„5G beeinträchtigt die Gesundheit“
Karsten vom Bruch von der Verbraucherschutzorganisation Diagnose Funk stellt in seinem Vortrag beim Murrhardter Gemeinderat Gefahren und Risiken der Mobilfunktechnologie aus seiner Sicht dar. 5-G-Gegner melden sich zu Sitzungsbeginn zu Wort.
Von Elisabeth Klaper
MURRHARDT. Die 5-G-Technologie ist umstritten und wird kontrovers diskutiert. Dies zeigte sich bereits bei mehreren Gemeinderatssitzungen. In der jüngsten trugen die Gegner ihre Argumente teils lautstark vor. „5G bedeutet die totale mobile Vernetzung aller Lebensbereiche“, die Haupttriebkräfte dafür seien Industrie, Landwirtschaft und Militär, erklärte Karsten vom Bruch in seinem Vortrag auf Einladung von Stadtverwaltung und Gemeinderat. Der 52-jährige Ingenieur und Familienvater ist seit Jahresanfang zuständig für Verbraucherschutzaufgaben bei der Umwelt- und Verbraucherschutzorganisation Diagnose Funk.
„5G wird benötigt für die Übertragung großer Datenmengen, die Vernetzung und Automatisierung der Industrie, autonomes Fahren, Telemedizin, Agrarroboter und -drohnen“, werde behauptet. „Aber das alles funktioniert schon jetzt ohne 5G, und aus Sicherheitsgründen ist diese Technologie für das autonome Fahren nicht geeignet“, erklärte vom Bruch. Drastisch verdeutlichte er dem Gremium die Risiken und Gefahren der 5-G-Technologie, auch mithilfe des Kurzfilms „Das 5-G-Massenexperiment“. Damit 5G funktioniert, zum Beispiel für das sogenannte „Internet der Dinge“, ist eine flächendeckende Vernetzung mit einer Vielzahl von Antennen erforderlich. Diese erzeugen überall hochfrequente elektromagnetische Strahlung und Felder, mit denen Mobilfunk arbeitet, so die Botschaft. Aber: „Diese können gesundheitliche Risiken bergen und sind möglicherweise krebserregend“, sagt Karsten vom Bruch. Auch hätten sensible Menschen keine Chance mehr auszuweichen. Inzwischen gebe es über 1340 wissenschaftliche Studien mit Tierversuchen über die Auswirkungen elektromagnetischer Felder, von denen knapp die Hälfte Effekte auf die Gesundheit nachweisen würden. Das Bundesamt für Strahlenschutz habe viel zu hohe Grenzwerte für Mobilfunkstrahlung festgelegt und bestreite deren gesundheitsschädliche Wirkungen. Hingegen habe die Weltgesundheitsorganisation (WHO) diese „als möglicherweise krebserregend eingestuft und zwei Krebsarten nachgewiesen – Hörnerv- und Gehirntumore“.
Zudem könne Mobilfunkstrahlung das Erbgut schädigen und Krebswachstum beschleunigen. „5G beeinträchtigt die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen“, deshalb gelte das Vorsorgeprinzip. „Um Risiken auszuschließen, muss man vorsorglich tätig werden“, forderte der Referent. Insofern „macht es Sinn, dass eine Kommune sich in die Planung des 5-G-Netzaufbaus einmischt“. Bei diesem hätten Verwaltung und Gemeinderat die Kontrolle über die Standorte der Antennen.
Der Referent kritisiert auch den mit der Technik verbundenen enormen Ressourcen- und Energieverbrauch.
Damit könnten sie dafür sorgen, dass es 5-G-freie Zonen auf der Gemarkung und in bewohnten Gebieten gibt. Karsten vom Bruch forderte weiter, an Schulen kein WLAN einzusetzen, dafür gebe es alternative Technologien wie optische Datenübertragung. Und in Kitas sollten keine Handys und schnurlosen Telefone verwendet werden, um eine zu hohe Strahlung zu vermeiden. Überdies sei 5G „Brandbeschleuniger des Klimawandels“ wegen des damit verbundenen enormen Ressourcen- und Energieverbrauchs. Dabei solle die Digitalisierung doch zum Energiesparen beitragen. Auch deshalb gelte es, diese kritisch zu hinterfragen und konstruktiv für eine nachhaltige Zukunft zu nutzen.
