Urteil gegen Letzte Generation

Wer nicht mehr klebt, muss auch nicht sitzen

Ein Heilbronner Urteil gegen Klimakleber hat im vergangenen Jahr bundesweit Aufsehen erregt. Im Berufungsprozess fällt es nun deutlich milder aus. Aber die Aktivisten haben noch ein ganz anderes Problem.

Was bleibt vom Klimaprotest? Handabdrücke und leere Taschen

© dpa/Paul Zinken

Was bleibt vom Klimaprotest? Handabdrücke und leere Taschen

Von Eberhard Wein

Es bleibt bei Haftstrafen, diesmal werden sie aber zur Bewährung ausgesetzt. Das Landgericht Heilbronn hat zwei Aktivisten der Letzten Generation wegen der Teilnahme an zwei Straßenblockaden vor anderthalb Jahren zu drei beziehungsweise vier Monaten Haft verurteilt. Zwei weitere Demonstranten erhielten Geldstrafen zu 90 und 80 Tagessätzen, zwei Teilnehmer wurden lediglich verwarnt. Hier behielt sich die Kammer eine Verurteilung zu Geldstrafen in Höhe von 40 Tagessätzen vor.

Alle sechs Aktivisten waren im vergangenen Jahr bei zwei Schnellverfahren am Heilbronner Amtsgericht zu deutlich härteren Strafen verurteilt worden. Die damaligen Urteile hatten deutschlandweit für Aufsehen gesorgt, weil dabei erstmals Klimakleber Haftstrafen ohne Bewährung erhielten. Die damalige Richterin rechtfertigte dies mit der fehlenden Einsicht der Angeklagten. Sie hatten vor Gericht erklärt, trotz ihrer Verurteilung weiter an Straßenblockaden teilnehmen zu wollen. Beim ersten Prozess hatten sie sich sogar direkt nach der Urteilsverkündung wieder auf die Straße geklebt.

Engagement führt in die Pleite

Inzwischen hat die Letzte Generation offiziell ein Ende der Straßenklebeaktionen verkündet. Auch die Angeklagten gaben vor Gericht an, nicht mehr von dieser Aktionsform überzeugt zu sein. Bei den beiden Hauptangeklagten seien laut Landgericht mildere Urteile wegen der Vielzahl an einschlägigen Vorstrafen jedoch nicht möglich gewesen. Im Unterschied zu ihren Mitangeklagten, die nur in Heilbronn auf der Straße saßen, hatten sie an einer Vielzahl von Aktionen im ganzen Land teilgenommen.

Ihr zweifelhaftes Engagement trieb die beiden dabei auch in die Pleite. Wegen vieler Geldstrafen und Regressforderungen mussten sie bereits eidesstattliche Versicherungen über ihre Zahlungsunfähigkeit abgeben. Weitere Geldstrafen hätten die beiden jungen Männer, die noch bei ihren Eltern leben, vor diesem Hintergrund wohl auch nicht unbedingt spürbar getroffen.

Das Landgericht blieb mit seinem Schuldspruch allerdings deutlich hinter den Anträgen der Staatsanwaltschaft zurück. Sie hatte für die beiden Männer fünf beziehungsweise zehn Monate Haft gefordert und dabei keine Strafaussetzung beantragt. Auch für die anderen Angeklagten, darunter eine 56-jährige Palliativkrankenschwester, ein 58-jähriger Schwerbehindertenbeauftragter und eine 68-jährige Rentnerin, verlangte die Anklagevertretung deutlich höhere Strafen. Die Verteidiger hatten derweil gehofft, für alle Angeklagten Haft vermeiden zu können. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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Erstellt:
9. Oktober 2024, 18:07 Uhr

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