Gerade sendeten die USA Signale, sie könnten womöglich ihre Friedensbemühungen für die Ukraine einstellen. Kurz darauf macht Kremlchef Putin überraschend eine Ankündigung.
Der russische Präsident Wladimir Putin. (Archivbild)
Von red/dpa
Kremlchef Wladimir Putin hat in seinem Krieg gegen die Ukraine überraschend eine Feuerpause für Ostern ausgerufen. Putin hatte sich zuvor mit Generalstabschef Valeri Gerassimow getroffen und über die Lage an der Front informieren lassen. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, die Waffenruhe werde von den russischen Truppen unter der Bedingung eingehalten, dass sich auch die ukrainischen Streitkräfte daran hielten.
Selenskyj reagiert skeptisch auf Putins Oster-Feuerpause
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte zunächst skeptisch - und verwies auf laufende Angriffe Russlands. „Was den neuen Versuch Putins betrifft, mit Menschenleben zu spielen, so erklingt gerade in vielen Teilen der Ukraine der Luftalarm“, schrieb Selenskyj auf der Plattform X. 45 Minuten vor Inkrafttreten der Feuerpause seien russische Kampfdrohnen am Himmel über der Ukraine gesichtet worden. Die Flugabwehr habe bereits das Feuer eröffnet. „Shahed-Drohnen an unserem Himmel entlarven Putins wahre Einstellung zu Ostern und zu Menschenleben“, kritisierte Selenskyj.
Auch Außenminister Andrij Sybiha äußerte sich kritisch. Er erinnerte in einem Beitrag auf der Plattform X daran, dass die Ukraine bei Friedenssondierungen Anfang März in Dschidda dem US-Vorschlag einer 30-tägigen Feuerpause zugestimmt habe. Allerdings habe Russland abgelehnt und stattdessen eine Reihe von Vorbedingungen gestellt. „30 Stunden statt 30 Tage“, fasste Sybiha das Angebot Putins zusammen. „Wir wissen, dass wir seinen Worten nicht trauen können und dass wir die Taten betrachten, und nicht die Worte.“
Der Kreml teilte nach einem Treffen Putins mit Generalstabschef Waleri Gerassimow mit, die russische Seite werde alle Feindseligkeiten von 18.00 Uhr Moskauer Zeit (17.00 Uhr MESZ) am 19. April bis 00.00 Uhr (Moskauer Zeit) am 21. April einstellen. Gleichzeitig wünschte Putin allen russischen Kämpfern an den Fronten in der Ukraine ein frohes Osterfest. Das Osterfest der Orthodoxen Kirche fällt dieses Jahr mit dem Osterfest der Katholischen und Evangelischen Kirche zusammen.
Hintergründe der Entscheidung unklar
Es blieb zunächst unklar, ob die Ukraine das Feuer über Ostern ebenfalls einstellen würde. Putin sagte laut Tass, er hoffe, dass die Ukraine dem Beispiel folge und ebenfalls das Feuer einstelle. „Die Reaktion der Ukraine wird zeigen, wie ernsthaft sie bereit und in der Lage ist, an Friedensgesprächen teilzunehmen“, so Putin demnach.
Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass die Waffenruhe aus humanitären Gründen eingeführt werde. Die Hintergründe dieser Entscheidung waren zunächst unklar.
Zuletzt hatte Washington den Druck auf die Kriegsparteien erhöht, der baldigen Aufnahme von Friedensgesprächen zuzustimmen. US-Präsident Donald Trump hat klargemacht, dass er schnelle Fortschritte sehen will, damit der Krieg in der Ukraine schließlich endet - andernfalls könnte seine Regierung ihre Bemühungen einstellen. Er wolle „sehr bald“ eine Einigung sehen, sagte Trump im Weißen Haus. Wie viele Tage damit gemeint seien, konkretisierte er nicht.
Der US-Präsident betonte, dass er bei mangelnder Kompromissbereitschaft beider Seiten kein Interesse an einer Fortsetzung seiner Vermittlungsbemühungen habe. „Wenn nun aus irgendeinem Grund eine der beiden Parteien es sehr schwierig macht, werden wir einfach sagen: Ihr seid dumm. Ihr seid Dummköpfe, ihr seid schreckliche Menschen, und wir werden es einfach lassen“, sagte er. „Aber hoffentlich werden wir das nicht tun müssen.“
Raketenalarm in der Ukraine
Die russischen Streitkräfte hatten in den vergangenen Monaten ihre Gebietseroberungen im Osten der Ukraine langsam und unter hohen Verlusten ausgebaut. Putin stellte laut Staatsagentur Tass die Entwicklung so dar: „Die Lage an der Kontaktlinie ist klar und entwickelt sich in einer für uns günstigen Weise“, sagte er demnach. „Die russischen Truppen rücken Schritt für Schritt und zuversichtlich vor.“
Zeitgleich mit der Ankündigung der Feuerpause durch Putin wurde in der ukrainischen Hauptstadt Kiew Alarm vor einem möglichen Raketenangriff ausgelöst. Zugleich nahm die Flugabwehr russische Drohnen unter Beschuss, wie Bürgermeister Vitali Klitschko auf Telegram mitteilte.
In der südukrainischen Stadt Cherson schlug eine Drohne in einem mehrstöckigen Wohngebäude ein. Unklar war, ob dies vor oder nach Inkrafttreten der von Moskau angeordneten Feuerpause geschehen war. Auf einem Foto, das Selenskyjs Berater Andrij Jermak auf X veröffentlichte, war ein brennendes Gebäude zu sehen. „Die Russen greifen weiterhin Zivilisten in Cherson an“, kommentierte er.
Russen und Ukrainer tauschen Gefangene aus
Russland und die Ukraine tauschten am Karsamstag erneut Kriegsgefangene aus. Jeweils 246 russische und ukrainische Soldaten kehrten an einem nicht näher beschriebenen Ort an der Grenze zu Belarus zu ihren eigenen Truppen zurück, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. „Außerdem wurden als Geste des guten Willens 31 verwundete Kriegsgefangene im Austausch gegen 15 verwundete russische Soldaten, die dringend medizinisch versorgt werden müssen, übergeben“, heißt es in der Mitteilung.
Der Austausch war von den Vereinigten Arabischen Emiraten vermittelt worden. Die Kriegsparteien haben in den mehr als drei Jahren seit Beginn der russischen Invasion mehrmals Kriegsgefangene ausgetauscht. Nach Angaben von Präsident Selenskyj konnten auf diese Weise 4.552 ukrainische Soldaten und Zivilisten nach Hause zurückkehren.