Auf Erneuerung folgt neue Frau an der Spitze

Rolf Barreuther hat die Erich-Schumm-Stiftung Murrhardt als Vorstandsvorsitzender 15 Jahre lang begleitet und in dieser Zeit etliche Projekte und eine Neuausrichtung umgesetzt. Nun übergibt er den Stab an Verena Ortmann, die die Geschäfte als hauptamtliche Vorständin fortführt.

Der Neubau des Hauses Margarete steht auch für ein umfassend neues, breit aufgestelltes Konzept. Fotos: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Der Neubau des Hauses Margarete steht auch für ein umfassend neues, breit aufgestelltes Konzept. Fotos: Stefan Bossow

Von Christine Schick

Murrhardt. „Mir war schon klar, worauf ich mich einlasse, wenn auch nicht, wie intensiv und herausfordernd die Aufgaben sein werden“, sagt Rolf Barreuther mit Blick auf das Jahr 2009, in dem er den Vorstandsvorsitz von Margarete Kleemann übernahm. Als deren Mann Karl Friedrich Kleemann, der die Geschäfte Erich Schumms sowie den Stiftungsvorsitz führte, 1992 plötzlich starb, war ihr die Aufgabe unerwartet zugefallen. Mit ausschlaggebend sei auch die persönliche Beziehung zu Karl Friedrich Kleemann und Erich Schumm gewesen, die Barreuther beide noch persönlich kannte.

Es zeichnete sich nach und nach ab, dass für die Erich-Schumm-Stiftung und das Alters- und Pflegeheim einschneidende Veränderungen ins Haus standen. Einer der Hauptgründe war, dass Erich Schumm die Stiftung als sogenannte Verbrauchsstiftung angelegt hatte und nach dem Verkauf der Firma 1994 die finanziellen Mittel aus dem Unternehmen wegfielen. „Das hieß, Defizite zu beheben und zu ausgeglichenen Ergebnissen zu kommen“, sagt Barreuther. Als Unternehmer brachte er einen wirtschaftlichen Blick auf die Situation mit, gleichzeitig sei es für ihn spannend gewesen, zu erleben, wie eine soziale und gemeinnützige Einrichtung funktioniert, die ganz anderen Regeln folgt. „Im pflegerischen Bereich zu arbeiten braucht den Wunsch, Menschen zu helfen, und viel Herzblut.“ Diese zwei Seiten zu verbinden war Teil der Aufgabe. Auf die Frage, wie leicht ihm dies gefallen ist, schlägt der 69-Jährige die Brücke zu seiner Familie. „Wir haben drei Söhne, einer ist in der Medizin, die beiden anderen sind unternehmerisch-beratend unterwegs. Sie haben damit ganz verschiedene Perspektiven. Wenn man die im Austausch und guten Miteinander diskutiert, werden optimale Lösungen möglich.“

Umbrüche betrafen auch Beschäftigte

Genauso galt es, das Mitarbeiterteam auf die Umbrüche einzustimmen. Von den Menschen, „die einen tollen Job gemacht haben“, sei Veränderungsbereitschaft gefordert gewesen. „Da gewinnen Sie nur, wenn das in einem guten Miteinander passiert. Das heißt auch, den Betriebsrat mit ins Boot zu holen, beispielsweise wenn es darum geht, auf eine Lohnerhöhung zu verzichten, um die Stiftung weiterentwickeln zu können.“ Rolf Barreuther erinnert sich auch noch genau daran, als er das erste Mal in der großen Küche des Pflegeheims stand, in der damals aus heutiger Sicht nur 80 Essen zubereitet wurden. Es war die Initialzündung für ein wichtiges Projekt, die Gründung der Service GmbH, der es gelang, sich in kurzer Zeit zu einem externen Caterer zu profilieren. Mittlerweile werden täglich bis zu 500 Essen für Firmen, Schulen und Kindergärten im Großraum Backnang sowie für das eigene Haus zubereitet. Einer der wichtigsten Kunden ist Bosch.

Zudem rückten Fragen zur Modernisierung des Alten- und Pflegeheims in den Blick. Hauptpunkte waren, den Brandschutz zu verbessern und Zweibett- in Einzelzimmer umzuwandeln. „Ein Umbau im laufenden Betrieb ist aber sehr schwer“, stellt Barreuther fest. So entwickelte sich die Arbeit am größten Projekt seiner Wirkungszeit, dem Neubau des heutigen Hauses Margarete. Dies war verbunden mit einer Konzeption, die moderne Rahmenbedingungen für die Pflege schafft, aber auch über sie hinausgeht beziehungsweise einen breiteren Ansatz rund um die Gesundheitsversorgung mit Praxisklinik, Telemedizin sowie weiteren Partnern beinhaltet. „Da müssen Sie ein neues Netzwerk aufbauen.“ Mit dem sogenannten Wohnen mit Service, bei dem noch selbstständige Senioren mit haushaltsnahen Dienstleistungen sowie ambulanter Pflege unterstützt werden, und der Tagespflege, bei der ältere Menschen tagsüber betreut werden, sind weitere Angebote entstanden. Die Einweihung des Neubaus konnte im November 2022 erfolgen. „Eine über fünfjährige Konzeptionsphase, drei Jahre Planungszeit und fast drei Jahre Bauzeit haben uns alle gefordert“, so Barreuther. Verbunden mit der kompletten Neuausrichtung war für ihn die Vision, über die Praxisklinik mit Telemedizin und Videosprechstunden ein noch breiteres medizinisches Angebot für die Region zu schaffen beziehungsweise es für die Zukunft zu sichern – im Sinne eines medizinischen Versorgungszentrums. Bisher lassen sich nur Privatpatientinnen und -patienten mit dem Modell versorgen; Wunsch sei weiterhin, dies auch für Kassenpatientinnen und -patienten öffnen zu können.

