Wasserstoff-Förderung
Brüsseler Wunschdenken
Soll die Energiewende gelingen, muss die Produktion von Wasserstoff hochgefahren werden, meint Brüssel-Korrespondent Knut Krohn.
Von Knut Krohn
Aus Duisburg kommt eine gute Nachricht. Der Industriekonzern Thyssenkrupp hält am Bau einer milliardenteuren Anlage zur „grünen“ Stahlherstellung fest. Eine sogenannte Direktreduktionsanlage soll bald einen klassischen Hochofen ersetzen. Sie soll zunächst mit Erdgas, später dann mit Wasserstoff betrieben werden. Der Konzern macht allerdings auch eine klare Ansage an die Politik: soll das Projekt gelingen, muss die Produktion von Wasserstoff schnell hochgefahren und das zum Transport notwendige Pipelinenetz ausgebaut werden.
Die immer lauter werdende Kritik vor allem der energieintensiven Unternehmen an der Wasserstoff-Strategie der Politik ist berechtigt. Zu Beginn ihrer ersten Amtszeit hatte die EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen den Green Deal ausgerufen. Ein Grundpfeiler dieses Umbaus Europas zu einem klimaneutralen Kontinent ist der massive Einsatz von grünem Wasserstoff. Die anfängliche Euphorie war groß, doch das Herangehen der Brüsseler Entscheidungsträger dann halbherzig und bisweilen dilettantisch.
Illusorische Annahmen
Zum einen waren die Annahmen über den Bedarf und die Produktion von Wasserstoff illusorisch. Zudem sind die EU-Vorgaben der Brüsseler Beamten zu kompliziert und zu streng formuliert worden. Dieser Regulierungsdschungel treibt in der Folge die Preise für den Wasserstoff nach oben. Er wird für die Unternehmen viel teurer werden, als noch vor wenigen Jahren erwartet. So gilt zum Beispiel Wasserstoff von 2030 an nur als grün, wenn der Ökostrom für die Elektrolyseure aus zusätzlich gebauten Wind- und Solarparks stammt. Außerdem darf die Anlage zur Produktion von Wasserstoff nur in jenen Stunden laufen, in denen Wind und Sonne tatsächlich Strom ins Netz einspeisen.
Ursula von der Leyen scheint die Probleme erkannt und die Klagen der Industrie gehört zu haben. In ihrer Rede zu Beginn ihrer zweiten Amtszeit als EU-Kommissionschefin versprach sie, die Förderung der Wasserstoffproduktion zu verstärken. Für das Gelingen der Energiewende sind auf jeden Fall zwei Dinge notwendig: weniger Wunschdenken und mehr Pragmatismus.