Neue Müllkörbe für Rom
Das Buffet für die Möwen ist eröffnet
Roms Bürgermeister hat neue Müllkörbe eingeweiht. Die größten Fans des neuen Modells: die römischen Möwen.
Von Almut Siefert
Nicht nur der Bürgermeister von Rom ist begeistert von den neuen Müllkörben. Auch die Möwen sind es. Was zu einer gewissen Skepsis führt, was die Verschönerung des Stadtbildes angeht. Schon wenige Tage nach der Einweihung des neuen Korbes wird Kritik laut.
Ende Juni hatte Bürgermeister Roberto Gualtieri den Römerinnen und Römern über die sozialen Netzwerke die neuen Müllbehälter vorgeführt. In dem Video demonstriert der 58-Jährige, gekleidet in Anzug und Krawatte, wie man ein zerknülltes Taschentuch darin entsorgt: mit einem dynamischen Wurf direkt in die Öffnung zwischen dem Dach des Behälters und dem darunter liegenden Korb. Stolz lächelt Gualtieri nach dem Erfolg in die Kamera: „Io ci stò – e tu?“ fragt er die Zuschauer.
18 000 neue Mülleimer für die Stadt
Kurze Erklärung des Wortspiels: Cestino ist das italienische Wort für Müllkorb, cesto die Kurzform. Ci sto heißt: Ich bin da. Die Kampagne „Cestò“, wie die neuen Behälter von der Stadtverwaltung getauft wurden, soll aus den Körben echte Römer machen: Sowohl vom Dialekt her als auch vom Verantwortungsbewusstsein: Ich bin dabei, um diese Stadt sauber zu halten. Und du?
18 000 dieser „Cestò“ sollen bis Ende des Jahres in Rom verteilt sein und die bisher 6 000 Müllkörbe ersetzen und ergänzen. Der Anlass: das Heilige Jahr, das der Vatikan Ende Dezember einläuten wird und das wohl noch mehr Touristen in die italienische Hauptstadt locken dürfte als ohnehin. Viele Pilger bedeuten viel Müll. Von dem hat Rom aber eigentlich schon viel zu viel.
Stadtmöbel aus einem hochdichten Polyethylen
Das Design des „Cestò“ orientiert sich am Modell, das im Jahr 2000 ebenfalls aus Anlass eines Heiligen Jahres aufgestellt wurde. Doch auch wenn sie optisch für den Rom-Neuling wohl kaum zu unterscheiden sind, stecken einige Neuerungen im „Cestò“. Statt aus Gusseisen sind die grauen, an Tempelsäulen erinnernden Körbe aus Kunststoff. Der „Cestò“ sei „ein Stadtmöbel aus einem hochdichten Polyethylen, das ihn leicht und wiederverwertbar macht“, heißt es auf der Internetseite der Stadt. Die Materialänderung hat aber auch einen sicherheitsrelevanten Hintergrund: Käme es zu einem Anschlag mit Sprengstoff, zersplitterte „Cestò“ nicht in tausende herumfliegende Teile, wie es sein Vorgänger tun würde. Ein weiterer Sicherheitsaspekt: Man muss den Inhalt von außen sehen können.
Und das ruft die Möwen auf den Plan. Durch die vertikalen Spalten picken sie die Müllsäcke auf und durchforsten den Inhalt nach Essbarem – wobei sie den Rest einfach großzügig auf den Gehwegen und Straßen verteilen. „Wir fordern, dass diesbezüglich geeignete Maßnahmen ergriffen werden“, schreibt Stefano Marin, der Umweltbeauftragte des Municipio I, des Stadtbezirks, der fast die gesamte Innenstadt umfasst, in einem offenen Brief an die Verwaltung. Seine Vorschläge: Man könne die Spalten schmaler gestalten, oder ein inneres Netz anbringen, was die Vögel daran hindern würde, bis zum Müllsack vorzudringen. Auch schreibt er: „Es wird gebeten, einen geeigneten Behälter für die Entsorgung von Zigarettenstummeln vorzusehen.“ Denn einen Aschenbecher hat der „Cestò“ anders als das Vorgängermodell nicht.
Weihnachten wird das Heilige Jahr offiziell eingeläutet
Eine Änderung in letzter Minute ist allerdings eher unwahrscheinlich, das Heilige Jahr rückt näher: Papst Franziskus will es an Weihnachten mit der Öffnung der Heiligen Pforte des Petersdoms offiziell einläuten. Dann soll alles für die Hunderttausenden Pilger vorbereitet sein. Das jetzige Müllkorb-Modell ist nach langwierigen Ausschreibungen, wie sie bei öffentlichen Vergaben vorgeschrieben sind, entstanden, als Teil einer 35-Millionen-Euro-Investition. Eine Anpassung würde erneut die Bürokratie-Krake in Gang setzen.
Diskussionen um Müll und Müllkörbe sind in Rom nichts Neues. 2020 hatte die damalige Bürgermeisterin Virginia Raggi 600 neue Metall-Modelle in der Stadt aufstellen lassen, die optisch an antike Amphoren erinnern sollten. Kosten: Eine Million Euro. Sie sind heute weitgehend wieder abgebaut. Denn auch damals ließ die Kritik nicht lange auf sich warten. „Sehen mehr aus wie Urnen“, war die Meinung, die sich über die sozialen Netzwerke verbreitete. Das Bestattungsunternehmen Taffo, das gerne mal mit schwarzem Humor für seine Dienstleistungen wirbt, nutzte die Debatte für sich: „Wir mögen sie. Sie sind einfach unser Stil.“