Right Livelihood Award
Alternative Nobelpreise für Hoffnungsträger in harten Zeiten
Aktivisten und Organisationen aus vier Weltregionen erhalten die Alternativen Nobelpreise. Ein palästinensischer Preisträger sendet eine klare Botschaft an Deutschland und den Rest der Welt.
Von Von Steffen Trumpf, dpa
Stockholm - Für ihren gewaltfreien Einsatz für Gerechtigkeit und Wahrheit werden Aktivisten und Organisationen aus ganz unterschiedlichen Weltregionen mit dem Right Livelihood Award geehrt. Die gemeinhin als Alternativer Nobelpreis bekannte Auszeichnung geht in diesem Jahr an die indigene Aktivistin Joan Carling von den Philippinen, den palästinensischen Menschenrechtsaktivisten Issa Amro und die von ihm gegründete Aktivistengruppe Youth Against Settlements, die Umweltaktivistin Anabela Lemos und ihre Organisation Justica Ambiental aus Mosambik sowie das britische Forschungsprojekt Forensic Architecture. Das gab der Direktor der Right-Livelihood-Stiftung, Ole von Uexküll, in Stockholm bekannt.
"Die Preisträger 2024 zeigen, was gewaltfreier Widerstand und Wahrheitsfindung bewirken können", würdigte von Uexküll. "Angesichts von Gewalt, Ausbeutung und Unterdrückung in der Welt zeigen die diesjährigen Preisträger Wege zu einer gerechten, friedlichen und nachhaltigen Zukunft. Ihr Engagement sollte uns alle inspirieren, mutiger zu sein."
Die Träger des Right Livelihood Awards werden alljährlich kurz vor den Nobelpreisträgern verkündet, die ab Montag in Stockholm und Oslo gekürt werden. Über die Jahre hat sich der Beiname "Alternativer Nobelpreis" für den Award eingebürgert, auch wenn die Auszeichnung in kritischer Distanz zu den eigentlichen Nobelpreisen steht. Berücksichtigt wurden in diesem Jahr 176 Nominierte aus 72 Ländern.
In einer Reihe mit Astrid Lindgren und späteren Nobelpreisträgern
Seit 1980 haben den Preis unter anderem weltbekannte Persönlichkeiten wie die schwedische Kinderbuchautorin Astrid Lindgren, US-Whistleblower Edward Snowden und die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg erhalten. Manche Preisträger wie die kenianische Umweltschützerin Wangari Maathai, der kongolesische Arzt Denis Mukwege und der inhaftierte belarussische Menschenrechtsanwalt Ales Bjaljazki wurden Jahre nach ihrer Right-Livelihood-Auszeichnung auch mit dem Friedensnobelpreis geehrt.
Meistens geht der Right Livelihood Award jedoch an Menschen und Organisationen, die sich fernab der internationalen Öffentlichkeit für eine gerechtere, friedlichere und nachhaltigere Welt einsetzen. So auch diesmal: Ohne einem breiteren internationalen Publikum bekannt zu sein, kämpfen die diesjährigen Preisträger in ihren lokalen Gemeinschaften gegen Unterdrückung und Ausbeutung, ohne dabei zu gewalttätigen Methoden zu greifen.
Ihr unerschütterliches Engagement habe dabei Auswirkungen weit über die lokale Ebene hinaus, würdigte die Preisstiftung. Während in vielen Teilen der Welt Krieg und Gewalt herrschten, zeigten die Preisträger, dass es nur mit friedlichen Mitteln, der Stärkung lokaler Bündnisse und einem standfesten Bekenntnis zur Wahrheit vorangehen könne.
Ihre Arbeit mache sie "in diesen herausfordernden Zeiten zu wichtigen Hoffnungsträgern und Vorbildern", erklärte Right Livelihood. Oder wie es von Uexküll formulierte: "Inmitten des Chaos aus Gewalt, Gier und Ungerechtigkeit, das so viele Menschen auf der ganzen Welt betrifft, entfachen die Preisträger des Jahres 2024 wieder Hoffnung."
Klare Worte statt Gewalt
Die Preisträger stellen eine Mischung aus mutigen Menschen dar, die sich für die Rechte von Ursprungsbevölkerungen, für Frieden und Gerechtigkeit sowie für den Schutz von Klima und Umwelt einsetzen. Die Philippinerin Joan Carling erhält den Award dafür, indigene Stimmen angesichts der globalen ökologischen Krise zu stärken und bei der Verteidigung von Menschen, Land und Kultur voranzugehen. Einen ähnlichen Einsatz leisten Anabela Lemos und Justica Ambiental in Mosambik, wo Gemeinschaften mit ihrer Hilfe für ihr Recht einstehen können, Nein zu ausbeuterischen Großprojekten zu sagen und ökologische Gerechtigkeit einzufordern.
Issa Amro und seine Aktivistengruppe Youth Against Settlements werden für ihren gewaltfreien Widerstand gegen die israelische Besatzung in Hebron im Westjordanland geehrt. Der 44-Jährige rief die Menschen in Deutschland und auf der ganzen Welt dazu auf, Druck auf Israel auszuüben, um die Unterdrückung der Palästinenser zu beenden.
"Mein Traum ist es, dass die ganze Welt und die Israelis die Palästinenser als eine Nation behandeln, die Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit und Selbstbestimmung verdient", sagte Amro nach der Preisbekanntgabe. Er betonte auch: "Die Palästinenser sind nicht die Hamas. Ich und viele andere Palästinenser glauben an gewaltfreien Widerstand."
Pionierarbeit für die Suche nach Gerechtigkeit
Forensic Architecture hat nach Angaben von Right Livelihood Pionierarbeit bei der Entwicklung digitaler forensischer Methoden geleistet, die Opfern und Überlebenden von Menschen- und Umweltrechtsverstößen auf der Suche nach Gerechtigkeit und Verantwortlichen helfen.
Der Direktor des Forschungsprojektes, der britisch-israelische Architekt Eyal Weizman, richtete auch einen Gruß an seinen palästinensischen Mitpreisträger: "Es ist besonders schön, diesen Preis zusammen mit meinem Freund Issa zu erhalten", wurde er von der Stiftung zitiert.
Die Preisträger werden am 4. Dezember bei einer Zeremonie in Stockholm geehrt. Die Auszeichnung ist unter anderem mit lebenslanger Unterstützung durch die Right-Livelihood-Stiftung verbunden, die bis heute fast 200 Preisträger aus 77 Ländern geehrt hat.