Das geplante Abkommen über die Ausbeutung ukrainischer Rohstoffe macht Menschen in der Ukraine wütend. Am Freitag, 28. Februar, wollen Wolodomyr Selenskyj und Donald Trump den Vertrag in Washington unterschreiben.
Mit einem Teddybär gedenken Menschen gefallenen Soldaten auf dem Maidan-Platz in Kiew.
Von Franz Feyder
Menschen in der Ukraine sehen den Vertrag über die Ausbeutung ukrainischer Bodenschätze skeptisch. Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj und der amerikanische Präsident Donald Trump wollen am Freitag, 28. Februar, ein solches Abkommen unterzeichnen. Eine Umfrage auf dem geschichtsträchtigen Maidan, dem Platz im Herzen der Hauptstadt Kiew, auf dem die Ukrainerinnen und Ukrainer zwei Mal für ihre Freiheit kämpften.
Oleg verkauft hier geflochtene blau-gelbe Armbänder – an der Stelle, an der mit einem Fahnenmeer der Toten des jetzt elf Jahre andauernden Krieges gedacht wird. Mit dem Erlös sollen Krankenhäuser unterstützt werden, in denen verwundete Soldaten versorgt werden. „Was da geschieht ist schrecklich“, sagt der 43 Jahre alte Veteran, der im vergangenen Jahr selbst schwer bei Gefechten im Süden des Landes verwundet wurde.
„Schau, hier schlägt das Herz meiner Kameraden weiter, die unseren Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung mit ihrem Leben bezahlt haben. Jetzt zwingt uns der Populist Trump in einen Vertrag, mit dem die USA an unserem Leid Geld verdienen. Das ist schändlich! Wer ist in der Ukraine und gehört hier nicht hin. Putin! Er soll für alles bezahlen, was er uns genommen und zerstört hat.“ Wütend mache ihn auch, dass Selenskyj in die USA fliege, um den Vertrag zu unterschreiben. „Trump will etwas von uns. Dann soll er gefälligst auch herkommen. Mal schauen, ob sein Freund Putin dann auch Bomben abwirft, wenn Trump hier ist.“
Okasana ist Rettungssanitäterin. Die 27-Jährige kommt oft zum Gedenken an ihre Freunde auf den Maidan. „In Washington werden meine Generation und die, die nach uns kommen, verraten“, sagt sie. Der Vertrag mache sie sprachlos. „All die Leben, die wir Ukrainer für die Freiheit einer auf Werten aufgebauten Gemeinschaft gegeben haben, zählen nichts mehr. Alleine Geld zählt. Trump verkauft gerade alle Werte, die Europa und die USA charakterisiert haben. Und wir werden dafür auf unabsehbare Zeit mit den Schätzen unseres Landes zusätzlich bezahlen.“
Viktoria kann das Abkommen noch nicht abschließend bewerten: „Es ist eigentlich ja nur eine Absichtserklärung. Wie und zu welchen Bedingungen die Rohstoffe ausgebeutet werden, wird ja noch im Detail verhandelt“, sagt die 41 Jahre alte Postangestellte. „Aber jetzt schon stellt sich die Frage: Was wird am Ende wirklich in der Ukraine ankommen, wo wir jeden Euro, jeden Dollar brauchen, um das Land wieder aufzubauen, dass die Russen zerstören. Jede Nacht greifen sie an, letzte Nacht besonders schlimm.“
Bilanz einer Nacht: 166 Drohnen und Bomben, acht Tote, 15 Verletzte
In der Nacht zum Donnerstag griffen russische Soldaten die Ukraine mit 166 Drohnen und Bombern an. In Kiew war vor allem die Innenstadt Ziel der Angriffe. Stundenlang war in der Stadt Flugabwehrfeuer zu hören. Über Kiew wurden offenbar alle Flugkörper zerstört, ohne Schäden anzurichten. In der Region Dnipro wurden ein 70-jähriger Mann und eine 78 Jahre alte Frau schwer verletzt, in Raum Doneszk wurden sieben Menschen getötet, elf verletzt. Ein weiterer Mensch starb in der Region Cherson, zwei wurden verletzt.
Die 19 Jahre alte Sophia ist „erschüttert, dass so etwas wie dieser Vertrag in einer demokratischen Welt überhaupt möglich ist. Hier sterben täglich Menschen, im Süden meiner Heimat hungern viele. Sie haben bei minus 15, minus 20 Grad keinen Strom, kein fließendes Wasser. Andere werde verletzt. Wie viel müssen wir denn noch geben, damit der Westen versteht, dass wir hier für euch sterben? In so einer Situation denkt ein Mann, der zufällig zu den mächtigsten der Welt gehört, an seinen Profit. Und reißt sich die Schätze meiner Heimat für Generationen unter den Nagel, statt eine Ukraine an der Seite der USA und Europas wieder aufzubauen“, erzürnt sich die Studentin der Sozialwissenschaften.
„Das hat mit Menschlichkeit nicht mehr zu tun“
Formaida studiert an der Universität von Kiew Musik. „Ich verliere langsam aber jeden Tag mehr die Hoffnung und das Vertrauen in die Zukunft der Ukraine und meine eigene“, sagt die 21-Jährige. „Trump disqualifiziert sich täglich, auch nur über die Ukraine nachzudenken: Er dichtet uns eine Mitschuld daran an, dass Putin vor elf Jahren uns überfallen hat. Als hätten wir darum gebeten, dass bei uns Menschen getötet, gefoltert, Frauen vergewaltigt und Kinder verschleppt werden. Trump, ein Mann, der nicht einmal weiß, wann unsere Verfassung uns Wahlen erlaubt und wie wir überhaupt gewählt haben. Dieser Mann hat in diesem Augenblick seinen und den Vorteil der USA im Blick. Das ist beschämend, das hat mit Menschlichkeit nichts mehr zu tun.“
Von 31 Befragten hat keiner dem geplanten Abkommen etwas Positives abgewonnen. Die Menschen stehen im ablehnend gegenüber, in vielen löst der Vertrag Wut aus.