Ist Kamala Harris eine Hillary 2.0?

Das macht Kamala Harris anders

Nachdem Hillary Clinton mit ihrer Kampagne 2016 scheiterte, versucht sich mit Kamala Harris nun erneut eine Frau daran, die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten zu werden. Ihre Strategie ist aber eine andere.

Kamala Harris bei einer Wahlveranstaltung in Eerie im US-Bundesstaat Pennsylvania.

© AFP/Michael M. Santiago

Kamala Harris bei einer Wahlveranstaltung in Eerie im US-Bundesstaat Pennsylvania.

Von Jessica Müller

Sie wollte 2016 die erste Präsidentin der Vereinigten Staaten werden – und damit die mächtigste Frau der Welt. Doch obwohl Hillary Clinton tatsächlich die Mehrheit der amerikanischen Wähler von sich überzeugen konnte, blieb ihr dieser Triumph letztendlich aufgrund des amerikanischen Wahlsystems verwehrt. Acht Jahre später versucht mit Kamala Harris erneut eine Frau an die politische Spitze zu kommen. Was hat die amtierende Vizepräsidentin aus den Fehlern der Clinton-Wahlkampagne gelernt?

Abtreibung, Waffenbesitz, Migration, Rassismus und Polizeigewalt waren bereits 2016 die tonangebenden Themen im politischen Diskurs. Clintons „I’m with her“-Kampagne setzte dabei, wie zuvor Barack Obama und später Joe Biden, stark auf Identitätspolitik. Frauen, Schwarze und illegale Einwanderer standen im Fokus der Debatten. Sie alle sollten Clinton wählen, denn sie sei das Gegenteil von Trump, so ihre Nachricht an die Wähler. Wer sich nämlich auf dessen Seite stelle gehöre in einen Sack von Kläglichen („Basket of Deplorables“), die zur Hälfte rassistisch, sexistisch, homophob, fremdenfeindlich und islamfeindlich seien.

Keine „Frauen-Themen“

Genau das macht Harris nun anders. Sie bezieht teilweise Positionen, die früher typischerweise eher von Republikanern vertreten wurden. Sie will nicht betonen, dass sie eine Frau ist. Sie spricht nicht wie Clinton davon, die „gläserne Decke“ der Benachteiligung von Frauen durchbrechen zu wollen. Abtreibung ist für Harris kein „Frauen-Thema“, es gehe um die Freiheit der amerikanischen Bürger, betont sie. „Die Regierung soll sich da nicht einmischen“, sagt sie immer wieder.

Ihr Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz spricht bei seinen Wahlkampfveranstaltungen aus eigener Erfahrung über das rechtlich damit zusammenhängende Thema künstliche Befruchtung. Dies sei kein Thema, das nur Frauen betreffe, sondern die gesamte Familie – und damit eben alle.

Kamala Harris besitzt eine Waffe

Auch beim Thema Waffenbesitz versucht Harris, die hier bisher eigentlich eher restriktive Positionen vertrat, auf Republikaner zuzugehen. Sie selbst sei im Besitz einer Glock-Pistole, erzählt sie ganz offen. In einem Interview mit Oprah Mitte September sagte Harris zudem: „Wenn jemand in mein Haus einbricht, wird er erschossen.“

Hatten die Republikaner gehofft, 2024 mit einem ruhigeren und ausgeglicheneren Kandidaten Trump ins Rennen gehen zu können, wurden diese Hoffnungen gänzlich zerschlagen. Trump setzt, wie bereits 2016 und 2020, alles auf Identitätspolitik, verspricht in erster Linie Männern die Rückkehr an die Spitze der Gesellschaft und den damit verbundenen Respekt, der ihnen vermeintlich gebührt.

Kinderlose Katzenfrauen

Auch vor frauenfeindlichen Attacken auf Harris schrecken die Republikaner nicht zurück. Trumps Vizekandidat J.D. Vance bezeichnete die Mutter zweier Stiefkinder bereits 2021 als eine der „kinderlosen Katzenfrauen, die mit ihrem eigenen Leben unzufrieden sind“. Trump verteidigte trotz aller öffentlichen Empörung diese Aussage. Kinderlose Katzenfrauen hätten die traditionellen amerikanischen Werte zerstört.

Harris ließ sich davon nicht beeindrucken. In einem Podcast fügte sie nach weiteren Angriffen in diesem Zusammenhang kürzlich hinzu, dass Familie nicht nur genetisch bestimmt sei, sondern auch darüber, dass man sich liebt. „Ich habe beides.“ Aussagen wie jene von Trump und Vance seien gemein und bösartig. Von dieser Art des Wahlkampfs distanziere sie sich. „Ich denke, die meisten Amerikaner wollen Führungsfiguren, die verstehen, dass ihre Stärke nicht daher rührt andere fertigzumachen“, sagte die Vizepräsidentin. „Der wahre Maßstab für Führungsstärke ist die Frage, wen man bestärkt.“

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Erstellt:
20. Oktober 2024, 11:37 Uhr
Aktualisiert:
20. Oktober 2024, 15:34 Uhr

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