Pflegeversicherung

Das sind die Finanzierungsprobleme der Kassen

Die Pflegeversicherung steckt in finanziellen Schwierigkeiten – und auch die anderen Sozialkassen haben zu kämpfen. Wie groß die Probleme sind und was das für die Beiträge bedeutet: der Überblick.

Durch den demografischen Wandel stehen die Sozialversicherungen vor immer größeren Schwierigkeiten.

© dpa/Jens Büttner

Durch den demografischen Wandel stehen die Sozialversicherungen vor immer größeren Schwierigkeiten.

Von Tobias Peter und Rebekka Wiese

Alle zahlen ein, damit jeder mal aufgefangen wird: Das ist die Grundidee der großen Sozialversicherungen. Lange hat das funktioniert – doch der demografische Wandel stellt das System vor neue Herausforderungen. Wie groß die Probleme bei Pflege-, Kranken- und Rentenversicherung wirklich sind und welche Lösungen diskutiert werden: ein Überblick.

Pflegeversicherung

Dass die Beiträge für die Pflegeversicherung im kommenden Jahr steigen, war bekannt. Doch nun könnte die Erhöhung noch stärker ausfallen als erwartet. Das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) berichtete am Montag, dass die Pflegeversicherung spätestens im Februar zahlungsunfähig sein werde, wenn die Ampelkoalition nichts unternehme. Gleichzeitig sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums in Berlin: „Die Pflegeversicherung ist nicht pleite. Dafür wird der Gesetzgeber sorgen.“ Das widerspricht dem Bericht letztlich nicht. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte am Montag jedenfalls auch an, „in Kürze“ ein Konzept vorzulegen, um die Pflegeversicherung zu stabilisieren – kurz- und langfristig. Noch ist nicht klar, woher das Geld dafür kommen soll und wie sehr das die Beitragszahler betreffen wird. Die Zahlen, die zur Lage bekannt sind, lassen allerdings nichts Gutes ahnen. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen gab schon vor Längerem bekannt, dass die Pflegekassen im laufenden Jahr auf ein Defizit von 1,5 Milliarden kommen dürften, 2025 dann sogar auf eines von 3,4 Milliarden. Um das auszugleichen, müssten die Beiträge um 0,2 Punkte zum nächsten Jahr angehoben werden. Laut RND-Bericht rechnet man in der Regierung mit noch mehr: mit 0,25 bis 0,3 Punkten.

Krankenversicherung

Schwierig ist die finanzielle Lage auch bei der Krankenversicherung – und das bedeutet auch hier, dass die Beiträge wohl steigen werden. Der Spitzenverband der Kassen rechnet mit 0,6 Prozentpunkten, der RND berichtet sogar von 0,7. Eine genaue Schätzung dazu wird es aber erst in den kommenden Wochen geben, wenn das entsprechende Gremium seine Prognose veröffentlicht. Doch schon jetzt ist klar: Auch die gesetzlichen Krankenversicherungen kommen derzeit auf ein Minus. Allein in der ersten Hälfte des laufenden Jahres waren es 2,2 Milliarden Euro. Das liegt vor allem an den Leistungsausgaben, die im ersten Halbjahr um 7,6 Prozent gestiegen sind. Dass gleichzeitig die Verwaltungskosten leicht zurückgingen, hilft da nur wenig. Um das Problem zu lösen, gibt es verschiedene Ansätze – wobei eine Erhöhung der Beiträge sich wohl nicht verhindern lässt. Um die zumindest abzufangen, ist auch in der Diskussion, die Beitragsbemessungsgrenze anzupassen. Sie legt fest, ab welchem Einkommen man nicht mehr dazu verpflichtet ist, in die Sozialversicherungen einzuzahlen. Davon profitieren vor allem Menschen, die sehr gut verdienen. Doch den Plan, die Grenze hochzusetzen, soll Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) derzeit blockieren.

Rentenversicherung

Noch steht die Rentenversicherung stabil da. Doch die Herausforderungen werden Stück für Stück größer, wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen. Das geplante Rentenpaket II der Ampel soll das Rentenniveau bis zum Jahr 2039 bei 48 Prozent sichern. Das Rentenniveau ist ein statistischer Wert, der das Verhältnis der Rente eines Durchschnittsverdieners nach 45 Beitragsjahren zum mittleren Lohn beschreibt. Das Verhältnis von Renten und Löhnen soll also stabil bleiben. Das wird den Anstieg der Rentenbeiträge, der auf mittlere Sicht ohnehin stark sein wird, noch einmal verstärken. Während der Beitrag aktuell noch stabil bleibt, wird er laut Regierungsprognose im Jahr 2028 steigen – bis er im Jahr 2035 bei 22,3 Prozent liegen könnte. Dabei ist bereits einberechnet, dass die Ampel über das Generationenkapital den Anstieg abmildern möchte. Dafür sollen mittels Krediten Aktien gekauft werden. Und die langfristigen Gewinne aus den Wertpapieren sollen in die Rente gehen. Falls die FDP das Rentenpaket II nicht im letzten Moment kippt.

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Erstellt:
7. Oktober 2024, 17:13 Uhr

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