Champions League top, Bundesliga flop
Borussia Dortmund zeigt in der noch jungen Saison mal wieder zwei Gesichter. Dem starken Auftritt im Europapokal gegen Celtic Glasgow folgt ein Leistungseinbruch bei Union Berlin. Sportdirektor Kehl wird deutlich – der Fernseh-Experte Dietmar Hamann aber auch.
Von dpa
Berlin/Dortmund - Manche Kapitel enden nie. Das über Borussia Dortmunds schier endlose Suche nach Konstanz könnte so eine Passage sein. In der Champions League top, in der Bundesliga flop. Nach dem schlechtesten Saisonstart seit zehn Jahren forscht der BVB einmal mehr nach Ursachen für seine Leistungsschwankungen. Das 1:2 bei Union Berlin am Samstag war der nächste Beweis dafür, dass die Mannschaft längst nicht reif für einen Meistertitel ist.
Trainer Nuri Sahin sparte unmittelbar nach dem dritten sieglosen Auswärtsspiel in der Liga an Kritik und kündigte stattdessen eine akribische Aufarbeitung in der Länderspielpause an. Sportdirektor Sebastian Kehl rechnete hingegen schon in der Interviewzone mit der Mannschaftsleistung ab. „Wie wir uns dann teilweise verhalten, das geht einfach nicht. Das wird auch jeder Spieler selber wissen. Die erste Halbzeit war einfach nix“, kritisierte der 44-Jährige und nannte die elf Gegentore in den letzten vier Bundesliga-Spielen „viel zu viel“.
Der unerklärliche Auftritt beim 1:5 gegen den VfB Stuttgart war wohl doch nicht nur ein Ausrutscher. Als die ratlosen BVB-Profis vom Spielfeld schlurften, dröhnte aus der Union-Kabine schon ein Oktoberfest-Hit nach dem anderen. Noch vor wenigen Tagen herrschte auch beim Revierclub Partystimmung. Doch die Euphorie nach dem magischen 7:1 gegen Celtic Glasgow ist blitzartig weg. Da sind sie wieder, die zwei Gesichter des BVB. Wie so oft in den vergangenen Jahren lassen die Schwarz-Gelben auf ein gutes Spiel ein schlechtes folgen.
Warum bekommen die Dortmunder diese eklatanten Leistungseinbrüche nicht in den Griff? Auch unter Sahins Vorgänger Edin Terzic waren die Schwankungen zu beobachten. „Wir sind auf der Suche. Weil wir wussten ja, was am Ende uns blüht, wenn wir genau in die Rolle wieder reinkommen. Wir haben es angesprochen. Wir haben uns darauf sensibilisiert“, sagte Kehl.
Doch der Plan ging nicht auf. Unzählige Fehlpässe. Viel zu passiv in den Zweikämpfen. Und eine Defensivleistung in der Anfangsphase, die einer Mannschaft mit derart hohen Ambitionen nicht würdig ist. „Wir haben überhaupt nicht reingefunden, kassieren zwei ganz schlimme Gegentore“, sagte Sahin über die ersten Minuten. Wenn selbst das Unioner Defensiv-Bollwerk mehr Torgefahr ausstrahlt, kann irgendetwas nicht stimmen.
Der von Nico Schlotterbeck verschuldete Foulelfmeter, den Kevin Vogt in der 26. Minute zur Berliner Führung nutzte, passte ins Bild. Dass Yorbe Vertessen (45.) noch vor der Pause erhöhte, war ebenfalls verdient. Das Dortmunder Aufbäumen und der Anschlusstreffer von Julian Ryerson (65.) kamen zu spät. „Eine Erklärung zu finden, ist schwer. Aber wir haben kein schlechtes Spiel gemacht, Union hat es nicht schlecht gemacht. Wir haben jetzt zwei Wochen, um Lösungen zu finden“, versuchte BVB-Torwart Gregor Kobel die Niederlage zu relativieren.
Aussagen, die man aus Dortmund in den vergangenen Jahren immer mal wieder hört. Aussagen, die den TV-Experte Dietmar Hamann aber in Rage versetzen. „Ich weiß nicht, was schlimmer war. Das Spiel oder was der Kobel gerade gesagt hat. Der sagt, dass man kein schlechtes Spiel gemacht hat. Bei einer Niederlage gegen ein Team, das letzte Saison fast abgestiegen ist“, polterte Hamann beim Privatsender Sky.
Der ehemalige Nationalspieler vermisst eine Entwicklung unter Sahin. „Er ist ein junger Trainer, da muss man ihm etwas zugestehen und Zeit geben. Aber du musst auch eine Entwicklung sehen. Wenn du das nicht siehst, wirst du intern Gespräche führen“, sagte Hamann. „Wenn du gegen Celtic sieben Tore schießt, die spielen in Schottland, das ist zweites oder drittes Regal. Man darf den Sinn für die Realität nicht verlieren. Wenn ich Hans-Joachim Watzke und Lars Ricken auf der Tribüne sehe, die haben was zu besprechen. Die Auftritte gegen Stuttgart, Bochum und Union waren unterirdisch.“
Sahin hatte zuvor bereits angekündigt, den schwachen Auftritt in der Länderspielpause zu analysieren. „Wir wissen, dass wir auswärts anders auftreten müssen“, gestand der 36-Jährige. Eine Aussage, die Hamann nur bedingt gelten lässt. „Sie haben das Gesicht auch gegen Bochum gezeigt, es ist ja auch zu Hause passiert.“
Sebastian Kehl indes glaubt trotz aller Enttäuschung hingegen weiter an den Dortmunder Weg. „Das Vertrauen in diese Mannschaft haben wir weiterhin. Auch in das, was wir uns aufbauen wollen“, stellte der Sportdirektor klar.