Schwarz-Gelb

Christian Lindner bettelt um die Aufmerksamkeit von Friedrich Merz

FDP-Chef Christian Lindner wendet sich in einer Video-Botschaft an den „lieben Friedrich Merz“. Könnte es nach der Wahl zu einem schwarz-gelben Bündnis kommen?

FDP-Chef Christian Lindner muss um das Überleben seiner Partei kämpfen.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

FDP-Chef Christian Lindner muss um das Überleben seiner Partei kämpfen.

Von Tobias Peter

Es ist ein bisschen wie eine Liebesbotschaft. Der Wunsch: „Versteh mich doch.“ Und es ist ein Betteln um Aufmerksamkeit. „Lieber Friedrich Merz, hier ist der Christian“, sagt FDP-Chef Christian Lindner in einer in den sozialen Netzwerken verbreiteten Videobotschaft. Hinter ihm leuchtet das Wort Freiheit auf. „Ich habe mitbekommen, dass ich zu Entsetzen bei dir geführt habe, und das tut mir leid“, fügt Lindner hinzu. Er lächelt.

Worum geht es? Vordergründig ist das Thema eine Äußerung von Christian Lindner in der ARD-Talkshow von Caren Miosga. Lindner hat dort gesagt, man müsse „ ein klein bisschen mehr Milei oder Musk wagen“. Der argentinische Präsident Javier Milei ist ein ultraliberaler Radikalreformer, der im Wahlkampf mit Kettensäge auftrat. Der Milliardär Elon Musk berät den künftigen US-Präsidenten Donald Trump. Merz sagte daraufhin, er sei „völlig entsetzt“ über Lindners Worte gewesen. Der argentinische Präsident ruiniere sein Land und trete Menschen mit Füßen.

Der eigentliche Kern von Lindners Botschaft ist ein anderer. Sie richtet sich an Friedrich Merz, aber auch an die Öffentlichkeit: Lindner, von Kanzler Olaf Scholz (SPD) als Finanzminister entlassen, will – so hat er es kürzlich gesagt – in der kommenden Bundesregierung erneut diesen Posten besetzen. Und das ganz offensichtlich am liebsten in einer Koalition aus Union und FDP. Was momentan die meisten mit Blick auf die nächste Bundestagswahl jedoch erwarten, ist eine Koalition aus Union und SPD. Unionskanzlerkandidat Merz bemüht sich – unter Störfeuer der CSU – aber auch, eine schwarz-grüne Koalition als mögliche Option offenzuhalten. Und wie sieht es aus mit Schwarz-Gelb, der einstigen Lieblingskoalition der CDU, mit der Helmut Kohl 16 Jahre das Land regiert hat?

Der Kern der Botschaft

In Umfragen gibt es für eine Koalition aus Union und FDP momentan keine Mehrheit. Dennoch ist es auch keine restlos absurde Vorstellung, dass sich das bis zur Wahl ändern könnte. Beide, Union und FDP, müssten dafür noch zulegen. Die FDP müsste, abgesehen davon, auch erst mal sicher über fünf Prozent kommen. In einigen Umfragen liegen die sonstigen Parteien, von denen es keine ins Parlament schaffen dürfte, bei zehn Prozent. Schon mit überschaubaren Prozentzahlen bei der Wahl ist im Bundestag eine Mehrheit denkbar. Vielleicht auch für Schwarz-Gelb.

Inhaltlich passt die FDP gut zu Merz wirtschaftsliberalen Ideen. Die Union ist aber eine große Volkspartei, Arbeitnehmerflügel inklusive. Merz betont zwar die Wichtigkeit der Schuldenbremse. Er lässt sich aber eine Hintertür offen, ob es am Ende nicht doch zu einer Reform derselben kommt. Die aber will FDP-Chef Christian Lindner bekanntlich auf keinen Fall.

Eine Frage des Vertrauens

Eine dritte Frage ist, ob Merz Lindner – wenn es die Chance zu Schwarz-Gelb geben sollte – sein Vertrauen schenken möchte. Lindner ist im Jahr 2017 bei den Jamaika-Verhandlungen derjenige gewesen, der vom Tisch aufgestanden ist. Recherchen der „Zeit“ legen nahe, dass die FDP die Ampel systematisch aufgerieben hat. Mittlerweile ist klar, dass es in der FDP-Zentrale eine Planung für einen „D-Day“ gab, an dem die Ampel scheitern sollte. Lindner sagt, er habe das entsprechende Papier „nicht zur Kenntnis genommen“. Für wie verlässlich hält Merz den Lindner? Würde er im Fall eines Wahlsiegs und einer potenziellen schwarz-gelben Mehrheit sein politisches Schicksal an ihn koppeln?

Der FDP-Chef kann nicht wissen, welche strategischen Abwägungen Merz in den kommenden Monaten noch treffen wird. Lindner muss um das Überleben der FDP kämpfen, die in Umfragen bei drei bis fünf Prozent liegt. So wirbt er um Merz, distanziert sich aber auch von ihm. Wenn Merz offen sei für einen Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen, „dann könnte das ja ein Zeichen dafür sein, dass es doch nur um eine Form des Weiter-so geht und nicht um die grundlegende Wende, die wir in unserem Land brauchen“, sagt Lindner in seinem Video.

Er wolle sich nicht jede Meinung von Milei und Musk abschauen und erst recht nicht den Stil übernehmen, sagt der FDP-Chef. Neugier statt Entsetzen, das empfiehlt er Friedrich Merz. Falls es zu einer schwarz-gelben Liebe kommen sollte, wird es eine mit Hindernissen sein.

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Erstellt:
6. Dezember 2024, 15:06 Uhr
Aktualisiert:
6. Dezember 2024, 18:36 Uhr

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