USA und Ukraine

Was genau steht in dem Vertrag von Trump und Selenskyj?

Der Rohstoffvertrag zwischen Kiew und Washington geht von einem Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union aus, sieht keinerlei Sicherheitsgarantien der USA für das kriegsgeschundene Land vor und bleibt bei konkreten Finanzfragen sehr vage.

Was genau steht in dem Vertrag von Trump und Selenskyj?

Kritischer Blick: Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj und der Amerikaner Donald Trump bei einem Treffen im September 2024 in New York

Von Franz Feyder

Vier Seiten ist der Entwurf des Vertrages lang, den US-Präsident Donald Trump mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodomyr Selenskyj an diesem Freitag in Washington unterzeichnen will. Überschrieben ist das Dokument mit der harmlosen Überschrift „Bilaterales Abkommen für allgemeine Geschäftsbedingen für einen Wiederaufbau-Investmentfonds“. Der Vertragsentwurf liegt unserer Redaktion vor. Dies sind die wichtigsten Inhalte:

Welchem Zweck soll das Abkommen dienen?

Der Fonds soll mit Geldern bestückt werden, die aus dem Verkauf der natürlichen Ressourcen der Ukraine, inklusive der begehrten Seltenen Erden, stammen. Dabei soll es gleichgültig sein, ob sich die Rohstoffe „sich direkt oder indirekt im Besitz der ukrainischen Regierung befinden. Das Kapital soll in den Wiederaufbau der kriegszerstörten Ukraine fließen.

Wie soll der Fond strukturiert sein und verwaltet werden?

Der Fonds soll von einer Verwaltungsgesellschaft gemanagt werden, die von „Vertretern der Regierung der Ukraine und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika verwaltet“ wird Die US-Regierung soll höchstens einen bestimmten Prozentsatz des Eigenkapitals und der finanziellen Beteiligungen des Fonds halten dürfen. Ihre Befugnisse dürfen nur so weit gehen, wie es nach „dem geltenden Recht der USA zulässig“ ist. Unklar bleibt, ob damit das zur Zeit des Vertragsschlusses geltende Recht oder aber auch das zum Streitzeitpunkt geltende Recht gemeint ist.

Was verkauft die Ukraine mit dem Vertrag?

Die Ukraine soll einen „einen Beitrag zum Fonds in Höhe von 50 Prozent aller Einnahmen aus der künftigen Monetarisierung aller relevanten ukrainischen Rohstoffvorkommen“ leisten. Damit seien „Vorkommen von Mineralien, Kohlenwasserstoffen, Erdöl, Erdgas und anderen abbaubaren Stoffen sowie sonstige für Rohstoffvorkommen relevante Infrastrukturen (z. B. Flüssigerdgas-Terminals und Hafeninfrastrukturen) gemeint. Die aktuell schon von der Ukraine aus der Förderung ihrer Rohstoffe gewonnenen Erträge seien davon ausgeschlossen.

Was bieten die USA im Gegenzug dafür an?

Im Gegenzug wollen die USA „ein langfristiges finanzielles Engagement für die Entwicklung einer stabilen und wirtschaftlich prosperierenden Ukraine aufrechterhalten“. Die Teilnehmer an dem Fond wollen „sich das Recht vorbehalten, die Maßnahmen zu ergreifen, die zum Schutz und zur Maximierung des Wertes ihrer wirtschaftlichen Interessen an dem Fonds erforderlich sind“.

Was sagt der Vertrag über einen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union?

Klar scheint für die USA ein Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union zu sein. Unter Punkt 6 des Vertrages heißt es, dass die USA und die Ukraine bestrebt sein werden, „Konflikte mit den Verpflichtungen der Ukraine aus ihrem Beitritt zur Europäischen Union oder ihren Verpflichtungen aus Vereinbarungen mit internationalen Finanzinstitutionen und anderen offiziellen Gläubigern zu vermeiden“.

Wer verhandelt die Details des Abkommens?

Der genaue Text des Fondsabkommens soll „unverzüglich von Arbeitsgruppen unter dem Vorsitz von bevollmächtigten Vertretern der Regierung der Ukraine und der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ausgearbeitet“ werden. Zuständig sollen die Finanzministerien beider Länder sein.

Was sagt der Vertrag über Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine?

In dem Vertrag gibt es keinerlei Versprechen auf amerikanische Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Die US-Regierung gibt nur das Zusage, dass sie „Bemühungen der Ukraine“ unterstützen will, „die für einen dauerhaften Frieden erforderlichen Sicherheitsgarantien zu erhalten“. In der Präambel des Vertrags erkennen die USA noch einmal ausdrücklich den „Beitrag an, den die Ukraine zur Stärkung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit durch den freiwilligen Verzicht auf das drittgrößte Kernwaffenarsenal der Welt geleistet hat“. Im sogenannten Budapester Memorandum von 1992 hatte sich die Ukraine verpflichtet, im Gegenzug für Sicherheitsgarantien des Westens und Russlands seine Atomwaffen abzugeben.

Was sagt der Vertrag zur Kriegsschuld Russlands?

In den letzten Tagen hatte Donald Trump immer wieder der Ukraine selbst eine Schuld am Krieg mit Russland gegeben und in den Vereinten Nationen eine ausdrückliche Kennzeichnung von Russland als „Aggressor“ abgelehnt. Würde der US-Präsident die bisher vorliegende Fassung des Rohstoff-Vertrags unterschreiben, wäre darin aber eine ganz andere Akzentsetzung. Im allerersten Satz des Vertrags wird von einer „groß angelegten Invasion“ der Ukraine im Februar 2022 durch Russland gesprochen. Und im zweiten Satz wird der Wunsch des amerikanischen Volkes unterstrichen, dass es eine „freie, souveräne und sichere Ukraine“ gibt.