Aktuell ist die Debatte um eine mögliche Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine erneut entbrannt, aber was macht den Taurus so besonders?
Der Taurus ist einer der präzisesten und weitreichendsten Marschflugkörper der Welt. Warum er so besonders ist – jetzt mehr erfahren.
Von Matthias Kemter
Die Debatte um den Marschflugkörper Taurus hat aktuell wieder neuen Auftrieb erhalten – ausgelöst durch den Vorstoß des designierten Bundeskanzlers Friedrich Merz. Er zeigt sich offen für eine Lieferung an die Ukraine und widerspricht damit der bisherigen Haltung von Olaf Scholz, der eine Lieferung mit Verweis auf das Risiko einer deutschen Kriegsbeteiligung ablehnt. Für die Ukraine ist der Taurus von strategischem Interesse.
Über 500 Kilometer Reichweite – und dabei kaum zu orten
Der Taurus ist ein sogenannter abstandswaffenfähiger Marschflugkörper, der aus Kampfjets wie dem Tornado oder Eurofighter gestartet wird. Dank seines eigenen Triebwerks erreicht er eine Reichweite von über 500 Kilometern. Dadurch muss das Trägerflugzeug den gegnerischen Luftraum nicht einmal betreten – ein entscheidender Vorteil für die Überlebensfähigkeit von Pilot und Maschine.
Seine Flugbahn verläuft im autonomen Tiefflug unter 50 Metern Flughöhe. Unterstützt durch ein hochentwickeltes Navigationssystem – bestehend aus GPS, Trägheitsnavigation, Geländereferenznavigation (TRN) und bildgestützter Navigation (IBN) – bleibt der Taurus für feindliche Radarsysteme nahezu unsichtbar.
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Präzision durch Hightech-Navigation
Die Kombination aus mehreren redundanten Navigationssystemen erlaubt es dem Taurus, auch unter GPS-Ausfall präzise Ziele anzufliegen. Der infrarotbasierte Suchkopf gleicht während des Flugs reale Landschaftsmerkmale mit gespeicherten Geländedaten ab – sogar in bergigem Gelände. Damit kann der Flugkörper komplexe Routen planen und flexibel auf Geländegegebenheiten reagieren.
Durchschlagskraft gegen hochgeschützte Ziele
Das Herzstück des Taurus ist sein zweistufiger Tandem-Gefechtskopf MEPHISTO (Multi-Effect Penetrator Highly Sophisticated and Target Optimized). Dieser besteht aus einer Vorhohlladung und einem Penetrator mit einem intelligenten Zünder (PIMPF). Bei einem Angriff durchschlägt die Vorhohlladung zunächst die Außenwand eines Ziels – etwa eines Bunkers – und schafft so eine Öffnung, durch die der Penetrator ins Ziel eindringt und dort in einer vorher bestimmten Etage detoniert. Diese Fähigkeit zur zielgerichteten Wirkung innerhalb mehrstöckiger Strukturen hebt den Taurus deutlich von anderen Systemen ab. Auch sogenannte Air-Burst- oder Flächenangriffe sind möglich, was den Taurus zu einer vielseitig einsetzbaren Waffe gegen eine breite Palette von Zielen macht.
Modulares Design und zukunftsfähige Plattformintegration
Der Taurus ist modular aufgebaut. Dadurch lässt er sich nicht nur an verschiedene Trägerflugzeuge anpassen – etwa den Tornado, Eurofighter, F-15 oder Gripen –, sondern ist auch auf zukünftige Upgrades vorbereitet. Eine Integration in die F/A-18 Super Hornet ist laut Hersteller ebenfalls problemlos möglich. Aktuell wird an Verbesserungen wie einem modernisierten Infrarotsuchkopf und digitalen Bildverarbeitungssystemen gearbeitet, die eine noch höhere Autonomie und Zielerkennung ermöglichen sollen. Auch Selbstschutzmaßnahmen wie Flares oder elektronische Gegenmaßnahmen könnten künftig eingebaut werden.