Krise beim Autobau

Das Verbrenner-Verbot steht auf dem Prüfstand

Die EVP als größte Fraktion im EU-Parlament will, dass Neuwagen mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 in der EU zugelassen werden.

Europas Autobauer stecken in einer tiefen Krise. Die Politik in Brüssel will für die Unternehmen nun Entlastungen schaffen.

© dpa/Hendrik Schmidt

Europas Autobauer stecken in einer tiefen Krise. Die Politik in Brüssel will für die Unternehmen nun Entlastungen schaffen.

Von Knut Krohn

Europas Autobauer stecken in einer schweren Krise. Die Händler bleiben auf ihren Neuwagen sitzen, die Konkurrenz aus China scheint inzwischen übermächtig, das Hochlaufen der E-Mobilität läuft nicht wie erhofft, zudem drohen strenge Umweltauflagen aus Brüssel.

Die konservative Europäische Volkspartei (EVP), zu der auch CDU und CSU gehören, will der siechenden Branche nun zu Hilfe kommen. Am Mittwoch veröffentlichte sie in Brüssel ein entsprechendes Positionspapier. Die zentrale Forderung lautet: „Das für 2035 geplante Verbot von Verbrennungsmotoren muss zurückgenommen werden.“ Stattdessen sollen Autos mit Verbrenner-Motoren, die mit Biokraftstoffen und alternativen Treibstoffen betrieben werden, auch nach diesem Datum verkauft werden dürfen. Zudem fordert die EVP eine Unterstützung für Plug-in-Hybride.

Das Auto als Garant für Wohlstand in Europa

„Die Automobilindustrie ist ein unverzichtbarer Pfeiler für Beschäftigung, Innovation und Wohlstand in Europa“, begründete der EVP-Verkehrspolitiker Jens Gieseke (CDU) am Mittwoch in Brüssel den Vorstoß. Die Unternehmen stünden aber enorm unter Druck. In dieser Situation wollen die europäischen Konservativen zudem die drohende Strafzahlung in Milliardenhöhe für die Autobauer verhindern. Ihr Vorschlag ist, die CO2-Grenzwerte für 2025 auf 2027 zu verschieben und eine mildere Berechnung der Einhaltung der Vorschriften für Autohersteller zu prüfen.

Die EVP ist optimistisch, dass dies gelingt, denn ihr politischer Einfluss ist nach der Europawahl enorm. Sie ist nicht nur die größte Fraktion im Europaparlament, sondern stellt auch die Mehrheit der 27 Mitglieder der neuen Europäischen Kommission, darunter auch Präsidentin Ursula von der Leyen. „Sie können sich vorstellen, dass wir eine direkte Verbindung zur EU-Kommissionspräsidentin haben“, betonte Jens Gieseke. Die Aussichten auf eine Änderung stehen tatsächlich gut. Ursula von der Leyen hatte Mitte Juli einen entsprechenden Vorstoß in Aussicht gestellt. Um die EU-Klimaziele zu erreichen, sei ein technologieneutraler Ansatz erforderlich, bei dem synthetische Kraftstoffe eine Rolle spielten, hieß es in politischen Leitlinien der CDU-Politikerin.

Über Steinzeitrezepte und Zukunftstechnologien

Viele Grünen-Politiker sind angesichts der EVP-Forderungen entsetzt. „Ihre Ideen sind Steinzeitrezepte, die nicht ansatzweise den aktuellen Herausforderungen der Automobilbranche gerecht werden“, empört sich der grüne Europaparlamentarier Michael Bloss. „Während die Welt auf Elektromobilität und Innovation setzt, klammern sich die Konservativen an fossile Technologien und längst überholte Konzepte.“ Ähnlich argumentiert der SPD-Europaparlamentarier Matthias Ecke: „Es macht keinen Sinn in Europa ein Reservat für den Verbrenner auszurufen, während wir von der globalen Konkurrenz bei der echten Zukunftstechnologie abgehängt werden.“

Allerdings sehen auch die Grünen und die Sozialdemokraten die aktuellen Probleme der Autoindustrie und zeigen sich bei den Umweltauflagen verhandlungsbereit. So erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Dienstag am Rande von Gesprächen mit Mitgliedern der neuen EU-Kommission in Brüssel, dass die Ziele der Flottengrenzwerte erhalten bleiben sollten. Er bekräftigte aber seine Position, Strafzahlungen zu strecken und gegebenenfalls mit einer Übererfüllung der Quoten in den Folgejahren zu verrechnen. „Ich finde das in Ordnung, wenn man in dieser schwierigen Situation für die Automobilindustrie nicht noch zusätzlich eine Milliardensumme aus den Konzernen rausnimmt“, so der Grünen-Politiker. Diese sollte lieber dann investiert werden etwa in den Hochlauf der E-Mobilität.

BMW kritisiert die eigene Branche

Indirekte Kritik an der bisweilen verwirrenden Diskussion um die Umweltauflagen kommt auch aus der Autoindustrie selbst. So betonte BMW-Vorstandschef Oliver Zipse in diesen Tagen in einem Interview, dass sein Unternehmen die Klimavorgaben für Neuwagen im kommenden Jahr einhalten könne. „Wir kennen die Ziele für 2025 seit dem Jahr 2019. Entsprechend haben wir unsere Modellpolitik ausgerichtet und die Effizienz der Antriebsstränge weiter erhöht“, sagte Zipse mit einem kleinen Seitenhieb auf die Konkurrenz im eigenen Land. Auch der Stellantis-Konzern, zu dem etwa Fiat, Peugeot und Opel gehören, stellt sich gegen eine Aufweichung der EU-Regeln. Allerdings wird das geplante Verbrenner-Verbot ab dem Jahr 2035 auch von BMW-Chef Zips kritisch gesehen. Dadurch werde die die Forschung abgewürgt, die sich auf die Suche nach neuen, erfolgreichen Technologien gemacht habe, um Europas Klimaziele zu erreichen.

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Erstellt:
11. Dezember 2024, 16:34 Uhr

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