Streit im Bundestag

Abgeordnete bringen Antrag zu Schwangerschaftsabbrüchen ein – doch hat er eine Chance?

Kurz vor Ende der Legislatur wollen Abgeordnete von SPD, Grünen und Linken versuchen, Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch zu streichen. Es ist ein umkämpftes Vorhaben – und noch ist nicht sicher, wie sich FDP und Union verhalten wollen.

Aktuell sind Schwangerschaftsabbrüche unter bestimmten Bedingungen straffrei, wenn auch nicht legal.

© dpa/Hendrik Schmidt

Aktuell sind Schwangerschaftsabbrüche unter bestimmten Bedingungen straffrei, wenn auch nicht legal.

Von Rebekka Wiese

Es musste jetzt schnell gehen. Bis zum Ende der Legislatur bleiben nur noch wenige Wochen. Vor Kurzem haben nun Abgeordnete der SPD, der Grünen und der Linken einen Gruppenantrag in den Bundestag eingebracht, um ein umkämpftes Vorhaben durchzusetzen: die Rechtmäßigkeit von Schwangerschaftsabbrüchen. 236 Abgeordnete haben den Antrag unterzeichnet. Darunter ist auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).

Aktuell ist es so, dass Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch geregelt sind. Der Eingriff bleibt aber straffrei, wenn er vor der zwölften Schwangerschaftswoche erfolgt, von einem Arzt vorgenommen wurde und die Schwangere sich mindestens drei Tage zuvor beraten lassen hat. Ausnahmen gibt es außerdem, wenn es medizinische Gründe für den Abbruch gibt oder die Betroffene Opfer einer Vergewaltigung war.

Regelung bleibt fast ähnlich

Der nun eingebrachte Entwurf würde daran grundsätzlich wenig ändern. Es geht vor allem darum, dass der Eingriff nicht mehr im Strafgesetzbuch, sondern im Schwangerschaftskonfliktgesetz geregelt wird. An dem Zeitraum von zwölf Wochen würde sich nichts ändern. Auch die Beratungspflicht würde bleiben. Wegfallen würde lediglich die Wartezeit von drei Tagen, die bisher nach der Beratung eingehalten werden muss.

Der Antrag ist ein Versuch, ein Vorhaben umzusetzen, zu dem es unter der Ampelkoalition nicht mehr gekommen ist. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP geeinigt, eine Kommission zur Regelung von Schwangerschaftsabbrüchen einzusetzen. Die empfahl im Frühjahr, dass Schwangerschaftsabbrüche in den ersten zwölf Wochen rechtmäßig werden sollten. Die Ampelkoalition konnte sich allerdings nicht darauf einigen, dieser Empfehlung zu folgen. Die Fraktionen von SPD und Grünen verabschiedeten zwar eigene Beschlüsse. Die FDP-Fraktion sprach sich aber öffentlich immer wieder gegen das Vorhaben aus.

Antragsteller müssen werben

Jetzt wollen es die Abgeordneten von SPD, Grünen und Linken mit dem Antrag versuchen. Doch um ihn zu verabschieden, müsste er eine Mehrheit der Stimmen im Bundestag bekommen – also mindestens 367. Unterzeichnet haben ihn aber nur 236 Abgeordnete. Die Antragsteller müssen um Stimmen werben. Auch Abgeordnete aus Union und FDP müssten sich anschließen. SPD und Grüne klangen dabei bis vor Kurzem noch optimistisch. Doch das hat sich verändert. Sie sind sich nicht mehr sicher, ob sie genug Unterstützung bekommen werden.

Die Familienpolitikerin Franziska Krumwiede-Steiner zählt zu den Grünen, die den Antrag unterzeichnet haben und sich nun dafür im Parlament einsetzt. „Dass Schwangerschaftsabbrüche entkriminalisiert werden, ist überfällig“, sagte Krumwiede-Steiner dieser Redaktion. „Jetzt haben wir als Parlament die letzte Gelegenheit, dieses Vorhaben noch umzusetzen.“ Der fraktionsübergreifende Gesetzentwurf sei moderat und schlage eine Regelung vor, wie die Kommission es empfehle. Krumwiede-Steiner verwies auf Umfragen, laut denen mehr als 80 Prozent der Bevölkerung dieses Vorhaben befürworten. „Deshalb appelliere ich auch an die Abgeordneten von FDP und Union, sich uns anzuschließen..“

Skepsis in der FDP

Die FDP scheint sich in ihrer Position noch nicht ganz klar zu sein. Die rechtspolitische Sprecherin Katrin Helling-Plahr spricht sich schon seit Monaten gegen das Vorhaben aus. Allerdings gibt es in der Fraktion auch andere Stimmen – zumal die FDP sich als liberale Partei versteht. Doch wie viele der FDP-Abgeordneten wirklich zustimmen wollen, ist schwer vorherzusagen.

Die Union wirft SPD und Grünen vor, das Thema zur falschen Zeit aufzubringen. „Wir sind uns doch eigentlich alle einig, dass ethische Fragen wie ein Schwangerschaftsabbruch kein Wahlkampfthema sein dürfen“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Dorothee Bär, dieser Redaktion. „Diskussionen zu Fragen, die über Leben und Tod entscheiden, sind nicht ohne Grund in unserem Parlament immer Sternstunden der Demokratie und ausführliche Debatten.“ Diese gehörten aber nicht an das Ende einer zerbrochenen Regierung, so Bär.

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Erstellt:
21. November 2024, 17:10 Uhr

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