Das Projekt 25 – Vermächtnis eines Freunds

Emre Polat möchte Menschen unterstützen, die mit einer Krebserkrankung konfrontiert sind, und bietet in seinem Murrhardter Fitnessstudio Asahi für 25 Betroffene ein kostenloses Training an.

Ann-Kathrin Kiefer und Emre Polat im Fitnessstudio Asahi. Foto: Christine Schick

© Christine Schick

Ann-Kathrin Kiefer und Emre Polat im Fitnessstudio Asahi. Foto: Christine Schick

Von Christine Schick

Murrhardt. „Fight Cancer (Kampf gegen den Krebs) – Training schenken. 25 Leben stärken“ ist ein Herzensprojekt von Emre Polat. Hinter dem „Projekt25“, wie er es im Team und engeren Kreis oft nennt, steht eine persönliche Geschichte. Als dem jüngeren Bruder eines Freundes, Tugay Vona, Schmerzen in der Schulter und im Handgelenk zu schaffen machten, dachte wohl noch niemand an eine lebensgefährliche Erkrankung. Tugay Vona war als Vorstandsvorsitzender und Fußballspieler des TSC Murrhardt aktiv. „Es gab die Überlegung, ob es eventuell Rheuma sein könnte, doch dann wurde eine bösartige Krebsart bei ihm festgestellt“, erzählt Emre Polat.

Die ansteckende Haltung des Freundes

Nach einer ersten Chemotherapie durfte Tugay Vona wieder Sport treiben und so bot Polat ihm an, gemeinsam in seinem Fitnessstudio zu trainieren. „Es hat ihm Spaß gemacht und Kraft gegeben“, sagt der 30-Jährige und meint dabei Körper und Seele. Doch die zurückkehrenden Schmerzen zwangen ihn zum Abbruch. Es folgten weitere chemotherapeutische Behandlungen. Tugay Vona verlor den Kampf gegen den Krebs. „Er ist im Mai vergangenen Jahres mit 25 Jahren gestorben.“ Die Erinnerung an ihn ist wach. „Er ist sehr offen mit seiner Erkrankung umgegangen, es war ihm ein Anliegen, andere Menschen mit Krebs zu unterstützen“, erzählt Polat. „Er hat sie motiviert, hat gesagt, ihr dürft traurig sein, aber nicht aufgeben.“

Diese Haltung hat den 30-Jährigen angesteckt. „Meine Frau und ich hatten dann die Idee mit dem Projekt“, sagt er. Nachdem der TSC an Tugay Vona und den ebenfalls verstorbenen Murat Yildiz als engagierte Sportler auf seine Weise erinnert hatte – die Spieler widmeten ihnen den Titelkampf und Meisterschaftsgewinn (wir berichteten im Sport) –, sollte ein Jahr nach dem Tod des Freundes das Projekt beginnen: das Angebot für 25 Menschen, die mit einer Krebserkrankung zurechtkommen müssen und wieder Sport treiben können, im Studio kostenlos zu trainieren und Kurse zu besuchen.

Die Voraussetzung dafür ist, dass die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt grünes Licht gibt. Die Betreuung, die damit verbunden ist, unterscheidet sich nicht grundlegend von der anderer Besucherinnen und Besucher. Am Anfang stehen ein 3-D-Körperscan mit einer Reihe von Maßen sowie ein Anamnesebogen und ein daraus abgeleiteter Trainingsplan, der in seinen Zielen in Abständen immer wieder überprüft wird. Menschen mit einer Krebserkrankung sollten nicht anders behandelt werden und in der gewohnten Umgebung sein können, sagt Emre Polat und dass er eine Betreuung in einer Rehaklinik fernab vom familiären, freundschaftlichen Umfeld für die Betroffenen eher für belastend hält.

Ann-Kathrin Kiefer nutzt das Angebot

Nach dem Start des Projekts Ende Juni werden bisher vier Personen begleitet und trainieren im Studio. Eine von ihnen ist Ann-Kathrin Kiefer aus Murrhardt. Sie hat ein körperlich und seelisch hartes Jahr hinter sich. Nach der Diagnose einer aggressiven Brustkrebsart folgten Chemotherapie und Operation. „Ich bin eigentlich ein energiegeladener Mensch“, sagt sie, aber die Behandlungen, insbesondere die Chemotherapie, bedeuteten Schmerzen und Abgeschlagenheit. Hinzu kommen die Gefahr von Infektionen wegen des geschwächten Immunsystems und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen, die einen isolieren können. Ann-Kathrin Kiefer beschreibt, wie sich ihr Körpergefühl gewandelt und ihr ein Stück weit abhandengekommen ist. Dem wollte sie etwas entgegensetzen, sprach mit ihrem Mann darüber. Krankengymnastik und Rehasport seien aber erst nach Abschluss der Chemotherapie möglich, erzählt sie. Als sie dann vom Projekt „Fight Cancer“ des Fitnessklubs Asahi las, war sie sehr angetan und nahm Kontakt auf.

Seit zwei Wochen ist die 31-Jährige nun mit von der Partie. „Die Ärzte haben gesagt, es spricht nichts dagegen“, sagt sie. Noch läuft die Chemotherapie weiter und die unmittelbare Zeit nach einer jeweiligen Gabe pausiert Ann-Katrin Kiefer, nutzt aber die Abstände dazwischen. Sie hat seit Längerem wieder gespürt, wie sich Muskelkater anfühlt, und es sehr genossen, ehemalige Arbeitskolleginnen bei einem Faszienkurs zu treffen. „Wir standen danach noch zusammen, haben einfach geredet. Das war so ein heimeliges Gefühl, hier zu sein.“ Zwar gibt es auch Phasen, die nicht so gut seien – kurz nach der Chemo –, wo sie sich motivieren muss, zu trainieren. Die Kondition und Konzentration könnten dann besser sein, aber sie ist dankbar für das Angebot. Und die 31-Jährige schätzt es, dass Krebs im Studio kein Tabuthema ist.

Kontakt Weitere Infos zum Projekt finden sich auf https://asahi.fitness (News). Wer Fragen hat, kann sich unter der Telefonnummer 07192/6495 oder per E-Mail an kontakt@fitnessclub-asahi.de melden.

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Erstellt:
17. Juli 2023, 06:00 Uhr

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