechslungsreich“, sagt er.