Friedrich Merz
Das ist der 27-Punkte-Plan
Ausreisearrest, Pushback und Vorratsdatenspeicherung: Die weitergehenden Pläne von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz haben es in sich, wären nur mit neuen Mehrheiten umsetzbar und sind verfassungsrechtlich grenzwertig.
Von Michael Maier
Neben dem am Mittwoch mit AfD-Unterstützung verabschiedeten „5-Punkte-Plan“ haben Friedrich Merz und die CDU/CSU-Fraktion auch einen umfangreichen „27-Punkte-Plan“ für die innere Sicherheit und Migrationspolitik in petto, der zunächst allerdings keine Mehrheit im Bundestag gefunden hat.
190 Ja-Stimmen standen dabei 509 Nein-Stimmen und drei Enthaltungen gegenüber. Ziel des Plans ist es , die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern, irreguläre Migration zu verhindern und Kriminalität zu bekämpfen. Die Reaktion in aktuellen Umfragen wie dem ZDF-Politbarometer ist noch unklar.
27 Punkte gegen die Ampel
Laut Merz und seinen Parteifreunden soll die Ampelregierung in den vergangenen Jahren die Sicherheitslage noch stärker vernachlässigt haben als unter Angela Merkel, was sich durch einen Anstieg von Verbrechen, Messerangriffen und extremistischer Gewalt zeige.
Der 27-Punkte-Plan soll diese Entwicklungen nun stoppen, indem staatliche Organe gestärkt und neue Regeln eingeführt werden. Welche Maßnahmen waren in der abgelehnten Bundestagsvorlage vorgesehen?
27-Punkte-Plan von Friedrich Merz
- 1. „Datenschutz darf nicht Täterschutz sein“: Einführung einer Mindestspeicherfrist für IP-Adressen zur Verbrechensaufklärung.
- 2. Verbesserter Datenaustausch: Effektiverer Informationsfluss zwischen den Sicherheitsbehörden durch eine gemeinsame Rechercheplattform.
- 3. Ausweitung technischer Befugnisse: Ausbau der elektronischen Gesichtserkennung und Einführung neuer Analyse-Tools für polizeiliche Daten.
- 4. „Ganzheitliches Bedrohungsmanagement“: Sicherheitsbehörden sollen eng mit Psychiatrien zusammenarbeiten, um gewalttätige Gefährder frühzeitig zu erkennen.
- 5. Stärkung der Nachrichtendienste: Bessere Ausstattung und Befugnisse für deutsche Nachrichtendienste zur Terror- und Extremismusbekämpfung.
- 6. Härtere Strafen für Angriffe auf Polizisten und Rettungskräfte: Strafverschärfungen für Übergriffe auf staatliche Vollstreckungsbeamte.
- 7. „Überwachungsgesamtrechnung“ mit Fokus auf eine „Bedrohungsgesamtrechnung“, um Gefährdungen besser zu analysieren.
- 8. Stärkung der Sicherheitsbehörden: Mehr Personal und bessere Ausstattung für Polizei und Justiz.
- 9. Schutz für besonders Schutzbedürftige: Verbesserter Opferschutz für Frauen, Kinder, ältere Menschen und andere gefährdete Gruppen.
- 10. Strafverschärfung: Anhebung der Mindeststrafe für gefährliche Körperverletzung, insbesondere durch Waffen und Messer.
- 11. Waffenrecht: Fokus auf Kriminelle, anstatt „zusätzliche Belastungen für legale Waffenbesitzer“.
- 12. Verschärfung der Ausweisungsregeln: Straffällige Ausländer sollen schneller abgeschoben werden.
- 13. Einführung von „Ausreisearrest“: Ausreisepflichtige, die nicht freiwillig gehen, sollen unbefristet festgehalten werden können.
- 14.Mehr Schutz an den EU-Außengrenzen: Stärkung und Ausweitung der Kompetenzen von Frontex.
- 15. Zurückweisungen an den deutschen Grenzen: Verstärkung der Grenzkontrollen mitsamt „Pushback“.
- 16. Zweckbestimmung im Aufenthaltsgesetz: Wiedereinführung des 2023 gestrichenen Zielbegriffs „Begrenzung“ im Hinblick auf Migration.
- 17. Schaffung von „Bundesausreisezentren“: Schaffung von Einrichtungen zur schnelleren Rückführung ausreisepflichtiger Personen.
- 18. Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien: Systematische Rückführungen in diese Länder, insbesondere für Straftäter und Gefährder.
- 19. Beendigung des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte: Abschaffung dieser Regelung sowie freiwilliger Aufnahmeprogramme.
- 20. Absenkung der Sozialleistungen: Verringerung der Sozialleistungen für Ausreisepflichtige und Harmonisierung der EU-Standards.
- 21. Einschränkung des Bleiberechts: Rückgängigmachung von Bleiberechten für ausreisepflichtige Personen, einschließlich „Chancenaufenthaltsrecht“.
- 22. Beendigung freiwilliger Aufnahmeprogramme: Einstellung der Bundesaufnahmeprogramme, etwa für Afghanistan.
- 23. Weitere sichere Herkunftsstaaten: Einstufung weiterer Länder als sichere Herkunftsstaaten zur Beschleunigung von Asylverfahren.
- 24. Einführung einer Drittstaatenlösung: Asylverfahren sollen außerhalb Deutschlands und der EU stattfinden können.
- 25. Abwehr hybrider Kriegsführung: Maßnahmen gegen die mutmaßlich von Russland und Belarus gesteuerte Migration über die Ostgrenzen der EU.
- 26. Verlust der Staatsangehörigkeit bei schweren Straftaten: Eingebürgerte Doppelstaatler sollen bei Extremismus“ oder terroristischen Handlungen die deutsche Staatsangehörigkeit wieder verlieren können.
- 27. Reform des Staatsangehörigkeitsrechts: Rückkehr zum Grundsatz „Erst Integration, dann deutscher Pass“ und Abschaffung der Möglichkeit zur schnellen Einbürgerung nach drei Jahren.
Diese Maßnahmen sollen laut Merz für mehr Sicherheit und eine striktere Steuerung der Migration in Deutschland sorgen. Der FDP gehen unter anderem die Regeln zur Vorratsdatenspeicherung zu weit.
Werden die 27 Punkte zum Gesetz?
Kritiker bemängeln, dass einige Maßnahmen wie die Einschränkung des Datenschutzes oder die Inhaftierung von Migranten Grundrechte und gesellschaftliche Werte gefährden könnten. Dennoch ist es möglich, dass die CDU/CSU das Konzept nach der Bundestagswahl in gleicher oder modifizierter Form noch einmal ins Parlament einbringt.
Formal gesehen handelt es sich aber eher um eine Art Absichtserklärung, die in Berlin noch in konkrete Gesetze umgegossen werden müsste. Viele Juristen glauben indes, dass nicht unbedingt alles verfassungskonform umsetzbar wäre.