Konstanz

Party am Karfreitag? Verein erkämpft Ausnahme vom Tanzverbot

Für die einen geht es um christliche Tradition, für die anderen um Freiheitsrechte. In Konstanz sorgt eine Protestparty gegen das Tanzverbot für hitzige Diskussionen. Die Kirche kritisiert die Stadt Konstanz.

Party am Karfreitag? Verein erkämpft Ausnahme vom Tanzverbot

Das Tanzverbot an Karfreitag sorgt in Konstanz für Diskussionen (links im Bild: die Lutherkirche in Konstanz)

Von Lea Krug

Die Diskussion ums Tanzverbot ist in Baden-Württemberg fast schon eine Ostertradition. Neu in diesem Jahr: eine Protestparty in Konstanz, von der Stadt offiziell genehmigt. Veranstaltungsort: die Kantine, ein Club im Industriegebiet. Eigentlich gilt der Tag als stiller Feiertag, Tanzverbot inklusive.

Aber warum ist eine solche Party trotz des bestehenden Tanzverbot-Gesetzes möglich? Die Giordano-Bruno-Stiftung (GBS) in Konstanz beantragte eine Sondergenehmigung. Erst soll es eine Diskussionsveranstaltung geben, dann wird aus Protest getanzt, so der Plan der Veranstalter. Die Organisation verweist auf ein wegweisendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 2016 gefällt wurde. Ausnahmen nicht zuzulassen sei mit der Weltanschauungs- und Versammlungsfreiheit nicht vereinbar, so das Urteil damals. Und auch in Stuttgart finden ganz ähnliche Partys seit Jahren im LKA-Longhorn statt. Das Motto hier: „Heidenspaß.“

Zahl der Christen immer kleiner

„Religionsfreiheit bedeutet auch Freiheit von Religion“, erklärt der GBS-Sprecher Ben Papke. Außerdem sei das entsprechende Gesetz längst aus der Zeit gefallen. Schließlich werde die Zahl der praktizierenden Christen im Land immer kleiner. Die Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland geht davon aus, dass noch rund 46 Prozent der Menschen im Land Teil der beiden großen Kirchen sind. Ähnlich soll der Anteil der konfessionslosen Menschen sein. Ben Papke drückt es besonders zugespitzt aus: „Eine Minderheit trauert um ihren religiösen Führer und zwingt alle anderen ebenfalls dazu.“ Auch wenn der GBS-Sprecher betont, es gehe nicht um Kirchenkritik, sondern um Kritik am Gesetzgeber. Wer den Tag ruhig begehen wolle, der könne das schließlich tun. „Deshalb legen wir da den Finger in die Wunde, das ist ein Anachronismus“, führt Papke aus.

„Arroganz“ der Kirche

Die evangelische Kirche in Konstanz verweist auf ein schriftliches Statement zu der Party. „In einer Welt, die von ständiger Hektik und Lärm durchdrungen ist, bietet der Feiertag eine seltene Gelegenheit zur Ruhe und Besinnung“, erklärt Dekan Markus Weimer. Auch für säkulare Menschen sei es ein guter Zeitpunkt innezuhalten. Ben Papke, der sich mit der Party in Konstanz für die Abschaffung des Tanzverbotes einsetzt, findet die Äußerung des Dekans „anmaßend“. „Mit welcher Arroganz denkt die Kirche, dass sie Leuten vorschreiben kann, was sie an einem Freitag tun und lassen können?“

Doch bei der Diskussion geht es auch um die Frage, ob die Stadt Konstanz mit der Genehmigung richtig entschieden hat, so zumindest sieht es der Kirchenrat André Kendel von der evangelischen Landeskirche in Baden. Er halte als Christ nichts von der Entscheidung, spricht aber von einem „klugen Schachzug“ der Giordano-Bruno-Stiftung. „Für mich stellt sich aber die Frage, warum sich eine Stadt das Interesse einer Stiftung, stille Tage für eine Gesellschaft zu untergraben, zu eigen macht.“ Es gehe um Grundsätzlicheres. „Wir müssen als Gesellschaft diskutieren, welche Werte uns wichtig sind“, so Kendel. Gewissermaßen gehe es um ein Ausloten der individuellen Freiheitsrechte gegenüber gemeinsamer freier Tage in einer Gesellschaft, so der Kirchenrat.