Nun freut sich Rolf Barreuther, dass Verena Ortmann als hauptamtliche Stiftungsvorständin Verantwortung übernommen hat, er den Stab an sie übergeben konnte und sie die Geschäfte weiterführt. Die 44-Jährige bringt nicht nur viel Fachwissen aus dem Sozialversicherungswesen sowie Führungserfahrung aus ihrem bisherigen beruflichen Wirken mit, sondern aus Sicht des 69-Jährigen auch einen Blick für die unternehmerischen Aspekte.

Eine Fachfrau, die gestalten will

Geboren und aufgewachsen bei Fulda hat Verena Ortmann früh im elterlichen Handwerksbetrieb, einer Klempnerei, mitgeholfen, später auch andere kleinere Betriebe in Bezug auf die Büroarbeit unterstützt. Über Jobs hat sie in verschiedene Bereiche hineingeschnuppert. Nach ihrer Ausbildung als Sozialversicherungsangestellte und dem Studium der Gesundheits- und Sozialwirtschaft mit Schwerpunkt Gesundheitsmanagement war lange Zeit das Versicherungswesen – AOK und Mhplus BKK – ihre berufliche Heimat. Für die BKK-Akademie war sie zudem als Dozentin tätig. Zu ihrem Wechsel zur Stiftung sagt sie: „Mein Wunsch war es, über die Aufgaben hier noch stärker mitgestalten und Ideen einbringen zu können.“ Im Privaten erlebt sie durch ihre 95-jährige Großmutter, die von ihren Eltern gepflegt wird, was alles an Themen mit solch einem Alltag verbunden ist und wichtig wird. Aber auch darüber hinaus hat sie viele Ideen und Ansätze, die sie nun weiterverfolgen möchte. Dies reicht von Fragen nach technischer Unterstützung im Pflegekontext, wie über die sogenannte Telepflege bis hin zu psychosozialer Thematik. „Beispielsweise der Vereinsamung entgegenzuwirken“, sagt die 44-Jährige und greift eine Möglichkeit heraus – Senioren anzuleiten, mit Smartphone und Tablet Kontakt zu Verwandten und Freunden aufnehmen zu können. Ein weiterer für sie wichtiger Bereich ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, sprich sich als Arbeitgeber so familienfreundlich wie möglich aufzustellen. Das betrifft die Dienstplangestaltung genauso wie gute Rahmenbedingungen bei der Kinderbetreuung, aber auch die Möglichkeit für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihren Arbeitsplatz mitzugestalten.

„Wir möchten uns über das Pflegeheim hinaus auch noch breiter aufstellen“, sagt Verena Ortmann. Dies umfasst Angebote rund um Gesundheit, für Interessierte auch außerhalb, um beispielsweise in Bezug auf Bewegung, Ernährung und soziale Kontakte Anregungen zu geben und sich so in der Prävention zu engagieren.

Rolf Barreuther hat den Stab an Verena Ortmann – hier im Foyer des Neubaus – weitergegeben. Er freut sich, nun mehr Zeit für die Familie zu haben, bleibt der Stiftung aber verbunden. Die neue Vorständin hat schon viele Themen und Ideen, die sie angehen möchte.

© Stefan Bossow

Rolf Barreuther hat den Stab an Verena Ortmann – hier im Foyer des Neubaus – weitergegeben. Er freut sich, nun mehr Zeit für die Familie zu haben, bleibt der Stiftung aber verbunden. Die neue Vorständin hat schon viele Themen und Ideen, die sie angehen möchte.

Bereiche und Partner der Stiftung

Neuaufstellung Es galt, die Erich-Schumm-Stiftung neu auszurichten. Heute fungiert sie als Dach für die Schumm Service GmbH, die Schumm Pflege gGmbH und die Anteile an der Humanservice mobil GmbH. Zudem besteht eine enge Kooperation mit der Praxisklinik Oberes Murrtal. Neben der hauptamtlichen Vorstandsposition, die Verena Ortmann übernommen hat, wurde ein Kuratorium eingerichtet, bei dem Rolf Barreuther den Vorsitz übernimmt und Michael Meier die Stellvertretung. Ebenfalls wurde die Möglichkeit geschaffen, einen Beirat einzurichten, um das Kuratorium und den Vorstand in Einzelthemen wie Bau, Soziales oder Medizin zu unterstützen.

Neubau Das Haus Margarete beherbergt das Alten- und Pflegeheim mit 90 stationären Pflegeplätzen und sechs Penthousewohnungen, zehn Plätzen für die ambulante Pflege in Kombination mit der Praxisklinik, der Tagespflege, einem mobilen Pflegedienst sowie Friseur und Fußpflege.

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Erstellt:
3. Februar 2024, 06:00 Uhr

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