Bergsteiger Marc Grün wagt Sturm auf Achttausender

Der Bergsteiger aus Backnang will mit dem 8163 Meter hohen Manaslu auf den achthöchsten Gipfel der Erde. Einen dieser Giganten im Himalaya zu erklimmen, „ist der Traum vieler Höhenbergsteiger, auch meiner“, sagt der 45-Jährige. Am 4. September geht es los, eingeplant sind 50 Tage.

Marc Grün am Himlung Himal im Herbst 2021. In Kürze will er den Manaslu besteigen, der nur 28 Kilometer entfernt ist. Foto: privat

Marc Grün am Himlung Himal im Herbst 2021. In Kürze will er den Manaslu besteigen, der nur 28 Kilometer entfernt ist. Foto: privat

Von Steffen Grün

In den Alpen hat sich Marc Grün den allermeisten Herausforderungen schon gestellt und sie gemeistert. Er stand auf dem Mont Blanc und einigen anderen Viertausendern, hakte Klassiker wie den Großglockner, den Großvenediger oder die Wildspitze ab und überquerte das mächtige Gebirge von Norden nach Süden. Mit einem Sechstausender haute es 2014 mit dem Stok Kangri in Indien auf Anhieb hin, doch mit dem ersten Angriff auf einen der Achttausender lässt der Schwabe nun einen Zwischenschritt aus.

Streng genommen zumindest, denn am Himlung Himal hat er vor knapp zwei Jahren die 7000-Meter-Marke bereits passiert, musste vor dem angepeilten Ziel auf 7126 Metern allerdings umdrehen (wir berichteten). „Ich kann den Berg nicht als bestiegen bezeichnen, weil ich nicht am Gipfel war“, räumt Marc Grün ein, ist mit der damaligen Entscheidung jedoch völlig im Reinen. „Sie war hart, aber absolut richtig.“ Es durchzuziehen trotz des Sturms, der einige Stunden früher als angekündigt losbrach und zu einer Eiseskälte von minus 32 Grad Celsius führte, hätte unabsehbare Folgen gehabt. So war schon genug passiert, denn mehrere Expeditionsteilnehmer erlitten böse Erfrierungen. Auch die Nase, die Finger und die Zehen des Backnangers blieben nicht verschont und erinnern ihn bis heute an das damals Erlebte: „Äußerlich ist alles verheilt, aber die betroffenen Körperstellen sind immer noch sehr kälteempfindlich. Es sind keine wirklich schlimmen Schmerzen, aber es ist ein unangenehmes Gefühl.“

Daraus die Konsequenz zu ziehen, auf dem Sofa sitzen zu bleiben und nur noch Luis-Trenker-Filme zu schauen, kommt für Marc Grün aber nicht infrage. „Es war ein Warnschuss des Bergs, den man nicht ignorieren sollte“, sagt er lediglich. „Das zeigt mir, dass ich mich noch besser vorbereiten muss.“ Er trainierte die Atemtechnik und verbesserte seine Ausdauerwerte noch einmal, „um auch mit Gesichtsmaske ausreichend atmen zu können“. Die hatte ihn am Himlung Himal nämlich arg gestört und er hatte sie immer wieder abgezogen, was letztlich zu den vermeidbaren Erfrierungen an der Nase beitrug. Grundsätzlich habe er damals allerdings die Erkenntnis gewonnen, „dass mein Körper und mein Geist für einen Siebentausender mitgespielt haben“.

Mit 45 Jahren sieht sich Marc Grün im idealen Alter für die höchsten Berge

Nun soll es aber gleich ein Achttausender sein. Warum? „Gute Frage“, entgegnet der 45-Jährige und lacht. „In nicht allzu langer Zeit bin ich zu alt für den Scheiß.“ Er wolle sich dieser Herausforderung jetzt mit der nötigen Ernsthaftigkeit stellen, denn „zwischen 40 und 50 Jahren ist das beste Alter für diese hohen Berge“. Da passt das Verhältnis zwischen der gesammelten Erfahrung und den konditionellen Voraussetzungen ideal, glaubt Marc Grün. 2021 hatte er noch den Cho Oyu mit 8188 Metern ins Auge gefasst, doch dessen Lage brachte ihn davon ab. Die Anreise ist alleine über Tibet möglich und Chinas Behörden hatten den Berg mit Verweis auf Corona gesperrt. Als sich das wieder änderte, hatte sich der seit sechs Jahren in Ulm wohnende Bergsteiger und frühere Radballer des RSV Waldrems bereits umorientiert. Der Vorteil des Manaslu: Er steht komplett in Nepal und die dortigen Behörden sind kooperativer. Zudem habe der „Berg der Seele“, wie ihn die Einheimischen nennen, „eine wahnsinnige Aura und übt große Anziehungskraft aus“.

