SWR-Doku über Tübinger OB

„Phasenweise sehr ergreifend“ – wie Boris Palmer auf den Film blickt

Ein Filmemacher begleitet Boris Palmer für den SWR drei Jahre lang mit der Kamera. Am Dienstag hat der Sender zur Premiere nach Tübingen eingeladen. Wie begründet der SWR so viel Sendezeit für den Ex-Grünen?

Der Film beschäftigt sich auch mit der Frage, wie sehr Boris Palmer  von seinem Vater geprägt wurde: vom  Remstal-Rebell Helmut Palmer (hinten).

© SWR Presse/Bildkommunikation

Der Film beschäftigt sich auch mit der Frage, wie sehr Boris Palmer von seinem Vater geprägt wurde: vom Remstal-Rebell Helmut Palmer (hinten).

Von Florian Dürr

Großer Andrang am Dienstagabend vor dem Kino Museum in Tübingen: Rund 350 Zuschauerinnen und Zuschauer strömen in den Saal, um zum ersten Mal die SWR-Doku über OB Boris Palmer zu schauen – in Spielfilmlänge. Unter den Gästen sind auch Prominente wie der Musiker Dieter Thomas Kuhn, Kabarettist Christoph Sonntag oder die Ärztin und Bestseller-Autorin Lisa Federle.

Boris Palmer: „Der Film war phasenweise sehr ergreifend“

Der Protagonist des Films mit dem Titel „Der Palmer Komplex“ nimmt einen der besten Plätze in der Mitte des Kinosaals ein: Boris Palmer (parteilos), der wohl bekannteste Bürgermeister Deutschlands. Links neben ihm sitzt seine Mutter Erika, rechts der Filmemacher Frank Marten Pfeiffer, der Palmer mehr als drei Jahre immer wieder mit der Kamera begleitet hat.

„Der Film war phasenweise sehr ergreifend“, sagt Palmer nach den 90 Minuten bei der anschließenden Talkrunde auf dem Podium. Viele Szenen aus seinem Leben habe er noch im Kopf, aber „wenn man sie direkt vor sich sieht, berührt das einen schon“, sagt der Ex-Grüne über den Film, der ab sofort in der ARD Mediathek abrufbar ist und am 17. April um 20.15 Uhr im SWR ausgestrahlt wird.

Die Doku widmet sich – wie es der Sender beschreibt – „der Geschichte des Menschen, in dessen Persönlichkeit sich zentrale Konflikte unserer Zeit spiegeln: der Streit zwischen Ökonomie und Ökologie, die Auseinandersetzung um Rassismus und Wokeness, um Meinungsfreiheit und ihre Grenzen“. Boris Palmer sei „eine der umstrittensten Gestalten in der politischen Landschaft“.

Wie viel Temperament hat Palmer von seinem Vater geerbt?

Regisseur Pfeiffer erzählt im Film das politische Drama um Palmer in den vergangenen Jahren, die „Entfremdung von den Grünen“. So ist die Kamera auch hautnah mit dabei, als es Ende April 2023 zum Eklat vor einer Migrationskonferenz in Frankfurt kommt: Damals wird der Tübinger OB wegen der Verwendung des rassistischen N-Worts von Studenten mit „Nazis raus“-Rufen empfangen und lässt sich zu einem Vergleich mit dem Judenstern hinreißen.

Im Zuge des anschließenden Shitstorms zieht Palmer mit dem Austritt bei den Grünen und einer zweimonatigen Auszeit als Oberbürgermeister die Konsequenzen aus dem Eklat. Der heute 52-Jährige erklärt die Situation damals mit seinen Erinnerungen an Vater Helmut Palmer, der mit aufgenähtem Judenstern immer wieder gegen „Nazi-Justiz“ protestierte. Diese Bilder seines Vaters habe er bei der Konfrontation in Frankfurt vor Augen gehabt. Wie viel Temperament und welche Charakterzüge hat Palmer möglicherweise von seinem Vater geerbt? Auch dieser Frage geht der Film mit einigen Szenen von Auftritten des Remstal-Rebells, wie Palmer Senior genannt wurde, nach.

