Aufarbeitung der Schäden wird dauern
Nach dem Sturm am 24. August, der in südöstlichen Waldgebieten den Baumbeständen Murrhardts schneisenweise schwer zugesetzt hat, mahnt Revierförster Philipp Dölker betroffene Privatwaldbesitzer zur Vorsicht und zu einem bedachten Vorgehen.

Harald Wurst und Revierförster Philipp Dölker (von links) bei einem Baum, den es wie ein Streichholz umgeknickt hat. Fotos: Christine Schick
Von Christine Schick
Murrhardt. Harald Wurst, der in Hinterwestermurr seinen Hof bewirtschaftet, erinnert sich noch gut daran, als der Gewittersturm vor rund drei Wochen über den Teilort hinwegfegte. „Ich bin gerade mit dem Güllefass losgefahren, als mir eine Apfelbaumkrone entgegengeflogen kam“, erzählt er. „Ich war ganz schön geschockt.“ Es ließ sich schon erahnen, dass das Unwetter – wenn auch lokal begrenzt – einige Schäden hinterlassen würde. Auf Murrhardter Gemarkung zog der Sturm über Vorder- und Hinterwestermurr, Schlosshof und Mettelberg hinweg – westlich war auch Sechselberg betroffen – und hat vor allem im Staatswaldgebiet Ochsenhau und in den angrenzenden Privatwäldern beachtliche Schäden hinterlassen. Auch auf den Flächen von Harald Wurst, der knapp 20 Hektar Privatwald hat.
Von den beschädigten Bäumen geht wegen der Spannung große Gefahr aus
Bei einem Vor-Ort-Termin mit Förster Philipp Dölker zeigt sich zum einen, wie gewaltig die Winde getobt haben müssen, zum anderen, dass die Aufarbeitung der Sturmschäden nicht ungefährlich ist. In den Schneisen, die das Unwetter geschlagen hat, hat es manche Bäume bis auf ein paar Meter Stamm einfach abgerissen, manche wie Streichhölzer umgeknickt, andere hängen in einem Bogen schräg im Bestand. Besonders von Letzteren geht aufgrund der Spannung große Gefahr aus.
Der Revierförster erklärt, dass es zunächst darum ging, die Hauptwege wieder freizuräumen beziehungsweise sicher zu machen, beispielsweise wenn auch Strommasten und Leitungen in Mitleidenschaft gezogen wurden. „Es ist wichtig, dass die Rettung passieren kann, aber den Wald sollte man am Anfang ein Stück weit ruhen lassen“, sagt Dölker. Wanderer oder Pilzsammler sind aufgerufen, die betroffenen Gebiete zu meiden. Privatwaldbesitzern rät er, sich nicht einfach so an die Aufarbeitung der Schäden zu machen, weil viele Gefahrenbäume entstanden sind, die unter extremer Spannung stehen. Wer nicht mit moderner Technik ausgestattet ist und Erfahrung beim Abräumen von solchen Sturmschäden hat, „sollte die Finger davon lassen, das ist lebensgefährlich“.
Mit Harald Wurst, der in Kontakt zu vielen Privatwaldbesitzern in der Umgebung steht, überlegt Dölker, wo möglicherweise auch ein Unternehmen mit einem Harvester unterstützen kann. In dem Fall schützt die Maschine vor herabstürzendem oder berstendem Holz. Solch ein Einsatz wird allerdings nicht überall möglich sein. Dort, wo die Waldgebiete in Klingen liegen, die Rückegassen nicht so breit angelegt sind oder die Bäume einen sehr großen Umfang haben, heißt es, mit der Motorsäge Hand anzulegen, erklären die beiden. Die Schäden ziehen sich entlang des Sturmverlaufs, sind aber auch punktuell zu verzeichnen, wo die Winde lokal enorme Kraft entwickelt haben. Mal sind es besagte Schneisen, mal Löcher, die der Sturm in die Wälder geschlagen hat. Betroffen sind vor allem Buchen und Eichen, sprich Laubbäume, die aufgrund der Blätter eine größere Angriffsfläche bieten, aber teils auch Fichte und Tanne sowie außerhalb auf Wiesen Obstbäume. „Es hat zu 95 Prozent gesunde Bäume getroffen“, sagt Philipp Dölker.
Harald Wurst, der über entsprechend moderne und schlagkräftige Sägen sowie Erfahrung verfügt, schätzt, dass die Aufarbeitung der Schäden in seinem Waldstück mindestens ein halbes Jahr in Anspruch nehmen wird. Auch er – Harald Wurst ist auf der Ebene des Landesbauernverbands in der Arbeitsgruppe Wald, im Murrhardter Waldbauverein und sowie als Feuerwehrkommandant Fornsbach engagiert – sagt: „Es ist besser, sich da Zeit zu lassen und das mit Bedacht anzugehen, als sein Leben zu gefährden.“ Er hat sich zunächst der Obstbäume auf seinen Wiesen angenommen, damit die spätere Mahd nicht beeinträchtigt ist. Nach und nach wird er die Arbeit in seinem Privatforst fortsetzen. Normalerweise steht die Pflege dort in den Wintermonaten auf dem Programm, insofern kommt das zusätzliche Arbeitspaket für den Landwirt zu Unzeit. Hinzu kommen besagte Schäden – die gesunden Bäume hätte Wurst nicht zwingend abgeerntet und als Bauholz zu einem entsprechend guten Preis bei einer Submission anbieten können.
Nach grober Schätzung sind zwischen
30 und 40 Privatwaldbesitzer betroffen
Es wird sich zeigen, was nun als Sturmholz anfällt oder nur noch als Hackschnitzel verwertet werden kann. Für eine fachliche Begleitung bei der Aufarbeitung spricht zudem, bei falscher Sägetechnik noch intaktes Holz und damit auch seinen Wert zu schädigen. Frank Hofmann von der Holzvermarktungsgemeinschaft Schwäbisch-Fränkischer Wald/Ostalb (HVG) hat bereits Gespräche mit Sägewerken im Umfeld geführt, sodass das Holz auch abgenommen werden kann. Dölker und Wurst schätzen, dass zwischen 30 und 40 Privatwaldbesitzer Schäden zu beklagen haben. Der Revierförster unterstreicht, dass Kolleginnen und Kollegen vom Forstamt bereitstehen, um zu beraten und nach Möglichkeit zu unterstützen. Auch Folgeschäden werden an der einen oder anderen Stelle noch Thema sein: Dort, wo Schneisen und Löcher in den Wald gerissen sind, erhöht sich die Anfälligkeit für die Bäume, die sich an einen geschlossenen Bestand angepasst haben, nun aber plötzlich frei stehen. „Die Buche beispielsweise leidet dann unter Sonnenbrand.“ Später heißt es, zu entscheiden, wo möglicherweise Pflanzungen von Jungbäumen sinnvoll sind und an welchen Stellen man eher auf Naturverjüngung setzt.
Wer als Privatwaldbesitzer Fragen hat, kann sich an Revierförster Philipp Dölker unter mobil 0170/3334125 sowie per E-Mail an p.doelker@rems-murr-kreis.de wenden. Ein Überblick über die Beratungs- und Hilfsleistungen findet sich unter folgendem Link: www.rems-murr-kreis.de/bauen-umwelt-und-verkehr/forst/privatwald