Auf der Dachterrasse hilft die Drehleiter
Feuerwehrübung am Sulzbacher Seniorenheim Gronbachmühle – Personenrettung bei äußerst engen Verhältnissen
Am Seniorenheim Gronbachmühle haben die Feuerwehren von Sulzbach und Murrhardt unter schwierigen äußeren Bedingungen die Rettung von Menschen geübt. Mit der Drehleiter wurden Personen trotz äußerst enger Verhältnisse übers Dach in Sicherheit gebracht.
Von Armin Fechter
MURRHARDT/SULZBACH AN DER MURR.Aus dem Keller des Seniorenheims dringt Rauch, auch aus dem Lüftungskamin auf dem Dach drückt ungewöhnlich dicker Qualm. Eine Leuchte an der Hauswand beginnt aufgeregt rot zu blinken. Kurz darauf kommt die Feuerwehr angerückt: Der MTW, sprich Mannschaftsbus, mit den Einsatzleitern stellt sich neben die Straße. Kommandant Alexander Hübner hat den richtigen Schlüssel dabei, schaut rasch auf der Brandmeldeanlage neben der Haustür, welcher Rauchmelder ausgelöst hat, und eilt mit der passenden Karte mit der Wegbeschreibung Richtung Keller, um die Lage einzuschätzen.
Inzwischen ist auch das erste Löschfahrzeug, das LF10, da und tastet sich zwischen geparkten Autos und einem großen Blumentopf direkt vors Wohngebäude. Die Mannschaft springt heraus, stellt Warnleuchten auf, legt Helme und teils Atemschutzausrüstung an. Dann stellen sich die acht Feuerwehrleute brav in einer Doppelreihe hinter dem Fahrzeug auf und warten. Sollten die denn jetzt nicht schnell los und mit dem Löschen anfangen? „Nein, nein“, schüttelt Eckhard Weller energisch den Kopf, „die müssen warten, was der Einsatzleiter ihnen angibt. Nur der hat den Überblick.“ Besonnenheit ist trotz des Adrenalins oberstes Gebot. Strenge Hierarchie gewährleistet einen effizienten Ablauf.
Jetzt kommen von Einsatzleiter Hübner die Anweisungen: Angriffstrupp mit Atemschutz zum Löschen in den Keller. Dort in den Hauswirtschaftsräumen werden auch zwei vermisste Personen vermutet. Heimleiterin Claudia Alt hat inzwischen Personal und Bewohner durchgezählt – zwei fehlen. Die anderen legen Schläuche, richten die Verletztentrage und den Wasseranschluss. Zwei Feuerwehrleute werden nach oben geschickt, dort sollen Bewohner in Panik sein, die gilt es, zu beruhigen. Peter Magenau schaut bei der Gelegenheit gleich, ob alle Brandschutztüren zu sind: „Das Rauchgas ist ja das Gefährliche, daran sterben die Menschen. Das Feuer selbst macht vor allem Sachschaden.“ Dann stellt er sich vor: „Ich bin der Peter von der Sulzbacher Feuerwehr“, und erklärt den aufgeregten Senioren, was draußen gemacht wird. Und dann fängt er gemütlich einen Small Talk an über Osterdeko und das letzte Abendessen. Ablenkung ist alles.
Im Keller ist der erste Trupp mit dem schweren Atemschutzgerät inzwischen geduckt durch die pechschwarze Rauchwand bis zur Brandstelle vorgedrungen. Mit der Druckluftflasche auf dem Rücken und der großen Gesichtsmaske unter dem Helm ähneln sie nicht nur optisch Darth Vader aus Star Wars, ihr Atmen klingt auch so. Der Rauch kommt dieses Mal aus dem Heizungskeller, aber häufig sei es im Keller auch der Wäschetrockner, der Feuer gefangen hat, weiß der Vizekommandant aus jahrzehntelanger Erfahrung. Das Löschen ist heute einfach: Es genügt ein Druck auf den Schalter des Rauchgeräts. Trotzdem wird in jedem Fall der Löschwasserschlauch mitgeführt, denn durch ihn finden die beiden sicher den Weg aus dem Kellerlabyrinth zurück, in dem man vor Rauch nichts sieht.
„Wie viel Druck habt ihr noch?“, tönt jetzt eine freundliche Frauenstimme aus dem Funkgerät des Truppführers. Der liest an seinem Manometer auf der Brust 150 Bar ab. „Dann raus jetzt! Die Nächsten sind schon unterwegs.“ Der Sicherungstrupp findet die Vermissten leblos im Bügelzimmer und ordert Tragen an die Rauchsperre am Kellereingang. Derweil meldet sich der erste Trupp draußen bei Rebecca Hansel zurück. Die junge Frau ist bei der Feuerwehr, seit sie elf ist, und macht jetzt als Gruppenführerin gewissenhaft die Atemschutzüberwachung: Auf ihrem Klemmbrett hat sie drei Eieruhren stecken, auf denen sie einstellt, wann die beiden Männer, deren Namen jeweils rechts davon stehen, losgehen und wie viel Druck in ihren Luftflaschen ist. Während sie sich um deren Sicherheit kümmert, können die Trupps sich auf ihre Aufgabe konzentrieren.
Draußen spielen sich derweil spektakuläre Szenen ab: Zwei Frauen haben sich vor dem Rauch auf die Dachterrasse geflüchtet und rufen laut um Hilfe. Jetzt kommt die Drehleiter zum Einsatz. Das Paradefahrzeug mit der Teleskopleiter wird bei jedem Gebäudebrand hinzugezogen, denn aus dem Korb am oberen Ende kann aus großer Höhe gelöscht, beleuchtet, belüftet und gerettet werden. Letzteres sogar mit Rollstuhl oder auf einer Trage. Die beiden auf dem Dach sind aber noch mobil und steigen zu Fuß in den ausgefahrenen Rettungskorb. Sanft werden sie nach unten gefahren.
Allmählich sind alle Aufgaben erledigt und während auf der Terrasse schon mal der Grill angeworfen wird, sammelt man sich zur Abschlussbesprechung vorm Haus. Claudia Alt, die die Rettungsübung initiiert hat, ist sehr zufrieden mit dem Ablauf. Der Heimleiterin ist es wichtig, ihre Mitarbeiter zu sensibilisieren: „Dass die Brandschutztüren nicht zugestellt werden, dass die Bewohner in ihren Zimmern sicherer sind als im Treppenhaus und die Feuerwehrzufahrt nicht zugestellt wird.“ Sie stellt fest: „Also der Blumenhafen steht da ungeschickt. Der muss woanders hin.“ Kommandant Hübner stellt fest: „Die BMA hat zuverlässig ausgelöst“, sprich die Rettungsleitstelle wurde automatisch durch den Rauchmelder alarmiert und war natürlich von der Übung informiert worden. Ende des Monats soll es für den zweiten Zug der Sulzbacher Feuerwehr eine ähnliche Übung geben: „Dann fahren wir aber von hier her, da ist es noch enger. Und dann müssen auch Bettlägerige gerettet werden.“