Auf Nachfragen der Fraktionssprecher Georg Devrikis (CDU/FWV), Elisabeth Zenker (SPD) und Brigitte Kübler (UL) ging der Referent kurz auf unterschiedliche gesundheitliche Symptome ein, die bei hoher Belastung durch elektromagnetische Strahlung aufträten, wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder grippeähnliche Symptome. Studien mit Menschen seien nicht möglich wegen der damit verbundenen Gefahr, es lägen nur Ergebnisse von Beobachtungen in der Nähe von Mobilfunkmasten vor. Darum könne man schlecht nachweisen, ob etwas schädlich oder unschädlich ist.
Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) fand, es sei Aufgabe der Bundespolitik, den 5-G-Netzauf- und -ausbau zu kontrollieren. Dieser sollte bundesweit einheitlich geregelt werden, auch gebe es nur so eine Chance, darauf Einfluss zu nehmen. Karsten vom Bruch widersprach: „Mobilfunkbetreiber müssen die Kommunen über den Aufbau informieren. Dadurch können sie diesen aktiv mitgestalten, denn sie haben ein Mitspracherecht. Sie können einen geeigneten Antennenstandort stellen und dessen Leistung vorschreiben. Somit ist der Betreiber verpflichtet, diesen Standort zu verwenden. Auch können Kommunen ein sogenanntes Moratorium verabschieden, also eine Meinungsbekundung, dass ihre Gemarkung ganz oder teilweise 5-G-frei bleiben soll.“
Bereits zu Beginn der Gemeinderatssitzung nutzte eine Gruppe engagierter 5-G-Gegner die Bürgeranfragen, um die nach ihrer Sicht großen Gefahren dieser Technologie zu verdeutlichen. 5G wirke auf Menschen krebserregend und schädige Pflanzen und Tiere. Deshalb forderten die Aktivisten die Stadtverwaltung und Stadträte auf, die für Kommunen bestehenden Möglichkeiten zu nutzen. Es sei wichtig, etwas gegen den Aufbau von 5-G-Netzen zu unternehmen. Nur so sei ihr Ziel einer 5-G-freien Walterichstadt zu erreichen.
Bürgermeister Armin Mößner erwiderte, dass das Bundesamt für Strahlenschutz Grenzwerte festgelegt habe. „Diese gelten bundesweit und müssen eingehalten werden.“ Zum weiteren Vorgehen kündigte er an: „Die Kommunalpolitik wird sich überlegen, wie es weitergeht – oder nicht.“ Bisher habe der Gemeinderat keinen Beschluss zu 5G gefasst, weder dafür noch dagegen. Auch riet er den Aktivisten, sich direkt an die Telekommunikationsunternehmen und Mobilfunkbetreiber zu wenden, da die Stadt nichts über Nutzen und Auswirkungen von 5G sagen könne. Diese Unternehmen „haben einen Versorgungsauftrag, denn der 5-G-Netzausbau ist erklärtes Ziel des Bundes“. Darum forderte er die 5-G-Gegner auf: „Wenden Sie sich an die Volksvertreter und die zuständigen Stellen.“ Auf weitere Wortmeldungen hin stellte Mößner klar: „Für ein 5-G-freies Murrhardt kann und werde ich Sie nicht unterstützen.“ Nach einer konkreten Frage zur Glasfaseranbindung versicherte er, dass Glasfaserleitungen im Zuge des Breitbandausbaus auch in die Teilorte verlegt werden.
Ein Aktivist kritisierte die Geschäftsordnung des Gemeinderats: Er fand es bedauerlich, dass während einer Gemeinderatssitzung für die Bürger als Souverän keine direkten Fragen zu den Tagesordnungspunkten zugelassen sind. Vor allem bei kontroversen Themen sollte dies möglich sein. „Zu Beginn der Sitzung haben Bürger die Möglichkeit, im Rahmen der Bürgeranfragen ihre Anliegen vorzubringen und Fragen zu stellen, bei den Tagesordnungspunkten haben aber nur die gewählten Stadträte Rederecht“, sagte der Rathauschef.