Bach geht, viele Probleme bleiben

Der Boss des Internationalen Olympischen Komitees stand oft in der Kritik, hat aber im Sport einiges bewegt.

Verlässt die große Bühne: Thomas Bach

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Verlässt die große Bühne: Thomas Bach

Von Jochen Klingovsky

Stuttgart - Im Sport ist es nicht ganz unwichtig, den passenden Zeitpunkt für den Abgang zu erwischen. Das gilt für Athleten, aber auch für Funktionäre. Insofern kann man Thomas Bach nur gratulieren: Er hat, zumindest am Ende, alles richtig gemacht.

Noch während im August 2024 die Sommerspiele in Paris liefen, spekulierten Beobachter darüber, welche Finte der frühere Fechter und begnadete Strippenzieher wohl wählen würde, um seine Amtszeit nach zwölf Jahren an der Spitze des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) doch noch einmal verlängern zu können. Das Ergebnis überraschte viele: Der Herr der Ringe erklärte kurz vor der Schlussfeier, die IOC-Charta einzuhalten und seinen Platz zu räumen. Am Dienstag hat Bach (71) im antiken Olympia einen Olivenbaum gepflanzt und ein paar pathetische Worte gesprochen („Vom Olymp aus schauen die griechischen Götter ganz genau zu“), ehe an diesem Donnerstag in einem Luxusresort auf der Peloponnes über seine Nachfolge entschieden wird. Und sich die Frage stellt: Welches Erbe hinterlässt der Mann aus Tauberbischofsheim?

Die Ära Bach war geprägt von Krisen, oft ist das IOC nicht ganz schuldlos gewesen. Vor allem die Nähe zu Autokraten fiel dem Olympia-Boss immer wieder auf die Füße. Nach den Winterspielen 2014 in Sotschi lobte er Wladimir Putin für dessen Weltoffenheit, danach reichte die Aufdeckung des staatlich gelenkten Dopingsystems nicht aus, um Russland zu verbannen – dafür brauchte es den Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und auch die Chance, rund um die Winterspiele 2022 in Peking die Menschenrechtsverletzungen Chinas zu kritisieren, ließ Bach aus. Für die Coronapandemie konnte das IOC nichts, die Weigerung, die Sommerspiele 2020 in Tokio abzusagen sowie deren späte Verschiebung um ein Jahr, war aber ebenso bizarr wie die weitgehend zuschauerlosen Masken-Spiele 2021 in Japan und 2022 in China. Kurzum: Bach hatte immer den Anspruch, auf der Bühne der Weltpolitik eine wichtige Rolle zu spielen, letztlich schaffte er es aber nie, dort ein charismatischer Anführer oder ambitionierter Gestalter zu sein. Er blieb immer ein Lobbyist des Sports – für den er jedoch trotz aller Kritik viel bewirkt hat.

Einerseits baute Bach das IOC in seinem Sinne um (rund drei Viertel der Mitglieder wurden in seiner Ära berufen), konzentrierte die Macht auf sich und einen engen Zirkel, was ihm Vorwürfe der fehlenden Transparenz einbrachte. Andererseits hat er wichtige Punkte seiner Agenda umgesetzt: Die Olympischen Spiele wurden günstiger und nachhaltiger, es starten nun ebenso viele Frauen wie Männer sowie ein Flüchtlingsteam, die nächsten Olympia-Austragungsorte in Italien (2026), den USA (2028, 2034), Frankreich (2030) und Australien (2032) versprechen gute Perspektiven für das wirtschaftlich ohnehin bestens aufgestellte IOC. Und die friedlichen, freien, fröhlichen Spiele in Paris werden ohnehin unvergessen bleiben.

Trotzdem zeigte sich Thomas Bach – nicht ohne Grund – zuletzt stets erleichtert darüber, die Verantwortung abgeben zu können. Denn Krisen drohen auch in Zukunft. Die Frage, wann und wie der russische Sport zurückkehren kann, ist ungeklärt, wie auch das Problem Donald Trump, der Los Angeles 2028 garantiert zu Propagandaspielen in eigener Sache machen will. Zudem wird die Klimaveränderung die Austragung großer Sportereignisse zunehmend beeinflussen, Doping ist weiterhin eine Geißel des Sports, zudem fordern die Athleten nicht nur mehr Mitbestimmung, sondern auch eine Beteiligung an den Milliardengewinnen des IOC.

Die Liste stützt die These, dass es wichtig ist, sich im richtigen Moment zu verabschieden. Selbst von den Göttern des Olymp.

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Erstellt:
19. März 2025, 22:10 Uhr
Aktualisiert:
20. März 2025, 22:01 Uhr

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