Grundschultiere und Netzwerkchancen
Hase, Rabe, Fuchs und Co. sind als Mottotiere alltägliche Begleiter an der Walterich- und Herzog-Christoph-Schule. Graffitikünstler Richard Koch hat die 13 Mitgeschöpfe für die Kinder auf Holzbildtafeln gebannt. Das Projekt ist im Rahmen der Arbeit des Kinderbildungszentrums entstanden.

© Stefan Bossow
Vertreterinnen und Vertreter des Kinderbildungszentrums und seiner Partner (von links): Carsten Gehring, Rektor der Herzog-Christoph-Schule, Walterichschullehrerin Melanie Mayer, Bürgermeister Armin Mößner, Graffitikünstler Richard Koch, Iwona Kolodziejczyk von der Kernzeitenbetreuung, Silvia Mörsel, stellvertretende Leiterin des Stadthallenkindergartens, Svenja Kaufmann, Lehrerin an der Herzog-Christoph-Schule, Kibiz-Fachberaterin Rebecca Rieger, Schulsozialarbeiterin Margit Körner, Walterichschulrektorin Martina Mayer und Schulsozialarbeiter Achim Strack vor dem Hasen-Klassentierdoppelbild. Foto: Stefan Bossow
Von Christine Schick
Murrhardt. Nach und nach wandern die Porträts der kleineren und größeren Tiere in die Räume der Schulsozialarbeit. Graffitikünstler Richard Koch und Schulsozialarbeiter Achim Strack bringen die Tafeln nach drinnen, auf denen sich beispielsweise Fuchs, Hase, Rabe oder Ameise mit den feschen Graffitischriftzügen der jeweiligen Tiernamen präsentieren. Sie sind für die jüngeren Kinder an der Walterich- und Herzog-Christoph-Schule bestimmt. „Es gibt bei uns Naturparktiere“, erklärt Melanie Mayer, Lehrerin an der Walterichschule, die auch Naturparkschule ist. Wenn die Mädchen und Jungen eingeschult werden, haben die Mitgeschöpfe einen klaren Auftrag in Sachen Begleitung und Orientierung – jede Klasse hat ihr Mottotier. Wer also zu den Füchsen oder Ameisen gehört, weiß, wo er nach einer klassenübergreifenden Veranstaltung hinmuss und die Klasse bekommt mit den Tieren ein freundliches Identifikationsangebot. „Es ist für die Kinder klar, sie als Gruppe sind beispielsweise die Hasen.“
Bunte, pfiffige Tierbilder für die Kinder
Ob Langohr oder Krabbler – Richard Koch hat die insgesamt 13 Tiere als bunte, pfiffige Konterfeis auf je zwei Holztafeln gebannt, die unter anderem für die Klassenzimmer bestimmt sind und sich bei einem Umzug auch unkompliziert mitnehmen, ab- und wieder aufhängen lassen. Der Künstler hat schon Projekte mit der Schulsozialarbeit wie einen Graffitiworkshop auf die Beine gestellt und so bot sich ein Brückenschlag für das Abschlussprojekt an, das im Rahmen der Arbeit des Kinderbildungszentrums, kurz Kibiz, entstanden ist. Das Kibiz in Murrhardt war für anderthalb Jahre vom Land gefördert worden; begleitet und mit den Partnern umgesetzt haben das Modellprojekt in der Zeit bis Ende 2022 Fachberaterin Rebecca Rieger und Projektmanager Michael Zondler (wir berichteten). Zur Erinnerung: Ziel der Arbeit war beziehungsweise ist es, Kindergärten und Grundschulen dabei zu unterstützen, noch intensiver und besser zusammenzuarbeiten und über die engere Abstimmung der verschiedenen Fachkräfte die Bildungschancen der kleinen Leute zu verbessern. Dazu gehört, die Mädchen und Jungen in ihrer Entwicklung individuell und möglichst kontinuierlich zu begleiten sowie den Übergang von Kindergarten oder Kindertagesstätte in die Schule zu erleichtern. Ein zentrales Element dabei ist das Angebot jahrgangs- und institutionsübergreifender Spiel- und Lernsituationen.
