Auf Tour für den Tafelladen
Fahrerteams holen die gespendeten Waren fürs Geschäft in der Werrenstraße ein – Verein hofft auf neue Mitstreiter
Rosi Heinze und Theo Otterbach sind schon fleißig dabei, leere Kisten vom Tafelladen ins Kühlauto zu bringen. Sie sind das Fahrerteam dieses Donnerstagvormittags. Vor ihnen liegt eine Tour zu verschiedenen Bäckern und Supermärkten in Murrhardt und Umgebung. Sie sind selbst gespannt, was die Spender heute bereithalten. „Das ist immer ganz unterschiedlich, lässt sich nie vorhersagen“, sagt Rosi Heinze.
Von Christine Schick
MURRHARDT. Die 64-Jährige steigt ein, und als Theo Otterbach sich angeschnallt hat, startet sie den Wagen. „Vor einiger Zeit hab ich gelesen, dass der Verein Fahrer sucht und hab mich gemeldet“, erzählt sie. „Ich hab dann erst mal ein halbes Jahr im Tafelladen mitgeholfen.“ Mittlerweile bilden sie und Theo Otterbach ein festes Zweierteam, wie alle anderen Fahrer – zurzeit sind es zwölf Ehrenamtliche, darunter zwei Frauen, die die Spenden schwerpunktmäßig montags, donnerstags und samstags einholen. Zudem gibt es Touren zur Regiotafel in Waiblingen. „Ich wollte mich engagieren, finde es wichtig, ehrenamtlich tätig zu sein, egal in welcher Form. Ob das jetzt als Wahlhelfer, im Verein oder bei der Markungsputzete ist“, sagt Rosi Heinze. Ihr geht es vor allem um den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Und wie kam Theo Otterbach zu seinem Job? Der 78-Jährige drückt es so aus: „Na, der Verein hat einfach Fahrer gebraucht.“
Die erste Station ist ein Bäcker am Tor zur Innenstadt. Die Mitarbeiterin weiß, dass das Fahrerteam kommt und hat die Spenden schon bereitgestellt. Brote und Brötchen werden in eine Kiste umgesetzt, für die süßen Stückchen eine kleinere aus dem Wagen geholt. Auch beim nächsten Halt, einem Bäcker am oberen Ende der Fußgängerzone, können die beiden süße Stückchen und Brot in Empfang nehmen. Außerdem gibt es eine Überraschung – eine ganze Reihe von Rührkuchen, denen ein Schuss Backpulver fehlt und die deshalb nicht ideal aufgegangen sind.
Dann geht es zum ersten Supermarkt. Bevor Rosi Heinze zum Wareneingangstor weiterfährt, lässt sie Theo Otterbach vor dem Eingang aussteigen. „Ich geh jetzt in den Laden, dort melden wir uns an“, sagt er. An einer Kühltruhe wird er fündig und begrüßt eine Mitarbeiterin. Sie geht mit ihm nach hinten zu den Waren, die an den Tafelladen gehen. Rosi Heinze steigt aus und kommt zur Laderampe. Nun ist der Kennerblick gefragt. Nicht mehr verwendbare Ware soll am besten schon vor Ort aussortiert werden. Aber das ist selten der Fall, sagt Rosi Heinze. Beim Obst liegt ein Pack Orangen, in dem sie einen faulen Kandidaten entdeckt, das Netz kann aber erst im Laden aufgeschnitten werden. Besonderheiten bei dieser Spende: Erdbeeren und eine ganze Melone.
Auch beim nächsten Discounter wandern Gemüse und Obst in die Kisten, unter anderem ein erster Bund grüner Spargel. „Sollte der Salat sehr schlaff sein, schmeißen wir den aber trotzdem nicht weg. Wir kennen eine Familie, die den ihren Schildkröten geben können.“ Auch einige Kartons Milch sind dabei sowie ein abgepackter Flammkuchen.
Sollte ein Salat mal zu schlaff sein, geht er an Schildkrötenhalter
Aus der dritten Supermarktstation wird erst mal nichts, weil das Team dort ein Problem mit der Software hat. Auch die gespendeten Waren müssen sich als solche im System wiederfinden und ausgepreist werden. „Wir schauen auf dem Rückweg noch mal vorbei“, sagt Theo Otterbach zu einer Mitarbeiterin.
Dann geht es zu einem weiteren Bäcker in der Weststadt. Die Ausbeute beim Brot ist sehr gut. Im Anschluss steuert Rosi Heinze die Werrenstraße an, um die erste Ladung des Vormittags in den Laden zu bringen. Dort warten schon Udo Braun und Berthold Müller. Für den Verkauf am Nachmittag gibt es noch einiges vorzubereiten. Udo Braun macht sich daran, das Gemüse und Obst noch mal genauer unter die Lupe zu nehmen. Für das Fahrerteam geht es später zu weiteren Stationen, unter anderem nach Sulzbach und Unterbrüden. Rosi Heinze findet, es hätte noch etwas mehr sein können, auch hofft sie, dass sich bei der Kühlware – Milch, Joghurt, Käse, Wurst – noch ein bisschen was einsammeln lässt.
„Sollten es mal sehr wenig Waren sein, lösen wir das so, dass wir die Kunden bitten, sich von den Artikeln nur eine bestimmte Anzahl zu nehmen“, sagt Berthold Müller, Vorsitzender des Vereins Tafel Murrhardt. Insgesamt hätten die Spenden quantitativ nicht zugenommen, gleichzeitig habe man aber das Angebot insgesamt verbreitern können.
Beim Kundenstamm habe sich nichts Grundsätzliches verändert, auch wenn Müller in der letzten Zeit beobachtet hat, dass etwas mehr Jüngere, teils Alleinstehende, in den Laden kommen. Immer noch sind es wenige Senioren mit einem geringen Budget, die den Schritt zum Einkauf im Tafelladen wagen, erzählt er.
Wichtig sei nun, das Fahrerteam zu verstärken. Zum einen, um auch wieder etwas Jüngere dabei zu haben, zum anderen entlastet es die Aktiven, die als „Silver Ager“ auch mal einen längeren Urlaub und weitere Projekte planen. Das Alter bewegt sich aktuell zwischen 50 und 80 Jahren, schätzt Berthold Müller. „Wir haben auch ein paar Mitstreiter, die noch berufstätig sind, aber den Ausgleich zu einer Büroarbeit schätzen, bei der sie viel sitzen, und uns ehrenamtlich unterstützen.“ Wichtig sei, dass man in den Läden und bei den Spendern höflich auftrete. Wer neu dazustößt, bekomme Unterstützung von den Erfahrenen, auch eine Schulung in puncto Ladungssicherung stehe dann auf dem Programm.
Rosi Heinze und Theo Otterbach schwingen sich indes wieder in die Fahrerkabine des Kühlautos. Die nächsten Stationen warten.
Wer Interesse hat, das Fahrerteam zu verstärken, kann sich bei Hans Wieland unter Telefon 07192/7105 melden, der die Gruppe koordiniert. Ebenso Auskunft geben Tafelladenmitarbeiter, immer montags und donnerstags zwischen 9 und 16.30 Uhr, unter Telefon 07192/9362708. Weitere Infos rund um den Laden im Netz unter der Adresse www.tafel-murrhardt.de.