Brisante Lage in Nordkorea
Bereitet Kim Jong-un einen Krieg vor?
Nordkorea hat bereits über 10.000 Soldaten nach Russland geschickt. Das isolierte Land soll seinem Verbündeten im Kampf gegen die Ukraine mit schwersten Artilleriegeschützen unterstützen. Was hat Kim Jong-un vor? Bereitet er sich auf einen Krieg vor?
Von Markus Brauer/dpa
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hat sein Militär dazu aufgerufen, „sämtliche Anstrengungen auf die Vollendung der Kriegsvorbereitungen“ zu konzentrieren. Wie die Koreanische Zentrale Nachrichtenagentur KCNA berichtet, machte Kim die Bemerkungen bereits am Freitag (15. November) während einer Rede vor Bataillonskommandeuren in Pjöngjang.
On 11.15, #KimJongUn gave a speech titled "On the Developed Situation and the Duties of the Battalion Commanders and Political Instructors of the DPRK" at the Fourth Conference of Battalion Commanders and Political Instructor of the #Korean People's Army pic.twitter.com/JMqiaobn5q — North Korean Archives and Library (NKAAL) (@NorthNKAAL) November 17, 2024
Kim Jong Un und Nordkorea: „Größter Krisenherd der Welt“
Dabei bezeichnete er die koreanische Halbinsel als „größten Krisenherd der Welt“. Zudem beschuldigt Kim die USA und Südkorea, die Spannungen in Korea „auf den schlimmsten Stand in der Geschichte“ gebracht zu haben.
Vergangene Woche hatte Nordkorea mit dem bislang längsten Testflug einer Interkontinentalrakete die Spannungen mit seinen Nachbarländern weiter verschärft. Das nahe der Hauptstadt Pjöngjang abgefeuerte Geschoss war nach Angaben der japanischen Regierung 86 Minuten in der Luft und stürzte schließlich westlich der zu Japan gehörenden Insel Hokkaido ins offene Meer – nach rund 1000 Kilometern Flugstrecke.
Es handelt sich um den ersten Test einer nordkoreanischen Interkontinentalrakete seit Dezember vergangenen Jahres - und einen weiteren Verstoß der Führung von Machthaber Kim Jong Un gegen internationale Sanktionen.
Kim Jong Un liefert schwere Artillerie für Russlands Krieg
Am Samstag (16. November) berichtete die „Financial Times“ unter Berufung auf gesicherte Quellen, dass Nordkorea seinen Verbündeten Russland neben Soldaten und Munition nun auch mit schwersten Artilleriegeschützen beim Kampf gegen die Ukraine unterstützt.
So sollen in den vergangenen Wochen knapp 50 schwere Haubitzen auf Selbstfahrlafetten aus nordkoreanischer Produktion sowie knapp 20 Mehrfachraketenwerfer in Russland eingetroffen sein.
Nordkorea: Massenproduktion von Drohnen
Zuvor hatte Nordkorea nach Angaben des südkoreanischen Geheimdienstes über 10.000 Soldaten nach Russland entsandt. Laut Informationen des US-Außenministeriums befänden sich bereits Tausende von ihnen im Einsatz gegen ukrainische Truppen in der russischen Grenzregion nahe Kursk.
Zudem hat Kim zur Massenproduktion von Kamikaze-Drohnen in seinem Land aufgerufen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA berichtet, beaufsichtigte Kim in der vergangenen Woche zum wiederholten Mal in diesem Jahr einen Drohnen-Test. Dabei habe er betont, dass für neu entwickelte Militärdrohnen schnellstmöglich eine „Massenproduktion in vollem Umfang“ beginnen müsse.
Bereits im August 2023 hatte Kim die Produktion weiterer Kamikaze-Drohnen gefordert. Damit sind unbemannte Fluggeräte gemeint, die mit Sprengladungen versehen in feindliche Ziele gesteuert werden. Die Waffen werden unter anderem auch im Ukraine-Krieg flächendeckend eingesetzt, wo Russland Unterstützung von Nordkorea bekommt.
Zuletzt hatten Nordkorea und Russland ein umfassendes Abkommen ratifiziert, welches unter anderem einen gegenseitigen Verteidigungspakt beinhaltet.
Spannungen mit Kim Jong Un
Die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel hatten sich zuletzt deutlich erhöht. Im Oktober hatte Kim Südkorea als „ein fremdes und offensichtlich feindliches Land“ bezeichnet. Zudem warnte er vor dem Einsatz von physischer Gewalt, sollte die Souveränität Nordkoreas verletzt werden, wie die staatliche Nachrichtenagentur KCNA berichtete.
Zuvor hatten Nordkoreas Staatsmedien erstmals darüber berichtet, dass die überarbeite Verfassung des Landes Südkorea „eindeutig als feindlichen Staat“ definiert. Ende 2023 hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un erstmals bei einer Sitzung der herrschenden Arbeiterpartei gefordert, Südkorea müsse in der sozialistischen Verfassung des Landes als Hauptfeind bezeichnet werden. Zudem hatte er die innerkoreanischen Beziehungen als solche zwischen zwei sich bekämpfenden Staaten bezeichnet.
Sämtliche Straßen- und Eisenbahnverbindungen zu Südkorea sind außerdem gesprengt und die Gebiete auf nordkoreanischer Seite mit „starken Verteidigungsstrukturen“ befestigt worden. Laut Angaben des südkoreanischen Militärs hat Nordkorea in den letzten Monaten bereits Zehntausende Landminen entlang des Grenzgebiets verlegt.
Kim Jong Un und Nordkoreas Nuklearwaffen
dkoreas Präsident Yoon Suk Yeol hatte Anfang Oktober Nordkorea vor einem Einsatz seiner Nuklearwaffen gewarnt. „Sollte Nordkorea versuchen, Atomwaffen einzusetzen, wird es mit der entschlossenen und überwältigenden Antwort unseres Militärs und der südkoreanisch-amerikanischen Allianz rechnen müssen. Dieser Tag wird das Ende des nordkoreanischen Regimes sein“, erklärte Yoon in seiner Rede zum nationalen Tag der Streitkräfte in einer Militärbasis in Seongnam südlich der Hauptstadt Seoul.
Im September hatte Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un der Weltöffentlichkeit erstmals eine Urananreicherungsanlage präsentiert und davon gesprochen, den Bestand seiner Nuklearwaffen „exponentiell“ erhöhen zu wollen.
Das Stockholmer Friedensinstitut Sipri schätzt, dass Nordkorea über rund 50 atomare Sprengköpfe verfügt. Das ist allerdings nur eine grobe Schätzung, die genaue Anzahl ist nicht bekannt. Das Land ist wegen seines Atomprogramms mit weitreichenden UN-Sanktionen und Einfuhrverboten belegt. Der letzte bekannte Atomtest fand 2017 statt.
Nord- und Südkorea befinden sich formal betrachtet nach wie vor in einem Kriegszustand, da der Korea-Krieg von 1950 bis 1953 mit einem Waffenstillstand endete und nicht mit einem Friedensvertrag.