Palmer zu Film und Podcast: „Fast ein bisschen unangenehm“

Doch warum erhält ein einzelner Politiker so viel Sendezeit?, fragt SWR-Moderatorin Nicole Köster den SWR-Programmdirektor Clemens Bratzler. „Es geht um mehr als den Politiker Palmer“, entgegnet Bratzler. An der Person des Tübinger OB ließen sich gesellschaftliche Fragen zu polarisierenden Themen wie Political Correctness darstellen. Palmer stehe „ein Stück weit für die Gesellschaft“, so Bratzler. „Das rechtfertigt so einen Film.“

Dem Tübinger OB selbst ist der aktuelle SWR-Rummel um seine Person „fast ein bisschen unangenehm“, wie er auf dem Podium sagt. Denn erst kürzlich veröffentlichte der Sender auch einen mehrteiligen Podcast mit dem Titel „Stunk. Palmer bringt die Welt in Ordnung“. Auch darin geht es um das Auf und Ab in Palmers Karriere, unter anderem beschäftigen sich die Folgen mit der Rolle des Kommunalpolitikers bei der Schlichtung von Stuttgart 21. Von den „Palmer Festspielen“ spricht der Tübinger OB und meint mit einem Lachen: „Man will dem SWR ja nicht schaden.“

Umso beruhigter ist er, als Regisseur Pfeiffer mit einem Augenzwinkern klar macht, wie hoch die Hürde für einen weiteren Palmer-Film sei: Dann müsse er schon Bundeskanzler werden.

Der Protagonist des Films mit dem Titel „Der Palmer Komplex“ nimmt Platz neben Filmemacher Frank Marten Pfeiffer, der den Tübinger OB mehr als drei Jahre immer wieder mit der Kamera begleitet hat.

© SWR/Markus Palmer

Der Protagonist des Films mit dem Titel „Der Palmer Komplex“ nimmt Platz neben Filmemacher Frank Marten Pfeiffer, der den Tübinger OB mehr als drei Jahre immer wieder mit der Kamera begleitet hat.

In der Talkrunde nach dem Film diskutiert SWR-Moderatorin Nicole Köster (rechts) mit Sandra Müller aus dem SWR-Studio Tübingen, Rhetorik-Professor Olaf Kramer, Regisseur Frank Marten Pfeiffer und Boris Palmer (von links).

© SWR/Markus Palmer

In der Talkrunde nach dem Film diskutiert SWR-Moderatorin Nicole Köster (rechts) mit Sandra Müller aus dem SWR-Studio Tübingen, Rhetorik-Professor Olaf Kramer, Regisseur Frank Marten Pfeiffer und Boris Palmer (von links).

SWR-Moderatorin Nicole Köster interviewt Programmdirektor Clemens Bratzler vor der Premiere.

© SWR/Markus Palmer

SWR-Moderatorin Nicole Köster interviewt Programmdirektor Clemens Bratzler vor der Premiere.

Unter den Gästen am Dienstagabend im Kino Museum in  Tübingen sind auch Prominente wie  die Ärztin und Bestseller-Autorin Lisa Federle.

© SWR/Markus Palmer

Unter den Gästen am Dienstagabend im Kino Museum in Tübingen sind auch Prominente wie die Ärztin und Bestseller-Autorin Lisa Federle.

Boris Palmer (Mitte) mit seiner Mutter Erika und Kabarettist Christoph Sonntag.

© SWR/Markus Palmer

Boris Palmer (Mitte) mit seiner Mutter Erika und Kabarettist Christoph Sonntag.

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Erstellt:
9. April 2025, 12:38 Uhr
Aktualisiert:
9. April 2025, 18:13 Uhr

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