Teambildung und gegenseitige Hilfe
Am Nachmittag trifft sich eine ganze Reihe der Vertreterinnen und Vertreter, die im Rahmen des Kinderbildungszentrums zusammengearbeitet haben. Im Zentrum standen von Anfang an die Walterichgrundschule, das sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum der Herzog-Christoph-Schule sowie der Stadthallenkindergarten als Partner, hinzu kamen weitere wie die Kernzeitenbetreuung und die Schulsozialarbeit der beiden Schulen. „Über das Kibiz ist ein guter Austausch untereinander entstanden, man hat sich einfach besser kennengelernt und ist als Team zusammengewachsen“, sagt Melanie Mayer. „Im Alltag ist man oft als Einzelkämpfer unterwegs und die Gespräche miteinander entlasten.“ Über die räumliche Nähe und alltägliche Anknüpfungspunkte ergeben sich wiederum Themen und Ideen für die gemeinsame Arbeit, erläutert Svenja Kaufmann, Lehrerin an der Herzog-Christoph-Schule. Diese Nähe ist ein Pfund, mit dem das Projekt in Bezug auf die Kinder wuchern konnte und sollte. Bei den Angeboten ging es immer wieder darum, Begegnungen der Mädchen und Jungen im Kindergarten und in den Schulen zu ermöglichen, um Brücken für den späteren Übergang zu schaffen. Ein Beispiel dafür ist der Forschertag, bei dem nicht nur Kindergartenkinder und Grundschüler gemeinsam bei einem Aktionstag rund um das Thema „Geheimnisvolles Erdreich – die Welt unter unseren Füßen“ experimentieren konnten, sondern auch die Oberstufe der Herzog-Christoph-Schule an den Stationen die Betreuung übernommen hat.
Aktivitäten und Bildungsimpulse
Rebecca Rieger fällt noch eine ganze Reihe weiterer Angebote ein, die mit Michael Zondler und den Partnern ermöglicht wurden: die Projektwoche Bauernhof mit Ausflug auf den Wacholderhof, der Wiesentag, die Gestaltung eines Osterwegs oder Wasserspiele im Sommer als Kennlernevent mit der Kernzeitenbetreuung. „Wir haben auch Schwimmkurse anbieten können. Das ist wichtig“, sagt sie angesichts der Tatsache, dass es immer wieder Fälle von Kindern gibt, die ertrinken, weil sie nicht schwimmen können. Bewegung und Konzentration spielerisch verbinden konnten die kleinen Leute beim Zumba(tanz). „Rhythmik ist auch beim Spracherwerb wichtig“, erläutert Svenja Kaufmann. Für die Angebote gilt zudem: „Das Lernen soll auch Spaß machen“, sagt Rebecca Rieger.
Viel Wertschätzung für die Arbeit
In den Gesprächen der Beteiligten ist viel Wertschätzung für die Arbeit im Rahmen des Modellprojekts herauszuhören, nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des Personalmangels in Kitas und Schulen bei wachsenden Herausforderungen. Auch wenn das Projekt mit den zwei Fachkräften zum Jahreswechsel auslief, so kann es doch in – wenn auch in sehr kleinem Rahmen – fortgesetzt werden, wie Rebecca Rieger und Bürgermeister Armin Mößner berichten. Rieger tritt Anfang März die Nachfolge von Andrea Mulansky an und übernimmt die Gesamtleitung und Fachberatung der städtischen Kindergärten in Murrhardt. Über ihre Stelle ist noch in kleinerem Umfang eine Fortführung der Kibiz-Arbeit möglich, so Mößner. Was würde Rebecca Rieger gerne in diesem Rahmen weiterverfolgen? Wunschthemen sind, die Eltern und Familien noch mehr mit ins Boot zu holen und die Kooperationen beispielsweise mit der Stadtbücherei weiter auszubauen. Nachdem das Kinderschutzkonzept ausgearbeitet ist, steht außerdem noch ein Bildungskonzept an. Die Aufgaben werden nicht kleiner. Silvia Mörsel vom Kindergarten Stadthalle und Svenja Kaufmann erinnern daran: Eine Investition in Bildung und in die Kinder ist eine in die Zukunft.
Zielrichtung Das Kinderbildungszentrum Murrhardt, das von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung koordiniert und vom Landesministerium gefördert wurde, startete im Frühsommer 2021 und lief bis Ende 2022. Im Mittelpunkt standen der Aufbau eines Netzwerks der direkten und weiteren Partner sowie Angebote für die Kinder. Insgesamt hat das Land 19 Kinderbildungszentren an diversen Standorten ermöglicht. Anne Rolvering, Geschäftsführerin der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, erklärte damals: „In Kinderbildungszentren arbeiten Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte, Eltern und Kooperationspartner eng zusammen, nicht nebeneinander oder nacheinander, sondern miteinander. So entstehen ein ganzheitlicher Blick auf jedes einzelne Kind – und eine kontinuierliche Förderung von Anfang an.“
Fortführung Die Steuerung lag bei Fachberaterin Rebecca Rieger und Projektmanager Michael Zondler, die auch inhaltlich und pädagogisch unterstützten. Lehrkräfte, pädagogische Fach- und Betreuungskräfte haben die Angebote vorbereitet und gemeinsam umgesetzt. Nach Projektende kann die Arbeit ab März in kleinerem Rahmen fortgeführt werden.