Am 4. September geht es mit dem Flug von München über Doha nach Kathmandu los. Nach zwei Tagen mit Behördengängen sowie für die letzten Vorbereitungen in der Hauptstadt werden die sechs bis acht Bergsteiger an den Rand des Himalaya-Gebirges gefahren, wo die acht- bis neuntägige Trekkingtour zum Basislager auf 4900 Metern beginnt. Dann bleibt rund ein Monat, um die Hochlager auf 5400, 6100, 6800 und über 7400 Metern aufzubauen, das benötigte Material dorthin zu bringen und sich bei den Auf- und Abstiegen zu akklimatisieren. „Bei diesen Touren wiegt mein Rucksack etwa 25 Kilogramm“, räumt Marc Grün mit dem Irrtum auf, dass die Sherpas die ganze Last tragen. Mitsamt dem Bergführer, dem Koch mit Gehilfen, den Wasserträgern und den Allroundern, die sich zum Beispiel um die begleitenden Tiere kümmern, besteht das Team trotzdem aus etwa 30 Personen.

Das letzte Hochlager wartet „am Rande der Todeszone. Dort gilt: schnell rein und schnell wieder raus.“ Es ist auch der Startpunkt für den Gipfelsturm, sobald die Wettervorhersage günstig ist. Das ist ein Faktor, den niemand beeinflussen kann. Darüber hinaus muss der Körper mitspielen und das gesamte internationale Team harmonieren. Passt alles, könnte sich Marc Grüns Traum vom Achttausender erfüllen und der Zeitplan inklusive des Abstiegs und des Abbaus der Hochlager aufgehen. Für den 23. Oktober ist die Heimreise geplant, aber es ist ein flexibles Ticket, „um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein“. Viel später darf es aber nicht werden, denn der Jahresurlaub des Projektingenieurs ist aufgebraucht und unbezahlter Urlaub ohnehin schon notwendig.

Tragische Todesfälle wie der des deutschen Extrembergsteigers Luis Stitzinger, der erst im Mai dieses Jahres am Kangchendzönga ums Leben kam und 2012 und 2017 auch den Manaslu bezwungen hatte, ändern an der Leidenschaft von Marc Grün nichts. „Das ist brutal tragisch, passiert in den Bergen aber leider immer wieder. Das mahnt zu Vorsicht und zu Respekt vor dem Berg. Wir sind nur zu Gast am Berg und der Berg hat das letzte Wort, wie die Sache ausgeht.“

Vortrag „Projekt 8000 – Mein Weg nach ganz oben!“ Unter diesem Titel lädt Marc Grün alle Interessierten am kommenden Donnerstag, 3. August, um 19 Uhr in die Radsporthalle nach Waldrems ein. Unterfüttert mit Fotos spricht der Bergsteiger, der in dieser Halle als Radballer einige Erfolge gefeiert hat, über sein Vorhaben, in Kürze den Manaslu zu besteigen. Der Eintritt ist frei.
Der Manaslu und die Achttausender

Höhe Mit 8163 Metern ist der Manaslu der achthöchste Berg der Erde und einer von zehn Achttausendern im Himalaya. Die restlichen vier dieser Giganten befinden sich im angrenzenden Karakorum. Höher als der Manaslu sind der Mount Everest (8848 Meter), der K2 (8611), der Kangchendzönga (8586), der Lhotse (8516), der Makalu (8485), der Cho Oyu (8188) und der Dhaulagiri (8167). Der Nanga Parbat (8125), die Annapurna (8091), der Hidden Peak oder Gasherbrum I (8080), der Broad Peak (8051), der Gasherbrum II (8034) und Shishapangma (8027) komplettieren die stolze Liste.

Erstbesteigung Am 9. Mai 1956 erreichte eine japanische Expedition um Yuko Maki über die Nordostflanke den Gipfel des Manaslu. Die Erstbegehung der Südwestwand gelang Reinhold Messner am 25. April 1972.

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Erstellt:
1. August 2023, 06:00 Uhr

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