Koalitionsvertrag von Union und SPD

Das ändert sich beim Bürgergeld wirklich

Die Union hat im Wahlkampf versprochen, das Bürgergeld abzuschaffen. Der Name dürfte bald der Vergangenheit angehören. Es soll härtere Sanktionen geben. Und sonst?

Über das Bürgergeld gab es heftigen Streit im Wahlkampf. Jetzt wird es eine Reform geben..

© dpa/Carsten Koall

Über das Bürgergeld gab es heftigen Streit im Wahlkampf. Jetzt wird es eine Reform geben..

Von Tobias Peter

Wir werden das Bürgergeld abschaffen – Dieser Satz war ein Soundtrack des CDU-Wahlkampfes. Je näher der Wahltermin rückte, umso häufiger wurde die präzisere Wendung vom „Bürgergeld in seiner jetzigen Form“ genutzt, das abgeschafft werden solle. Jetzt gibt es einen Koalitionsvertrag, auf den sich die Spitzen von Union und SPD verständigt haben. Was ändert sich also tatsächlich?

„Das bisherige Bürgergeldsystem gestalten wir zu einer neuen Grundsicherung für Arbeitssuchende um“, heißt es im Koalitionsvertrag. Der Name Bürgergeld dürfte bald der Vergangenheit angehören. Das ist wichtig für die CDU, die eine Abschaffung versprochen hat. Es wird aber auch vielen in der SPD recht sein, die den Namen für verbrannt halten.

Die Unterstützungsleistung des Staates gibt es auch künftig – auch wenn Sanktionen für diejenigen, die ihre Mitwirkungspflichten verletzen, verschärft werden. Als Hartz IV zum Bürgergeld wurde, haben sich einige Regeln geändert. So wird es diesmal auch sein. Dabei wird die neue Grundsicherung Hartz IV wieder ähnlicher sein.

Die Sache mit dem Vermittlungsvorrang

Als das Bürgergeld eingeführt wurde, schaffte die Ampel den so genannten Vermittlungsvorrang ab. Statt zuallererst in einen Job zu vermitteln, sollte auch eine Qualifizierung möglich sein. Damit wollte der Gesetzgeber einen Drehtüreffekt verhindern: also, dass Menschen schon kurz, nachdem sie einen neuen Job angetreten haben, wieder arbeitslos sind. Der Vermittlungsvorrang wird nun wieder eingeführt – zum Teil. Dort, wo es geht, sollen Menschen möglichst schnell in Arbeit kommen. Bei denen, die Vermittlungshemmnisse haben, soll Qualifizierung wichtiger sein.

„Sanktionen müssen schneller, einfacher und unbürokratischer durchgesetzt werden können“, heißt es im Koalitionsvertrag. Dabei dürfte es nicht zuletzt auf das hinauslaufen, was die Ampelkoalition bereits geplant hatte, bevor sie zerbrochen ist: Statt nur 10 werden die Sanktionen voraussichtlich rascher wieder 30 Prozent des Regelsatzes betragen.

Zum Thema der Streichung des vollständigen Regelsatzes enthält der Koalitionsvertrag zwei Sätze, die nur bedingt zusammenzubringen sein werden. Erstens: „Bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, wird ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen.“ Und zweitens: „Für die Verschärfung von Sanktionen werden wir die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts beachten.“

Möglich ist die komplette Streichung des Regelsatzes bei Totalverweigerern für zwei Monate schon heute. In der Realität kommt das aber praktisch kaum vor. Die Personengruppe ist klein, die rechtlichen Grenzen sind eng.

Viel Geld wird der Staat durch härtere Sanktionen nicht einsparen. Die eigentliche Frage ist, ob es gelingt, viele Menschen aus der Grundsicherung in Arbeit zu bringen. Das hängt stark von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Nicht jeder, der in Arbeit vermittelt wird, braucht keine Grundsicherung mehr. Wer Kinder hat, muss im Niedriglohnbereich oft aufstocken, braucht also zusätzliches Geld vom Staat, damit es zum Leben reicht.

Die Berechnung des Regelsatzes

Eine Rückkehr zu den Regeln von Hartz IV gibt es bei der Art, wie der Regelsatz berechnet wird. Damals wurde die Inflation zwar ausgeglichen, aber immer erst im Nachhinein. Als durch die Pandemie und den Krieg in der Ukraine die Preise stiegen, brachte dies die Menschen in Schwierigkeiten. Das wurde durch einen Mechanismus korrigiert, mit dem auf aktuellere Inflationsdaten reagiert wurde. Er war aber nicht treffsicher und führte zu einem zu hohen Regelsatz.

Der Deutsche Kinderschutzbund sieht auch künftig Probleme – zulasten der Familien. „Wir brauchen beim Bürgergeld ein völlig neues Verfahren zur Berechnung der Regelsätze“, sagte die Präsidentin des Kinderschutzbundes, Sabine Andresen, unserer Redaktion. „Insbesondere die Regelsätze für Kinder und Jugendliche sind künstlich kleingerechnet.“ Außerdem forderte sie: „Haushalte, in denen Kinder und Jugendliche leben, müssen von Sanktionen ausgenommen sein.“ Kein Kind könne etwas dafür, wenn seine Eltern Termine im Jobcenter versäumten.

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Erstellt:
11. April 2025, 16:56 Uhr
Aktualisiert:
14. April 2025, 16:02 Uhr

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