Erneuerbarer Kraftstoff HVO100
Bosch arbeitet an der Zukunft des „Frittenfett-Diesels“
Der recycelte Dieselkraftstoff HVO100 könnte neben Batterie und Wasserstoff zu einer weiteren umweltverträglichen Antriebsalternative werden. Bosch glaubt daran, wie eine Entwicklung des Konzerns unterstreicht.

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Biogen und synthetisch: HVO100 wird immer häufiger an Tankstellen angeboten.
Von Peter Stolterfoht
Die passende Meldung zur Veranstaltung liefert der Gastgeber höchstpersönlich. „Auf der Anfahrt habe ich zum ersten Mal gesehen, dass an einer Tankstelle die Preise von herkömmlichen B7-Diesel und HVO100 identisch waren.“ Das sagt Andrea Marongiu, Geschäftsführer des Verbands Spedition und Logistik Baden-Württemberg, der Mitglieder und weitere Interessenten in der Vereinszentrale in Stuttgarter-Wangen begrüßt. Dort werden Betreiber von LKW-Flotten über den Dieselkraftstoff HVO100 informiert, der die CO2-Emissionen gegenüber fossilem Diesel um bis zu 90 Prozent reduzieren soll. Und das dann ganz aktuell für denselben Geldbetrag.
Aber zunächst einmal zur Sache: Die Buchstaben HVO stehen für „Hydrotreated Vegetable Oils“, was umgangssprachlich mit „Frittenfett-Betankung“ frei übersetzt wird. Gemeint ist jedenfalls ein Kraftstoff aus hydrierten tierischen Fetten und Ölen, mit dem herkömmliche Dieselmotoren in Pkw und Lkw beinahe klimaneutral laufen sollen und der bereits an über 2000 Tankstellen in Deutschen angeboten wird.
Kraftstoff mit polarisierender Wirkung
Zugleich hat dieser Kraftstoff aber auch eine polarisierende Wirkung. Kritiker, wie einige Umweltverbände, titulieren HVO als Mogelpackung – mit der Überzeugung, die Inhaltsstoffe seien keine Abfälle. Stattdessen würden wertvolle Rohstoffe für die Herstellung verwendet werden. Auch frisch produziertes Palmöl sei dabei, so der Vorwurf unter anderem vom BUND.
Dem tritt der finnische Hersteller Neste entgegen. Jürgen Hübeler vom Marktführer für erneuerbare Kraftstoffe will diese Zweifel mit der geschützten und zertifizierten Technologie für den „Renewable Diesel“ zerstreuen. Um dann auf die Vorteile des Recycling-Kraftstoffs zu sprechen zu kommen. Die sollen unter Klimaziel-Gesichtspunkten vor allem in der Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Vergleich zum herkömmlichen B7-Diesel zwischen 60 und 90 Prozent liegen.
All diese Ergebnisse sind für Logistikunternehmen wichtig, deren Kunden zunehmend Wert auf einen umweltverträglichen Transport ihrer Ware legen. Aus diesem Grund hat Bosch eine Software-Lösung namens „Digital Fuel Twin“ entwickelt, die die Nutzung regenerativer Kraftstoffe dokumentiert. Die Nutzer erhalten abhängig davon, wie sie ihre Fahrzeuge betanken, entsprechende Zertifikate über die insgesamt genutzten Kraftstoffmengen oder sogar über den anteiligen CO2-Fußabdruck des Fahrzeugs. Auch wenn Diesel und HVO100 im Tank vermischt sind.
Über alle Erkenntnisse der Arbeitsgruppe wird nun auf einer Tour durch Europa in vielen Ländern und Städten informiert. Ziel dabei ist es, die EU davon zu überzeugen, dass der neue Dieselkraftstoff neben der Batterie und Wasserstoff eine weitere zu berücksichtigende klimafreundliche Option darstellt. Am 28. Mai wird in Stuttgart Station gemacht.