Mexikos Präsidentin
Claudia Sheinbaum – Was Europa von dieser Frau lernen kann
Besonnen, pragmatisch und in der Sache zu Kompromissen bereit: Mexikos linke Präsidentin Claudia Sheinbaum zeigt im Umgang mit Donald Trump wie der unberechenbare US Präsident zu packen ist.

© dpa/Fernando Llano
Mit Besonnenheit gegen Unberechenbarkeit: Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum
Von Tobias Käufer
Gerade mal gut fünf Wochen im Amt war Claudia Sheinbaum, da wusste die linke Präsidentin Mexikos im November vergangenen Jahres: Ein Großteil ihrer insgesamt sechsjährigen Amtszeit wird vom Verhältnis zu Donald Trump geprägt sein. Seitdem dreht sich vieles in der mexikanischen Politik darum, wie die bilateralen Beziehungen zum Weißen Haus gestaltet werden können. Von nördlich des Rio Grande kommt seitdem ein Feuerwerk von Vorwürfen und Zollandrohungen: Wegen des Drogenschmuggels, der irregulären Migration und der Handelspolitik.
Sheinbaum ist klug, nicht jede Kritik aus den USA abprallen zu lassen
Trump tut, was die Fußballer „Pressing“ nennen: Nämlich der Versuch den Gegenspieler mit dauernden Attacken unter Druck zu setzen und damit zu Fehlern zwingen. Sheinbaum hat sich darauf eingestellt. Anders als viele ihrer männlichen Kollegen bleibt sie meist ruhig, lässt sich nicht zu Gefühlsausbrüchen oder Hysterie provozieren und analysiert erst einmal kühl die Ausgangslage. „Niemand entscheidet für uns“, sagt sie an ihre Landsleute gerichtet, wenn wieder einmal Forderungen aus dem Weißen Haus kommen. „Unsere staatliche Souveränität ist nicht verhandelbar“. Das kommt gut an bei den Mexikanern, bislang steht laut Umfragen eine Mehrheit hinter dem Kurs Sheinbaums.
Aber die Linkspolitikerin ist auch klug genug, nicht jede Kritik aus den USA gleich abprallen zu lassen. Der Vorwurf, dass die Drogenkartelle längst die Macht übernommen haben, ist mexikanische Realität. Dem widerspricht Sheinbaum zwar öffentlich, nimmt aber gleichzeitig die ausgestreckte Hand des US-Militärs und der Anti-Drogenbehörde DEA entgegen, um deren Know-How und Kompetenzen zu nutzen. Auch die Entscheidung fast „hochrangige“ 30 Drogenkriminelle an die USA aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ auszuliefern, ist eine Konzession von der letztendlich auch Mexiko profitiert. So wächst der Druck auf die Kartelle, die in mexikanischen Gefängnissen meist schalten und walten können wie sie wollen. In den US-Haftanstalten wäre das deutlich schwerer.
Die Regierungspartei leidet unter einer verheerender Sicherheitsbilanz
Das alles zeitigt Wirkung: „Trumps Drohungen und das harte Durchgreifen in Mexiko treffen mexikanisches Kartelle“, berichtete die New York Times in dieser Woche: „Mehrere Kartellmitglieder sagten, dass sie zum ersten Mal seit Jahren wirklich Angst vor einer Verhaftung oder dem Tod durch die Behörden hätten.“
Sheinbaums Schlüssel zum Erfolg: Innenpolitisch einen nationalistischen Diskurs fahren, um gegen die verbal demütigenden und brachialen Ausfälle Trumps die Souveränität zu verteidigen. Außenpolitisch das anzunehmen, was dem eigenen Land nutzt. Denn der große Makel der Regierungspartei „Morena“ ist die verheerende Sicherheitsbilanz von Sheinbaums Vorgänger Andres Manuel Lopez Obrador (2018 – 2024), der mit fast 200 000 Gewalttoten und 50 ermordeten Journalisten einen neuen Negativrekord aufstellte. Öffentlich distanzierte sich Sheinbaum nie von der gescheiterten Sicherheitsstrategie ihres Parteifreundes, Mentors und Vorgängers. Trump gibt ihr nun aber die Möglichkeit ohne Gesichtsverlust die Politik der Partei deutlich zu ändern – und fährt nun Erfolge ein.
Mexiko stieg zu einem der wichtigsten Handelspartner der USA auf
Auch in der Handelspolitik sieht Sheinbaum eher die Chancen für eine Einigung mit Trump: Während der ersten Amtszeit Trumps machten die Mexikaner am Ende durchaus positive Erfahrungen mit den Ergebnissen des neu ausgehandelten nordamerikanischen Freihandelsabkommens zwischen Kanada, den USA und Mexiko. Im Freihandelsraum USMCA (United States-Mexico-Canada Agreement) summierte sich der Gesamtwert des nordamerikanischen Handels zuletzt auf 1,5 Billionen Dollar. Mexiko als auch Kanada stiegen zu den wichtigsten Handelspartnern der USA auf und verwiesen China auf die Plätze.