Das Problem der verspielten Führungen
Viermal in Folge hat dem VfB Stuttgart zuletzt ein 1:0 in der Liga nicht zum Sieg gereicht. Die Ursachen sind vielfältig.

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Jamie Leweling erzielt in Kiel die Führung – zum Sieg reicht es nicht.
Von David Scheu
Stuttgart - Das erste Tor? Hat ohne Wenn und Aber eine hohe Relevanz, verändert die Dynamik eines Fußballspiels und verschiebt die Kräfteverhältnisse. Der VfB Stuttgart hat sich diesen Vorteil zuletzt regelmäßig verschafft, Woche für Woche: In jedem der vergangenen vier Bundesliga-Spiele ging die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß mit 1:0 in Führung – gewinnen aber konnte sie kein einziges davon. Auswärts bei Holstein Kiel (2:2) und der TSG Hoffenheim (1:1) gab es am Ende ein Remis, vor heimischem Publikum gegen den FC Bayern (1:3) und den VfL Wolfsburg (1:2) standen letztlich Niederlagen zu Buche. Und damit in Summe zwei von zwölf möglichen Punkten.
Nun muss man an dieser Stelle natürlich erwähnen, dass gegen die Münchner mit ihrer hohen Qualität schon viele Teams Führungen nicht ins Ziel gebracht haben. In die anderen drei Duelle aber war der VfB nicht als Außenseiter gegangen – sondern durchaus mit dem Anspruch eines Sieges, erst recht mit der Führung im Rücken. Diese aber gibt den Stuttgartern derzeit keine Sicherheit, ganz im Gegensatz zur Vorsaison: Im Jahr der Vizemeisterschaft verpasste man nach einer 1:0-Führung insgesamt nur fünfmal einen Sieg – zweimal davon gegen den ungeschlagenen Meister Bayer Leverkusen in dessen Fabelsaison.
Auch der Trainer hat das Thema als Manko identifiziert. „Grundsätzlich“, sagt Sebastian Hoeneß, „ist es schon ein Teil des Problems, wenn du Führungen wieder abgibst. Das ist sicher nicht gut.“ Auch hier müsse man aber differenzieren und die Spiele einzeln betrachten. Tatsächlich schrieb jedes Spiel seine eigene Geschichte: Gegen die Wolfsburger verfielen die Stuttgarter nach dem 1:0 durch Nick Woltemade in Passivität, gegen die Hoffenheimer verhinderte ein fahrlässiger Chancenwucher weitere Tore, gegen die Bayern brachten grobe defensive Patzer den VfB mit auf die Verliererstraße, in Kiel konnte man ein unruhiges Spiel auch mit dem Tor von Jamie Leweling nicht beruhigen. Mögen Ursachen und Akteure auch variieren, verbindet die Partien damit aber doch ein Nenner: Es fehlt an Konstanz im eigenen Spiel über die vollen 90 Minuten.
Die Lösungsansätze umfassen daher Offensive und Defensive gleichermaßen. „Fakt ist, dass wir die Führung härter verteidigen müssen“, sagt Hoeneß mit Blick auf Partien wie jene in Kiel. In anderen Spielen wie gegen die Hoffenheimer oder die Bayern sei es dagegen eher so gewesen, „dass das Verteidigen des Ergebnisses auch über ein zweites Tor möglich gewesen wäre, indem wir einfach mehr Effizienz und Kaltschnäuzigkeit zeigen“.
Die nächste Chance hierfür kommt am Sonntag (19.30 Uhr), wenn Bayer Leverkusen beim VfB gastiert – ein trotz des Fehlens von Florian Wirtz spielstarker Kontrahent, gegen den eine erneute 1:0-Führung wichtig wäre. Aber auch Konstanz und Stabilität danach.