Die Lage im Überblick

Ausweg gesucht: Der Ukraine-Krieg als Wahlkampfthema

Was hilft der Ukraine - mehr Waffen, mehr Diplomatie oder gar deutsche Soldaten? Während im Bundestagswahlkampf eifrig debattiert wird, fliegen über dem angegriffenen Land wieder russische Drohnen.

Welcher Weg führt aus dem Ukraine-Krieg heraus? Die deutschen Parteien sind sich uneins. (Archivbild)

© Kay Nietfeld/dpa

Welcher Weg führt aus dem Ukraine-Krieg heraus? Die deutschen Parteien sind sich uneins. (Archivbild)

Von dpa

Berlin/Kiew - Im beginnenden Bundestagswahlkampf streiten die Parteien weiter über mögliche Auswege aus dem seit fast drei Jahren andauernden russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kritisierte Gedankenspiele von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die Bundeswehr im Falle eines Waffenstillstands zur Friedenssicherung in der Ukraine einzusetzen. 

Er halte solche Spekulationen zum jetzigen Zeitpunkt für unverantwortlich, sagte der CDU-Vorsitzende in der ARD-Sendung "Maischberger". Der Krieg in der Ukraine dauere an, Russland gehe unverändert mit brutaler Härte gegen die Zivilbevölkerung vor. "Wir ringen alle um die Frage, wie man diesen Krieg beenden kann", sagte Merz. Die Frage sei, wie das gelingen könne. 

Baerbock hatte beim Nato-Außenministertreffen in Brüssel gesagt, dass verschiedene Elemente eines Friedens in der Ukraine im Raum stünden. Zu einer möglichen deutschen Rolle sagte sie, man werde alles, was dem Frieden in der Zukunft diene, von deutscher Seite unterstützen. Auch eine Beteiligung der Bundeswehr schloss sie nicht aus.

SPD-Fraktionschef wirbt für mehr Diplomatie

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich warb für noch stärkere diplomatische Bemühungen um ein Ende des von Russland initiierten Krieges. "Nach drei Jahren des Krieges müssen wir anerkennen, dass dieser Krieg vermutlich nicht allein auf dem Schlachtfeld entschieden wird", sagte er in einer außenpolitischen Grundsatzrede in Berlin. 

Mützenich verteidigte in diesem Zusammenhang das Telefonat von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Dabei geht es keineswegs um Scheinverhandlungen oder Reden um des Redens willen. Solche Gespräche sind entscheidend, um Positionen auszutauschen und wenigstens ein Stück strategische Stabilität in diesen gefährlichen Zeiten zu wahren", sagte er bei der Veranstaltung "Willy Brandt Lecture 2024".

Der SPD-Fraktionschef hatte früh für mehr Diplomatie geworben und war dafür heftig kritisiert worden. Rückblickend räumte Mützenich Fehler in der Russland-Politik der SPD ein: "Als Sozialdemokraten müssen wir anerkennen, ich tue es, dass wir die imperialistischen Ambitionen Putins und die Gefahr durch die Energieabhängigkeit von Russland unterschätzt haben."

Stoltenberg: Krieg mit Russland nicht herbeireden

Der ehemalige Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg warnte davor, die Gefahr eines Krieges des Westens mit Russland zu überzeichnen. Man dürfe "keine selbsterfüllenden Prophezeiungen konstruieren", sagte er dem "Handelsblatt". "Wenn wir so sprechen, als ob ein Krieg bevorsteht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass genau das passiert. Das ist gefährlich." Stoltenberg ist sich sicher: "Solange Russland oder anderen potenziellen Gegnern klar ist, dass wir zusammenhalten, wird es keinen Angriff auf die Allianz geben."

Damit grenzte sich Stoltenberg, der ab kommendes Jahr die Münchner Sicherheitskonferenz leiten soll, von Kanzler Scholz ab. Der SPD-Spitzenkandidat will mit dem Bild als Friedenskanzler im Bundestagswahlkampf punkten und warnt vor einer Eskalation des Kriegs. 

Schwere Kämpfe in der Ostukraine

Das Schicksal der Ukraine ist mehr als 1000 Tage nach Beginn der russischen Invasion weiter in der Schwebe. Ihre eigenen Kräfte und die bisherige westliche Hilfe reichen zur Verteidigung nicht aus. Eine zentrale Frage ist, welche Ukraine-Politik der künftige US-Präsident Donald Trump verfolgen wird und ob beziehungsweise wie stark er die Hilfe seines Landes zurückfährt.

Im Osten der Ukraine stehen die Verteidiger weiter unter schwerem Druck russischer Truppen. Besonders heftig seien die russischen Angriffe an den Frontabschnitten Pokrowsk und Kurachowe, teilte der ukrainische Generalstab in Kiew in seinem abendlichen Lagebericht mit. An diesen Abschnitten wurden im Tagesverlauf jeweils fast 40 Sturmangriffe gezählt. Entlang der gesamten etwa 100 Kilometer langen Front seien es 156 Attacken gewesen.

Solche Zahlen des Militärs sind nicht im Einzelnen überprüfbar, erlauben tendenziell aber Rückschlüsse auf die Intensität der Gefechte. Kurachowe im Gebiet Donezk ist bereits zur Hälfte in der Hand russischer Truppen. Etwas weiter nördlich steht Pokrowsk seit Monaten unter Beschuss.

Ukrainische Armee erobert Dorf zurück 

Einen taktischen Erfolg sah der ukrainische Militärblog "DeepState" bei dem Ort Welyka Nowosilka. Dort sei es gelungen, russische Angreifer aus dem Dorf Nowyj Komar zu vertreiben. Bei dem Gefecht seien russische Gefangene gemacht worden. Überprüfbar waren diese Angaben nicht.

In der Nacht operierten wie üblich Schwärme russischer Kampfdrohnen über der Ukraine, wie die ukrainische Luftwaffe mitteilte. Gleichzeitig wurden Raketenangriffe auf die Industriestadt Kriwyj Rih im Süden gemeldet. Angaben über Schäden oder Opfer gab es von militärischer Seite nicht.

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Erstellt:
5. Dezember 2024, 05:12 Uhr

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