Kriminalität
Britische Polizei schlägt Alarm wegen Gewalt an Frauen
Einem Bericht zufolge werden allein in England und Wales täglich 3000 Gewalttaten an Frauen und Mädchen begangen. Die Polizei sieht auch Internet-Konzerne in der Pflicht.
Von dpa
London - Gewalt an Frauen und Mädchen hat in Großbritannien drastische Ausmaße angenommen. Das geht aus einem Bericht des Verbands der Polizeipräsidenten NPCC (National Police Chiefs' Council) hervor.
Demnach wurden in einem Zeitraum von zwölf Monaten in den Jahren 2022 und 2023 allein in den Landesteilen England und Wales mehr als eine Million Gewalttaten an Frauen und Mädchen registriert. Dazu gehören demnach unter anderem sexualisierte Gewalt, häusliche Gewalt, Stalking und Kindesmissbrauch.
Polizei spricht von "nationalem Notstand"
Das entspreche beinahe 3000 Taten pro Tag und 20 Prozent aller Straftaten, wenn man Betrug herausrechne. Mindestens eine von zwölf Frauen werde pro Jahr zum Opfer, so der Bericht. Die Dunkelziffer dürfte zudem hoch sein.
Und die Gewalt nimmt zu: Im Vergleich zu den Jahren 2018 und 2019 sei die Zahl der Straftaten um 37 Prozent gestiegen. Es handle sich um einen "nationalen Notstand", so der Bericht.
Strafjustizsystem ist überlastet
Der Verband forderte die Regierung auf, ein nationales Zentrum für öffentliche Sicherheit einzurichten, um das Problem auf verschiedenen Ebenen anzugehen. Mit den bisherigen Institutionen und Strafverfolgung allein sei es nicht möglich, mit der Situation fertig zu werden.
"Eine zentrale Anlaufstelle innerhalb der Polizei, die spezialisierte Fähigkeiten und Kompetenzen bündelt, würde die Polizeikräfte dabei unterstützen, ihre Reaktion auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu verbessern", sagte die stellvertretende Polizeipräsidentin Maggie Blyth, die für das Thema zuständig ist.
Tech-Konzerne sollen frauenfeindliche Inhalte bekämpfen
Der Verband forderte eine gesellschaftsübergreifende Reaktion auf das "beängstigende Ausmaß" der Gewalt. Die Regierung müsse einen Plan vorlegen, wie alle Formen sexuellen Missbrauchs verhindert werden können und sichergestellt werde, dass Opfer ein Recht auf therapeutische Hilfe erhalten.
Auch Tech-Konzerne sollen in die Pflicht genommen werden. Diese müssten verhindern, dass Jungen mit frauenfeindlichem Material im Internet konfrontiert seien. Als Beispiel nannte Blyth der BBC zufolge den amerikanisch-britischen Influencer Andrew Tate, der Jungen mit frauenverachtenden Einstellungen radikalisiere.