Insektensterben
Auch mal eine gute Nachricht von der Artenvielfalt
Die Studie aus Krefeld damals war erschütternd: Danach wusste die Nation, dass ein enormes Insektensterben im Gange ist. Nun gibt es interessante Hinweise aus Stuttgart, was der Artenvielfalt hilft.
Von Thomas Faltin
Bereits sieben Jahre ist es her, dass Krefelder Forscher mit ihrer Studie über ein gewaltiges Insektensterben die Nation aufgerüttelt haben. Besonders erschütternd war damals, dass der Rückgang der Insekten-Biomasse in Schutzgebieten ungefähr gleich hoch war wie auf „normal“ genutzten Flächen. Bringen solche Rückzugsgebiete überhaupt etwas? Das fragten sich damals viele.
Ja, sie bringen etwas, lautet jetzt die Antwort des Naturkundemuseums Stuttgart. Dessen Insektenexperten sind seit drei Jahren an 32 Standorten in Baden-Württemberg unterwegs, um im Auftrag des Landes die Fluginsekten zu zählen. Dieses Monitoring wurde damals im Zuge des „Krefeld-Bebens“ eingeführt.
Nun gibt es erste Ergebnisse für die Familie der Wildbienen – exakt 14 199 Individuen aus 239 Arten sind in sogenannten Malaise-Fallen gefangen worden. Die Artenvielfalt sei in Naturschutzgebieten größer als in der Umgebung, so die zentrale Botschaft. Dort lebten im Schnitt 14 Wildbienenarten mehr. Das ist zwar im Vergleich keine extrem höhere Zahl, aber: „Wir sehen zudem, dass in diesen Gebieten deutlich mehr Arten vorkommen, die auf der Roten Liste als stark gefährdet gelistet sind“, sagt Tobias Frenzel, der Erstautor der Studie des Naturkundemuseums.
Ein Hauptgrund dafür könnte sein, dass in Naturschutzgebieten der Stickstoffgehalt im Boden geringer ist, weil dieser weniger landwirtschaftlich genutzt und deshalb weniger gedüngt wird. Dadurch können mehr Pflanzenarten wachsen, auf die Insekten angewiesen sind. Allerdings bestätigte die Studie auch das Krefelder Fazit: Die Gesamtmasse an Insekten ist in vielen Naturschutzgebieten gleich niedrig oder sogar geringer als auf anderen Flächen.
Die Schlussfolgerung ist für die Stuttgarter Forscher jedenfalls klar: „Es gibt weiteren Handlungsbedarf hinsichtlich des Ausbaus, der Pflege und der Vernetzung der Schutzgebiete“, betonte Lars Krogmann, Entomologe und Direktor des Naturkundemuseums.
Die grün-schwarze Landesregierung hatte 2018 als Reaktion auf die Krefeld-Studie ein Sonderprogramm zum Artenschutz aufgelegt. Jährlich stehen dafür etwa 15 Millionen Euro zur Verfügung, seither seien 160 Einzelprojekte umgesetzt worden, heißt es aus dem Umweltministerium. Es geht dabei um den Verbund von Biotopen, um die Erhaltung der Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen oder um die Reduktion von Spritzmitteln. Auch ein umfassendes Monitoring ist Teil des Sonderprogramms.