Eisbärbabys im Zoo Karlsruhe
Darum gibt es keine Flaschenaufzucht
Noch leben sie, doch wie lange, ist mehr als ungewiss. Nach der Geburt von zwei Eisbärbabys im Zoo Karlsruhe ist Geduld gefragt. Der Sprecher des Zoos dämpft die Erwartungen.
Von Eberhard Wein
Sie sind so groß wie Meerschweinchen, und sollen doch einmal zu den größten Landraubtieren heranwachsen, die es auf der Welt gibt. Im Karlsruher Zoo sind zwei Eisbärbabys auf die Welt gekommen. Doch noch dämpft der Sprecher des Zoologischen Gartens, Timo Deible, die Hoffnungen auf eine neue süße Attraktion.
Herr Deible, wie geht es unseren beiden Eisbärenbabys momentan?
Wie es ihnen wirklich geht, können wir gar nicht sagen. Aber dass es keine neuen Nachrichten gibt, sind gute Nachrichten. Wir versuchen dem Muttertier mit den zwei Jungtieren so viel Ruhe wie möglich zu geben. Selbst das Beobachten wird auf ein absolutes Minimum zurückgefahren.
Nuka hat ihre Eisbärbabys außerhalb einer Wurfhöhle auf die Welt gebracht. Warum haben sie dort so schlechte Chancen?
Grundsätzlich haben Eisbären eine ganz hohe Jungtiersterblichkeit. In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet buddeln sich die Tiere zum Werfen eine Schneehöhle. Da bleiben sie drin und sind von Störungen völlig fernab. Wenn die Tiere nach Monaten herauskommen, liegt die Jungtiersterblichkeit immer noch bei 50 Prozent. Da sind die Tiere, die in der Höhle gestorben sind, gar nicht mitgerechnet. Daran sieht man, wie schwierig sie es haben. Auch in der Zoonachzucht, wo wir mit viel besseren Bedingungen schaffen können, kommen nur 50 Prozent durch. Leider hat sich Nuka bei uns aber nicht in die Innenanlage zurückgezogen, die als Wurfhöhle zur Verfügung stand, sondern sie ist nach draußen gegangen, wo sie die Jungtiere in einer offenen Halbhöhle bekommen hat.
Welche Rolle spielt die Unerfahrenheit der Mutter?
Das ist ein Faktor, der die Chancen weiter limitiert. Dass bei der ersten Geburt der Wurf nicht durchkommt, ist häufig in der Tierwelt. Auch wenn sich das für uns Menschen grausam anhört: Das Muttertier muss erst lernen, was es zu tun hat.
Kann denn Vater Kap helfen?
Bei der Aufzucht spielt der Vater keine Rolle. Der ist nur für die Zeugung da. Wenn man an Geschichten wie „Lars, der kleine Eisbär“ denkt: so ist es in der Natur natürlich überhaupt nicht. Die männlichen Eisbären fressen durchaus auch gerne mal Jungtiere. Deswegen haben wir zum Glück eine Anlage, die man aufteilen kann. Und bei uns ist der Vater auch seit mehreren Wochen schon vom Muttertier getrennt.
Warum sind die Jungtiere so klein?
Die Paarung fand bei uns im April statt. Allerdings ging dann die Entwicklung erst einmal nicht weiter. Denn dann tritt eine so genannte Keimruhe ein. Erst zum Ende des Sommers werden die Eizellen in der Gebärmutter eingelagert. Für die Entwicklung im Mutterleib bleiben dann gerade mal gute zwei Monate. Da kann man sich vorstellen, dass extrem kleine Jungtiere zur Welt kommen, die gerade mal so groß sind wie ein Meerschweinchen und deren Entwicklungsstatus auch noch nicht so weit fortgeschritten ist, was sie dann so anfällig macht. Der Eisbär hat einen harten Lebensrhythmus. Die Winter sind kalt, die Tiere ernähren sich fast nur im Sommer. Das wirkt sich auf die Fortpflanzung aus.
Warum trennt man die Babys jetzt nicht von der Mama und zieht sie mit der Flasche auf – so wie damals bei Knut in Berlin?
Eine Handaufzucht ist im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm, zu dem wir gehören, nicht mehr vorgesehen. Das ist auch gut so: Eisbären werden bei einer Handaufzucht sehr stark auf den Menschen geprägt, um nicht zu sagen: verprägt. Das möchte man nicht. Aber dadurch muss man in Kauf nehmen, dass man nicht so ganz viele Tiere durchbekommt.
Sie eignen sich dadurch als Reserve für die Natur?
Unsere Tiere sind natürlich eine Reserve, auch wenn es aktuell keine Auswilderungen gibt. Wir haben heute noch etwa 25 000 Tiere in der Natur, aber die Bestände sind sehr stark abnehmend und stark fragmentiert. Somit ist auch die Fortpflanzung teilweise nur noch in kleinen, voneinander getrennten Gruppen möglich. Es kann in einigen Jahrzehnten notwendig sein, zur Bestandsstützung Tiere aus menschlicher Obhut in die Natur zu bringen.
Haben die beiden Babys eigentlich schon Namen?
Nein. Selbst wenn bei den Jungtieren die Geschlechter schon wüssten, hätten wir ihnen noch keine Namen gegeben. Wir haben nur eine geringe Chance bei den Tieren und wollen deshalb die entstehende Euphorie nicht weiter befeuern.